Vom AK-Land nach Berlin: Wochenend-Ausflug in Hauptstadt im Corona-Ausnahmemodus
Am ersten Mai-Wochenende wagte unsere Reporterin einen Kurz-Trip nach Berlin - trotz Corona und ausgearteten Protesten. Auf einem 22 Kilometer langen Streifzug sammelte sie spannende Eindrücke von einer Hauptstadt im Pandemie-Ausnahmezustand und friedlichen 1.-Mai-Demos.
Berlin. Berlin schläft noch am Samstagmorgen, als wir kurz nach 10 Uhr in der Bundeshauptstadt ankommen. Die Polizeipräsenz ist allerdings beeindruckend.
Überholt von zahlreichen Joggern schlendern wir erst einmal gemütlich entlang an den Ufern der Spree, bewundern den Blick auf das Bundeskanzleramt und den Reichstag. Auch das Protest-Zeltlager, das „Demokratie-Camp“ gegen Putins Regime („Putin is a Killer“) , welche angeblich die wahre Bedrohung für Europa sei, zieht kaum Interessierte an, während vor dem Brandenburger Tor einige wenige Transparente und Flaggen mit der Aufschrift „Deutschland wohin – zurück zu Jesus“ präsentieren. Den Demo-Auftakt macht an diesem Vormittag die DGB-Kundgebung am Brandenburger Tor, die wegen der Corona-Pandemie allerdings deutlich kleiner ausfällt als in früheren Jahren.
Weiter geht es entlang des „Stelenfeldes“, dem Denkmal das an die ermordeten Juden erinnern soll, Richtung Potsdamer Platz und vorbei am beeindruckenden Gropius-Bau und den Resten der Berliner Mauer, die große Löcher aufweist. Die Bemalung ist in den 90iger Jahren als „Souvenir“ herausgeklopft worden.
Fröhliche Fahrrad-Demo
Beeindruckend waren die „Traby-World“ mit einer Vielzahl der fantasievoll bemalten Kultfahrzeuge und der größte Fesselballon der Zeitung „Die Welt“ an der Wilhelmstraße. Am Checkpoint Charly sind wir plötzlich mittendrin in der Fahrradsternfahrt „Grunewald noch lahmer legen“, die laut Polizei störungsfrei verlief. Tausende von Fahrradfahrern definieren in Partystimmung und mit guter Laune ihre Aktion als „einen Ausflug zum Grunewald“. Sie wollen damit ein Zeichen setzen für die Umverteilung von Wohlstand und gegen die „Problem-Kietze“, die nach vier Indikatoren: Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug und Kinderarmut bewertet werden.
In vielen der Problem-Kieze gebe es wenige kulturelle Angebote oder auch wenige Einkaufsmöglichkeiten, da die generelle Kaufkraft im Bezirk gering sei. Auch die Verwahrlosung des öffentlichen Raums könne zu einem Unsicherheitsgefühl beitragen. Die Grenze zwischen Arm und Reich sei hier besonders deutlich, die Umverteilung einfach nur ungerecht, so einige Teilnehmer der Fahrrad-Demo, die aus Neukölln bis zum Grunewald radelten. Auf dem Weg zurück in die Innenstadt wurde für sie die Autobahn gesperrt. Sie kamen sternförmig aus allen Teilen Berlins und trafen sich abschließend an der Siegessäule.
Künstler fordern Perspektive ein
Wir gehen weiter Richtung Stadtmitte, vorbei am Deutschen Dom, über den Gendarmenmarkt zum Französischen Dom. Die berühmte Straße „Unter den Linden“ führt in Richtung des Fernsehturms. Vor der Marienkirche haben Demonstranten Campingzelte aufgebaut – auf dem Asphalt! Damit machen sie aufmerksam auf die Flüchtlingspolitik. Am Berliner Dom forderte ein großes Plakat auf: „Ärmel hoch – für die Corona-Schutzimpfung“.
Auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof sehen wir auf dem Pariser Platz noch einige Künstler, die am Ostbahnhof für die Wiederbelebung der Kultur- und Clubszene, durch die kreative Nutzung des Öffentlichen Raumes und für Corona-konformes, verantwortliches Handeln im Rahmen von Open-Air-Veranstaltungen, demonstrierten. Sie machten auf die Missstände aufmerksam und forderten, durch wissenschaftliche fundierte Kenntnisse solle Künstlern, die seit nun mehr als einem Jahr hingehalten werden, eine Perspektive gegeben werden, um ihrer Arbeit und Passion nachzugehen.
Mittlerweile demonstrierten vor dem Bundestag die Reichsbürger. Der Redner ist allerdings schlecht zu verstehen, da auf der Spree die Ausflugsdampfer mit einem Hupkonzert auf ihre prekäre Lage durch die Pandemie aufmerksam machen. Sie drehen etliche Runden vor der Wohnung der Bundeskanzlerin. Entlang des Flusses und auf der Brücke schauen viele Berliner und Touristen zu.
Fazit: Viel gesehen, viel erlebt – aber…
Eine schöne Verwendung in Friedenszeiten findet im Tiergarten das sowjetische Ehrenmal. Spatzen hatten das Panzerrohr als Nistplatz besetzt und Kinder sich die Geschütze vor dem Gebäude als Spielplatz ausgesucht.
Fazit nach rund 22 Kilometern Spaziergang durch die Bundeshauptstadt: Viel gesehen, viel erlebt. Allerdings bestand aufgrund der Pandemie keine Gelegenheit, die Eindrücke gemütlich bei einer Tasse Kaffee oder Tee im Restaurant oder der Außengastronomie auf uns wirken zu lassen, da leider alles komplett geschlossen war. (ma)
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