Altenkirchener Jugendzentrum: Kompa macht komplett in digital
Aus der Not eine Tugend machen: Das ist ein Motto, das sich viele in den vergangenen knapp 15 Monaten zu eigen gemacht haben. Sei es im wirtschaftlichen, im sozialen oder im privaten Bereich. Auch die Jugendarbeit hat Wege gesucht und Möglichkeiten gefunden, ihr so wichtiges Angebot trotz Corona-Pandemie, wenn auch in teils reduziertem Umfang, aufrecht zu erhalten.
Altenkirchen. „PS 4, 2 Personen bitte Abstand halten“, heißt es auf einem Schild an einem Sideboard. Gleich nebenan ist ein Kickertisch in Längsrichtung mit einer durchsichtigen Kunststoffscheibe getrennt und mit dem beidseitigem Verweis „Bitte nur eine Person“ beklebt. Überall in den Räumen wird auf die die Einhaltung der Mindestdistanz untereinander gepocht, während an einer Tür ein Spender mit Desinfektionsmittel in diesen Tagen so gut wie gar nicht benutzt wird.
Die Momentaufnahme aus dem Altenkirchener Jugendzentrum Kompa verrät: Es ist geschlossen. Besucher (in Normalzeiten zwischen 60 und 80 pro Tag) dürfen es aufgrund der Corona-Vorgaben nicht betreten. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass es jemals so viele Restriktionen gibt, die den Alltag bis ins Allerkleinste einschränken. Unvorstellbar!“, sagt Wiebke Herbeck, die den Treff in der Wilhelmstraße seit dem 1. Januar 2020 leitet und, rückblickend betrachtet, fast kaum eine Phase der Normalität erlebt hat.
Die Vorgaben konterkarierten die offene Kinder- und Jugendarbeit, „das selbstbestimmte Kommen und Gehen, das geprägt ist von Themen und Interessen, ist total zum Erliegen gekommen“, ergänzt sie, während sie schon mit Sorge auf die Pfingstferien blickt, in denen sie gerne wieder eine Betreuung alt bekannter Prägung anbieten möchte. Wäre da nicht das Maß, die Sieben-Tage-Inzidenz, die über Wohl und Wehe entscheidet. Liegt sie bei über 165, wird es keine Präsenzgruppen für maximal 25 Kinder geben. Derzeit gelte es, mit den Kooperationspartnern in dauerndem Kontakt zu stehen, „aber gleichzeitig möchten wir auch Alternativen in der Hinterhand haben“. Normal öffnen dürfe das Kompa ab einer Inzidenz von unter 50 an drei aufeinanderfolgenden Tagen.
Fit in digitaler Jugendarbeit
Um zumindest mit Abstrichen am „Markt“ zu bleiben, wurden in den zurückliegenden Monaten die Aktivitäten „so gut es geht“ ins weltweite Netz via Plattformen des Social-Media-Imperiums transferiert. „Wir alle sind inzwischen bestens bewandert in digitaler Jugendarbeit. Wir haben diese Herausforderung angenommen“, beschreibt Herbeck, auch stellvertretend für ihre Mitarbeiter, den Lernprozess, „wir haben uns zusätzlich über ,medien.rlp‘ fit gemacht.“
Es bereite allen viel Spaß, jeder habe seine Nische gefunden. Hin und wieder treten technische Probleme auf, „so ruckelt es ab und zu beispielsweise bei den Videoschaltungen, gibt es Rückkopplungen beim Ton“, weiß Herbeck, die nach den vielen Wochen der Online-Betreuung gleichfalls festgestellt hat: „Die Kids haben immens viel technisches Verständnis und viel Wissen in diesem Bereich.“ Derzeit gerne genommen werden Spielabende unter der Überschrift „Let’s play“, „Katjas Bude“ auf Instagram, in deren Mittelpunkt neue Musik steht, oder Hip-Hop-Videos, die gemeinsam mit der Street-&-Action-Abteilung der ASG Altenkirchen über Instagram zu sehen sind.
