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Protestnote zum Zustand der L 278 öffentlich gemacht
Es ist ohne Zweifel ein Skandal und eine schier "unendliche Geschichte" - rund 30 Jahre alt. Der fehlende Ausbau der Landesstraße 278 auf einem knapp zwei Kilometer langen Teilstück zwischen Wissen und Morsbach. Stellung bezog jetzt auch das Forum Pro AK. Die "Wissener Erklärung" war bereits im Januar an den zuständigen Verkehrsminister Hendrick Hering geschickt worden. Die Antwort darauf kam im März und war laut Pro AK-Vorsitzendem Ulrich Schmalz alles andere als zufriedenstellend. Ursprünglich sollte diese Erklärung nicht öffentlich werden. Die aktuelle Diskussion aber zwinge dazu, meint der Ex-Bundestagsabgeordnete Schmalz im Gepräch mit dem AK-Kurier.
Von Helga Wienand
Wissen/Region. Der Skandal um die marode Landestraße 278 zwischen Wissen und Morsbach ist ja nicht neu. Mit der Tempobegrenzung auf 20 Km/h auf dem knapp zwei Kilometer langen Teilstück das in der letzten Woche umgesetzt wurde, und wo sich die zuständigen Behörden und Ministerien aus der Haftungsverantwortung stehlen, sorgt in der gesamten Region für erheblichen Ärger.
Zur öffentlichen Stellungnahme sah sich jetzt auch das Forum für Wirtschaft, Kultur und Politik, Pro AK, veranlasst. Pro AK-Vorsitzender Ulrich Schmalz hatte ursprünglich nicht vorgehabt, an die Öffentlichkeit zu gehen, sagte er jetzt dem AK-Kurier. Als Forum habe man die politische Neutralität immer im Auge gehabt und dies solle auch möglichst so bleiben.
Aber mit den neuesten Entwicklungen und der Antwort des Ministeriums aus Mainz ist Schmalz nicht einverstanden. Bereits im Januar 2010 hatte Pro AK den rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Hendrik Hering angeschrieben und mit der "Wissener Erklärung" den schnellen Ausbau des zwei Kilometer langen Teilstücks gefordert. Unterzeichnet hatten die Wissener Erklärung die großen Unternehmen im Bereich der VG Wissen, aber natürlich auch im Morsbacher Raum. Denn im sogenannten "Container-Valley" zwischen Friesenhagen und Wisserhof sitzen die größten Container- und Modulhausbauer (Säbu, Kleusberg, Alho) der Republik, sie haben hier ihre Stammsitze. Viele hundert Arbeitnehmer pendeln aus der Region zu diesen großen Firmen, es gibt es gut wie keine Ausweichstrecken. Die L 278 ist Lebensader für die gesamte Region, denn sie bindet die Autobahn in Richtung Köln und Ruhrgebiet an. Darauf macht die "Wissener Erklärung" ebenso aufmerksam, wie auf das Sicherheitsrisiko, das für die Verkehrsteilnehmer besteht. Die großen Spediteure, die täglich fahren müssen, allein um die Autozulieferer in Morsbach und dem oberbergischen Kreis (Just-in-Time) pünktlich zu beliefern, klagen seit langem nicht nur über die Schäden an den Autos, auch an der Ladung.
"Verkehrspolitisch in der Verantwortung ist das Land", sagt Schmalz. Für ihn ist es völlig unverständlich, dass die Planungen immer und immer wieder neu erfolgen, und es immer wieder neue Argumente gibt, die den Ausbau verhindern. Da werden Grundstücksangelegenheiten vorgeschoben, der Naturschutz hat sich in den vielen Jahrzehnten der Planung verändert. "Alle Antworten der letzten Jahrzehnte belegen doch nur, dass nicht mit Nachdruck an den Lösungen gearbeitet wurde", ist sich Schmalz sicher. An den 1,5 Millionen Euro, die für den Ausbau mal genannt wurden, könne es doch nicht liegen, meint Schmalz.
Als die Firma Kleusberg im Jahr 1972 nach Wissen und Wisserhof umzog, wurde bereits über den fehlenden Ausbau der Straße geredet, geplant und verhandelt. Der heutige Bundes-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle verkündete den Ausbau bis Wissen, sein Nachfolger Hans-Arthur Bauckhage kündigte den Baubeginn für 2007 an. Im letzten Jahr ließ der jetzige Verkehrsminister Hering mitteilen, der Ausbau komme im Jahr 2010. Aber statt Baubeginn stellt man Tempo-20-Schilder auf (der AK-Kurier berichtete).
Seit Jahrzehnten ist die L 278 Unfallschwerpunkt, nicht nur zwischen Wissen und Morsbach, auch zwischen Wissen und Gebhardshain. Auch hier ist den Verantwortlichen bislang nichts anderes eingefallen, als Warnschilder aufzustellen.
Der Regio-Bahnhof Wissen hat sich als Pendler-Bahnhof bestens entwickelt. Das zeigen die vollen Parkplätze. Aber die werden demnächst womöglich wegbleiben, da es ja weitaus bessere Straßen gibt und man aus dem Morsbacher Raum auch nach Au oder Schladern fahren kann, ohne dass das Auto kaputt geht. Wie belastend dieses Straßenstück für den Alltag ist, erfuhr der AK-Kurier auch von Betroffenen. Da sind die Rettungswagenfahrer im Einsatz, denen fliegt auf der maroden Piste nicht nur das Material im RTW um die Ohren. Lkw-Fahrer mit sensibler Ladung (zum Beispiel Glasscheiben) haben trotz Sicherungen Schäden. Dies betrifft auch die Lkw-fahrer, die fremd sind und zum ersten Mal die Region befahren und von der Rüttelpiste völlig überrascht werden. Sie steuern in die Mitte, um die Ladung zu schützen - dass es nicht noch mehr schwere Unfälle gibt, ist irgendwie ein Wunder.
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Wann steht hier ein Hinweisschild: Vorsicht! Streckenausbau - Langsam fahren!? Foto: Helga Wienand