neue arbeit: BG-Coaching fördert und fordert digital
Der gemeinnützige Verein „neue arbeit e.V.“ leistet auch 2021 wieder Hilfestellung für Bedarfsgemeinschaften: "Im vergangenen Jahr haben wir mehr als 130 Personen, darunter 60 Kinder, im Rahmen unserer Projektarbeit beraten und begleitet."
Altenkirchen. Das sagt Nadine Manz, die das Projekt BG-Coaching (Anm.: Bedarfsgemeinschaftscoaching) von ‚neue arbeit e.V.‘ an dem zu Jahresbeginn neu bezogenen Projekt-Standort in der Frankfurter Straße 3 in Altenkirchen leitet, nicht ohne Stolz beim Blick auf die gerade für Corona-Zeiten beeindruckenden Zahlen. Denn diese Zahlen besagen vor allem, dass sich hinter den dauerhaft 30 BG-Coaching-Plätzen für Alleinstehende, für Familien und/oder deren Angehörige mehr als viermal so viele direkt Betroffene und Betreute verbergen, deren Leben in Corona-Zeiten bzw. im Lockdown noch einen Tick schwieriger geworden ist.
Dabei ist diese Kundschaft aus den Jobcenter-Standorten Altenkirchen, Betzdorf und Wissen schon in normalen Zeiten eine besondere. Denn, so Manz: „Die Teilnehmenden stecken oft bereits seit langer Zeit im SGB-II-System, sie haben Ausgrenzung erlebt und sie verinnerlicht. Wir begegnen ihnen indes auf Augenhöhe, indem wir die Freiwilligkeit der Projektteilnahme von Beginn an thematisieren und sie als Kunden behandeln, denn ohne Freiwilligkeit sind Coaching und Veränderungen unmöglich. Dieses persönliche Coaching gehen wir mit dem Ziel an, alle Teilnehmenden, überwiegend Langzeit-Arbeitssuchende, aber auch Menschen mit Fluchthintergrund in ihren Kompetenzen zu fördern und sie zu ermutigen, Probleme selbstständig zu lösen“
Besagte Probleme - grob beschrieben mit sozialer Ausgrenzung, steigender Armutsgefährdung und wachsender Kinderarmut - waren schon ohne Corona eine besondere Herausforderung. Mit Corona-bedingten Einschränkungen sind diese Problemfelder aber noch diffuser und größer geworden. Manz: „Für unsere aufsuchende Arbeit für und mit den Menschen war vor allem die eingeschränkte Mobilität unserer Kunden ein Problem. Denn fehlende Führerscheine, ein löchriges ÖPNV-Netz oder eine schlechte digitale Ausstattung waren schon immer Hürden, die gesellschaftliche Teilhabe und eine Arbeitsaufnahme selbst in normalen Zeiten schwierig machten.“ Verschärft hat sich diese Situation nun durch die zeitweise gravierenden Kontakt-Beschränkungen seit fast einem Jahr.
Manz: „Die Einschränkungen und Kontakt-Beschränkungen sind uns noch aus dem Vorjahr hinlänglich bekannt. Trotzdem sind wir damals gut durch die die erste Phase der Projektarbeit, die Kennenlern- und Vertrauensbildungsphase, gekommen. Über regelmäßige, wöchentliche Telefonate und/oder persönliche Besuche haben wir uns damals ein Bild von der Situation der Teilnehmenden und aller Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft verschafft, sodass wir die Handlungsbedarfe transparent machen konnten und im direkten Kontakt untereinander abstimmen konnten. Das ist für die Beziehungsarbeit und Vertrauensbildung enorm wichtig.“
Was hat sich seitdem verändert? „Durch den Projektstart mitten in der Pandemie müssen wir zurzeit viel flexibler sein und vorgehen. Denn unsere neuen Kunden sind unsicher und haben Hemmungen, die wir ihnen in normalen Zeiten Woche für Woche im ständigen Wechsel zwischen aufsuchenden und telefonischen Kontakten der Coaches zu nehmen versuchen. Fallen - wie zurzeit - diese aufsuchenden Kontakte weg, bleibt uns nur der digitale Weg zur Kontaktpflege und zum Abbau der Hemmschwellen.“ Diese digitale Beziehungsarbeit über die vom Projektträger bereitgestellte Schulungsplattform naServ, die eine kontaktlose, aber trotzdem individuell abgestimmte Kontaktpflege oder Betreuung via Chat, Videokonferenz oder Mail möglich macht, ist für alle im Projekt neu. Manz: „Viele gehen jetzt dank der Nutzung und ihrer digitalen Arbeit überhaupt erst die ersten Schritte, um an der Digitalisierung der Gesellschaft teilzuhaben. Das ist nicht schlecht, auch wenn ein Coaching im persönlichen Kontakt einfacher ist und schneller zum Ziel führt.“
Wie wichtig die Digitalisierung ist, zeigt sich seit dem 1. März, nachdem die Inzidenzzahl im AK-Kreis rapide gestiegen ist und der Träger beschlossen hat, ganz auf persönliche Kontakte der Coaches Nadine Manz und Manuel Jakobsen-Urwald zu ihren Kunden zu verzichten und die Kontakte der Coaches untereinander durch Homeoffice-Angebote und eine wechselnde Besetzung am neuen Projekt-Standort zu minimieren. Manz: „Die Teilnehmenden durch die unsicheren Zeiten zu begleiten und ihnen die Angst vor dem Virus und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen zu nehmen, indem wir auch für die Familien im Homeschooling und oft isolierte Alleinstehende ein verlässlicher Ansprechpartner bleiben, hat für beide Seiten höchste Priorität. Deshalb ist es ein Segen, dass die technische Ausstattung heute eine Erreichbarkeit gewährleistet, mit der wir den Teilnehmenden, Kooperationspartnern und Förderern das Gefühl vermitteln können: Gemeinsam schaffen wir das!“
Das hört sich zuversichtlich und positiv an. Manz: „So ist es gemeint. Corona ist für alle eine Herausforderung, die wir meistern werden, wenn unsere Teilnehmenden in der Lage sind und das Selbstvertrauen haben, um sich selbst an Lösungsprozessen zu beteiligen, und wir es schaffen, mit viel Gespür und neuen Beratungsansätzen individuelle Problemlösungen für die vielen unterschiedlichen Lebensumstände und Lebensbereiche unserer Kunden anzubieten.“ Welches Fazit möchten Sie im Dezember 2021 ziehen? Jakobsen-Urwald: „Wir Coaches sind dankbar, wenn wir gemeinsam mit unseren Kunden durch diese Krise gekommen sind und die individuellen Ziele erreicht haben.“
Das Projekt „BG-Coaching“ wird gefördert durch den Europäischen Sozialfonds (ESF), durch das rheinland-pfälzische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie und durch das Jobcenter im Kreis Altenkirchen. Homepage: www.ak-neuearbeit.de (PM)
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