Kochen mit dem „Burger-Meister“
Zudem verweist Herbeck auf „Hybrid-Angebote“ wie zum Beispiel die „Nachbarschaft kocht mit dem ,Burger-Meister‘“, also mit Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt (Freitag, 28. Mai), für das die Kochtüte an einem Fenster des Kompa abgeholt werden muss, während die Zubereitung der Speisen via Datenautobahn über die Bühne geht. Darüber hinaus werden per „Kompa to go“ Anleitungen zum Mitnehmen für Bastel- oder Malarbeiten vor dem Eingang offeriert.
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Apropos ASG-Abteilung „Street & Action“: Der Bau des Skateparks auf der Glockenspitze steht nach Monaten des Wartens offenbar bevor. Zwar ist noch keine Schaufel Erdreich bewegt worden, soll mit einem Gewinnspiel der Name des Freiluftparcours ermittelt werden. Gutscheine von Skatedeluxe im Wert von 220 Euro sind ausgelobt. Vorschläge, wie die Berg- und Talbahn heißen soll, gehen bis Montag, 31. Mai, per Mail an: info@kompa-ak.de
Beratung und Unterstützung
Auch in Sachen Beratung und Unterstützung bietet die Einrichtung der evangelischen Kirchengemeinde Altenkirchen ein breit gefächertes Sortiment. Es beginnt beim „Homeschooling“ mit seinen vier verschiedenen Facetten, aus denen das Bedarfsangebot „Lernraum-Buchung“ heraussticht. Ein Schüler kann sich pro Tag für eine Stunde im Kompa einen Raum „mieten“, um Unterstützung zu erhalten. Das ist wochentags von 10 bis 15 und zweimal sogar bis 18 Uhr möglich.
„Jungen und Mädchen vom ersten bis zum siebten Schuljahr machen davon Gebrauch“, berichtet Herbeck und erläutert in einem Atemzug, dass nach jeder Nutzung des Raumes die obligatorischen Regeln wie Lüften und Desinfizieren greifen. Weiterhin können Hausaufgaben per Telefon oder Videocall besprochen, technische Probleme des Equipments geschildert und gegebenenfalls entzerrt werden, wird die Chance eingeräumt, persönliche Schwierigkeiten zu besprechen und vielleicht zu lösen, können sich Eltern telefonisch beraten lassen.
Per Videoblog wird für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBT*IQ) unter dem Titel „Sex & Soul“ ein sozialpädagogisches Format auf dem Kompa-eigenen Youtube-Kanal vorgehalten. Ein wenig ins Schmunzeln gerät Herbeck, wenn sie darstellt, wie auf die einzelnen Bausteine aufmerksam gemacht wird: logisch, zum einen digital, aber zum anderen auch analog „mit der Werbung im Mitteilungsblatt, das ja jeden Haushalt erreicht“.
Streetworking eminent wichtig
In dem Wissen, dass sich die Akzeptanz der Puzzleteile und die Teilnehmerzahlen in den zurückliegenden Wochen gesteigert haben, freut sich Herbeck auf den Moment, wenn die Normalität den gewohnten Präsenzbetrieb gewährleistet. Dann könne das eminent wichtige Streetworking endlich wieder aufgenommen werden, das derzeit komplett ruhe. Die Erfahrungen der vergangenen Wochen lässt sie zu einem derzeit noch vage in Erscheinung tretenden Sachverhalt kommen.
„Ganz werden wir auf digitale Angebote wohl nicht mehr verzichten“, lautet ihre Erkenntnis. Und hofft, dass nach der Wiedereröffnung all diejenigen erneut den Weg ins Kompa finden, die bei ihrem Amtsantritt bereits Dauergäste waren: „Vielleicht werden es sogar noch ein paar mehr, weil die Online-Angebote doch gut für uns und unsere Angebote geworben haben.“ Und einher mit der Rückkehr zu alt bekannter Struktur geht natürlich die Verbannung sämtlicher pandemisch bedingter Vorschriften! (vh)
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