Lüftungsanlagen in Klassenräumen würden Kreis immens viel Geld kosten
Lüften, lüften, nochmals lüften und das Ganze regelmäßig: Das ist bislang die Grundregel im Kampf gegen das Coronavirus - neben anderen Hygienevorgaben - in Klassenräumen. Der Luftaustausch soll die Gefahr verringern, dass infizierte Schüler oder Lehrer die Viren weitertragen.
Altenkirchen. Die Diskussion wird inzwischen sehr emotional geführt: Müssen Luftfilteranlagen in Klassenräumen eingesetzt werden, um auch in den kommenden Monaten den Präsenzunterricht an Schulen zu gewährleisten? Oder reicht das Lüften um jeden Preis (egal bei welcher Außentemperatur), den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus einigermaßen erfolgreich zu gestalten? Die Für- und Gegenrede ist fix geführt, wenn Kosten außer Acht gelassen werden. Und diese explodieren, wie der Kreisausschuss in seiner Sitzung am späten Montagnachmittag (12. Juli) im Altenkirchener Kreishaus erfuhr. Erster Kreisbeigeordneter Tobias Gehardus, in dessen Geschäftsbereich die 16 kreiseigenen Schulen mit 738 Klassenräumen fallen, legte Zahlen als Antwort auf eine umfassende Anfrage der Fraktion des Bündnisgrünen im Kreistag vor.
Mobile Anlagen lediglich als Zusatz
Wird auf eine dezentrale Technik (in jedem Raum ein stationäres Gerät am Fenster) gesetzt, schlagen kalkulierte Kosten in Höhe von rund 13 Millionen Euro zu Buche. Ungefähr 24 Millionen Euro sind es, wenn eine Anlage zentral (beispielsweise im Keller) arbeitet. Mobile Geräte würden 2,7 Millionen Euro kosten. „Hinzu kommen die zweimal im Jahr erforderlichen Wartungen mit Filterwechsel, die mit circa 1 Million Euro zu veranschlagen sind“, führte Gehardus aus. Solche Anlagen könnten jedoch nur als Zusatz zum normalen Lüften mit offenen Fenstern eingesetzt werden. Inzwischen habe der Kreis neun gekauft und an mehrere Schulen verteilt, um unterstützend eingesetzt zu werden. Aber, so Gerhardus, die Geräte seien mit 60 bis 70 Dezibel sehr laut, „grundsätzlich können in allen Klassenräumen die Fenster geöffnet werden. Ein vernünftiger Luftaustausch ist gewährleistet“.
Nur ein Fünftel würde profitieren
Gerhardus berichtete von einem Förderprogramm des Bundes, dass noch bis Jahresende laufe, jedoch nur für Klassenräume greife, in denen Schüler unter zwölf Jahren unterrichtet werden. „Davon würden bei uns nur ein Fünftel der Jungen und Mädchen profitieren“, fügte er an, so dass „wir uns gesagt haben ,alle oder gar keiner‘.“ 15 bis 20 Prozent der Gesamtkosten seien wohl förderfähig. Darüber hinaus habe der Kreis im vergangenen Jahr 200 CO2-Ampeln angeschafft, um das richtige Lüften zu trainieren. „Die Rückmeldungen waren positiv“, erklärte Gerhardus dem Gremium. Vor diesem Hintergrund regte Udo Piske (FDP) als ersten Schritt an, alle Klassenräume ad hoc mit CO2-Ampeln auszustatten. Die Investition in Höhe von 40.000 Euro könne „aus dem laufenden Geschäft bezahlt werden“. Nach den Sommerferien werde, so Gerhardus, für mindestens zwei Wochen die Teststrategie in Schulen fortgesetzt, worüber diese bereits unterrichtet worden seien. „Uns allen ist wohl daran gelegen, den Präsenzunterricht so lange wie möglich zu gewährleisten“, blickte er voraus, zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht wissend, in welcher Art und Weise die Delta-Variante des Coronavirus ihren „Siegeszug“ fortsetzen wird. Die Testungen in eigener Regie fortzuführen, wenn das Land es nicht mehr vorschreibe, würde den Kreis pro Woche rund 25.000 Euro kosten.
