Backhaus Hehl und Hachenburger Brauerei erfinden Bierretter-Brötchen
Normalerweise sind eine Bäckerei und eine Brauerei zweierlei Paar Schuhe, doch wenn innovative Köpfe zueinanderfinden, dann kann aus dieser Allianz durchaus etwas nicht Alltägliches entstehen. Wie kam die Idee zum Bierretter-Brötchen zustande? Wir haben nachgefragt.
Müschenbach. Die Pandemie macht auch um die Westerwälder Unternehmen keinen Bogen, so traf der Lockdown ganz speziell die Veranstaltungsbranche, die Hotellerie und die Gastronomie. Da in den letzten Monaten Betriebe aus diesen Branchen fast durchgehend geschlossen hatten, jedoch vorher noch Fassbier von der Hachenburger Brauerei geordert worden war, nahte die Frist des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD). Den Gastronomen wäre nichts anderes übriggeblieben, als das kostbare Nass zu vernichten, ohne dass sie einen Cent eingenommen hätten.
Das immer für neue Sachen aufgeschlossene Team um Brauerei-Chef Jens Geimer hatte natürlich die Problematik erkannt. Außer der finanziellen Not der Gastwirte und Hoteliers, schmerzte den Bierbrauer auch der Gedanke, dass ihr mit sehr viel Liebe und Braukunst hergestelltes Hopfenerzeugnis in einem Gully versickern sollte. Vor diesem Hintergrund entschlossen sich die „Macher“ der Brauerei, sämtliche Fassbiere, die nur noch eine kurze Haltbarkeit haben, von ihren Kunden aus der Gastronomie zurückzunehmen und zu 100 Prozent den Wert zu erstatten.
Doch wohin nun mit dem edlen Gerstensaft? Schnell war die Idee geboren, dass man das noch genießbare Bier anstatt Wasser zum Beimischen für Brot- und Brötchenteig verwenden könnte. Da bereits geschäftlicher Kontakt zum „Backhaus Hehl“ in Müschenbach bestand, kamen beide Geschäftsführungen schnell überein, das sogenannte „Bierretter-Brötchen“ zu kreieren. Durch eine besonders lange Vorteigführung mit 100 Prozent Hachenburger Pils, jedoch ohne Wasser, entwickeln sich im Rohling eine große Menge Aromen. Nach dem Backen verfügt das „Hachenburger Bierretter-Brötchen“ mit Hartweizengrieß über eine besonders knackige Kruste, und bleibt extrem lange frisch.
Besuch in „Hehl´s Brot-Zeit“
Um sich ein Bild von dem Stand der Dinge zu machen, besuchte der WW-Kurier die Filiale „Hehl´s Brot-Zeit“, direkt an der L 414 zwischen Hachenburg und Altenkirchen gelegen. Wie der Zufall es wollte, kam just in diesem Moment ofenfrisch ein Blech mit den „Bierretter-Brötchen“ aus dem professionellen Steinbackofen. Die Beschreibung passte haargenau auf diese Brötchen, eine satte braune Kruste, aufgehellt durch den aufgestreuten Hartweizengrieß, hier isst das Auge mit. Die kompakte Kruste sorgt für eine langanhaltende Knackigkeit und Frische. Der Geschmack ist leicht malzig und aromatisch, der Biergeschmack ist vollkommen verschwunden, übriggeblieben sind die vielen Aromen.
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Marco Müller: „Wir sind ausgesprochen zufrieden mit unserem neuen Produkt, es wird von der Kundschaft sehr gut angenommen.“ Im weiteren Verlauf des Gesprächs betonte Marco Müller, dass sehr darauf geachtet wird, den Filialen immer frischen Rohlingen zu liefern. „Darum befindet sich keine unserer Filialen mehr als 30 Kilometer von unserem Hauptsitz in Müschenbach entfernt. Die Filialen werden dreimal täglich mit frischem Rohlingen beliefert“, so Marco Müller weiter.
Besuch in der Hachenburger Brauerei
Ein Besuch in der Hachenburger Brauerei war unerlässlich, um mit Brauerei-Chef Jens Geimer sowie dem Vertriebsleiter Klaus Strüder, über die Lage während der Pandemie und die sich daraus ergebenden Folgen zu sprechen. Jens Geimer sieht sich und die Brauerei in der Pflicht, den Vertragspartnern finanzielle Hilfe anzubieten: „Wir erleben es am eigenen Leibe, wie die Pandemie das wirtschaftliche und soziale Leben vollkommen unerwartet von jetzt auf gleich verändert hat. Hautnah bekommen wir mit, wie verzweifelt zum Beispiel Wirte sind, die seit Monaten keine Einnahmen mehr generieren. Deshalb kamen wir zu dem Ergebnis, ihnen das von uns gelieferte Bier mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum von weniger als vier Wochen zurückzunehmen und ihnen den Kaufpreis komplett zu erstatten. Auch unsere Brauerei hat vor der Pandemie noch kräftig investiert und viel Geld in die Hand genommen, um Theken, Kühlwagen und Bierbrunnen zu erwerben. Die Sachen stehen jetzt ungenutzt in den Hallen und auf dem Außengelände. Wir alle hoffen inständig, dass in absehbarer Zukunft wenigstens mit Lockerungen gerechnet werden darf.“ Als Selbstverständlichkeit bezeichnete der Brauerei-Chef die Tatsache, dass die Veranstaltungsagentur Spack auf dem großen Parkplatz der Brauerei ein Corona-Schnelltest-Zentrum einrichten konnte, eine sogenannte „Drive- & Walk-In Station“.
Wolfgang Rabsch
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