Alleingänge nicht zielführend
Einig war sich die Zusammenkunft, dass Alleingänge von Einzelnen nicht zielführend seien. „Wir müssen vermeiden, dass jeder Landkreis vor sich hin wurschtelt“, gab Landrat Dr. Peter Enders die Parole aus. Als negatives Beispiel wurde der Plan der Stadt Remagen angeführt, die Grundschulen und Kindertagesstätten mit Lüftungsgeräten ausstatten möchte. Nach Angaben der Verwaltung am Rhein sollen so rasch wie möglich 100 mobile Geräte für rund 1 Million Euro angeschafft werden. Heijo Höfer (SPD) betonte, die Verbandsgemeinden im Kreis mit deren Grundschulen und Kitas (kommunale und freie Träger) ebenfalls mit ins Boot zu holen, und mahnte: „Wir dürfen der Bevölkerung nicht vorgaukeln, es gebe Lösungen in akzeptabler Zeit. Wir sollten machen, was möglich ist, es geht nicht alles zu Schuljahresbeginn.“ Hubert Wagner (FWG) wusste ebenfalls, dass es eine schnelle Lösung nicht geben werde. Alles höre sich für ihn sehr, sehr unausgewogen an. „Wir müssen auf allen Ebenen Druck erzeugen, auch unsere Landtagsabgeordneten müssen Druck machen“, forderte er.
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Nichts auf die lange Bank schieben
„Es ist wichtig, dass es ans Laufen kommt, auf jeden Fall muss es koordiniert sein“, meinte Jessica Weller (CDU), „wir müssen besser aufs Home-Schooling vorbereitet sein, wenn der Präsenzunterricht unterbrochen wird.“ Es gelte, gut gerüstet ins neue Schuljahr zu starten. Für Anna Neuhof (Bündnisgrüne) war es wichtig, dass „die Diskussion angestoßen wurde. Wir dürfen es nicht auf die lange Bank schieben. Es geht nicht gegen den Kreis, vielmehr habe ich das Gefühl, dass die Kultusministerkonferenz den Sachverhalt etwas zu leger sieht“. Auch Kevin Lenz (Bündnisgrüne) sah Eile angebracht: „Wir dürfen nicht lange diskutieren, sondern schnell zu Ergebnissen kommen und dann handeln.“ Enders war überzeugt, dass eine langfristige Konzeption gefordert sei, denn „Corona wird uns noch über Jahre hinweg begleiten wie die Grippe“.
Weitere einstimmige Entscheidungen
Für 76.728 Euro liefert das Unternehmen Mightycare Solutions GmbH (Hennef) einen weiteren Server. Es handelt sich um ein baugleiches Gerät der Firma Tintri by DNN, wie es in der Kreisverwaltung bereits eingesetzt wird. In Sachen Glasfasernetzausbau kehrt die Kreisverwaltung dem Förderprogramm „Gewerbegebiete“ den Rücken und rüstet das AK-Land nun nach dem Bundeszuschussmodell „Graue Flecken“ auf. Deswegen wurde der bereits bestehende Beratervertrag mit der Firma Athanus aufgelöst (sie stimmte bereits zu). Nunmehr wird per Ausschreibung eine neue Beraterfirma gesucht. Die Maßnahme kostet 200.000 Euro (Deckung zu 100 Prozent durch Bundesförderung).
Siegquerung bei Etzbach am Horizont
Das Planungsbüro Stadt-Land-plus GmbH (Boppard) übernimmt für 148.719 Euro die baufachliche Projektsteuerung für den Lückenschluss des Siegradweges zwischen Oppertsau und Pirzenthal bei Etzbach. Die Siegquerung soll mit einer einseitig abgehängten Hängebrücke vollzogen werden. Baubeginn könnte Mitte des Jahres 2023, die Fertigstellung Ende 2024 sein. Das Projekt kostet 4,08 Millionen Euro, Projektträger ist das Bundesamt für Güterverkehr. Das Projektbüro neulandplus Gmbh & Co KG (Aulendorf) widmet sich für 49.656 Euro der Erstellung einer Lokalen Integrierten Ländlichen Entwicklungsstrategie (LILE) zur Umsetzung des LEADER-Ansatzes durch die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Westerwald-Sieg in den Jahren 2021 bis 2027. Die LILE ist erforderlich, um vom Land Rheinland-Pfalz als Förderregion anerkannt zu werden.
Sondierungsphase beschlossen
Rund 6500 Euro (netto) beträgt die Ausgabe für den Kreis, um im geplanten Mediationsverfahren für die weitere Nutzung des Stegskopf-Geländes in die Sondierungsphase einzutreten. Geklärt werden soll, welche Interessengruppen überhaupt bereit sind, eine solche Vorgehensweise mitzutragen. Im Anschluss weist ein Bericht aus, ob eine Mediation Sinn und Zweck macht. Auch ein Teil der Bediensteten der Kreisverwaltung ist nicht abgeneigt, jeweils mit dem Fahrrad (herkömmlich oder E-Bike) zur Arbeit zu kommen und wieder die Heimreise anzutreten. Seit gut einem Jahr ist ein Dienstrad-Leasing-Modell in der Ausarbeitung. Derzeit können nur Angestellte „umsatteln“, das Landesbeamtengesetz von Rheinland-Pfalz sieht die erforderliche Entgeltumwandlung bislang nämlich nicht vor. (vh)
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