Reduzierung ärztliche Bereitschaftsdienste: Gesundheitsminister eingeschaltet
Die Wellen schlagen hoch seit Bekanntwerden der geplanten Kürzungen der Öffnungszeiten der ärztlichen Bereitschaftsdienstpraxen in den DRK-Krankenhäusern Altenkirchen und Kirchen. Die kommunale Familie steht dieser Ankündigung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz fast hilflos gegenüber.
Kreis Altenkirchen. Die Einschnitte werden massiv sein, wenn die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz von Anfang Oktober an die Öffnungszeiten der ärztlichen Bereitschaftsdienstzentren in den DRK-Krankenhäusern Altenkirchen und Kirchen erheblich beschneidet und die im DRK-Krankenhaus Hachenburg aber unangetastet lässt. Der Aufschrei der Kommunalpolitik ist riesig. Als Folge kritisierten die sechs Bürgermeister der Verbandsgemeinden im AK-Land bereits in einem Schreiben an die KV aufs Schärfste das Vorgehen dieser Körperschaft öffentlichen Rechts. Landrat Dr. Peter Enders bat inzwischen den rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch um „rechtsaufsichtliche Prüfung des Sachverhalts“, wie er in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses am späten Montagnachmittag (13. September) darlegte. Die Fraktion der Bündnisgrünen im Kreistag hatte mit einer Anfrage zu dem Szenario das brisante Thema auf die Tagesordnung gehievt.
Kommunikation schwer nachvollziehbar
„Ich sehe in der weiteren Umsetzung der Reform nicht nur eine Schwächung der Gesundheitsstandorte Kirchen und Altenkirchen, wobei die Kreisstadt durch den bevorstehenden Weggang des Krankenhauses ohnehin von massiven Einschnitten betroffen ist“, hieß es in der Enders-Antwort weiter, „auch die Art und Weise der Kommunikation durch die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz ist aus meiner Sicht - wieder einmal - schwer nachzuvollziehen und erzeugt zu Recht großen Unmut in Politik und Bevölkerung.“ Er knüpfte mit dieser Darstellung die Bindung zum 31. August, als KV-Vorsitzender Dr. Peter Heinz in einer Videokonferenz gegenüber Enders und Bürgermeistern des Kreises Altenkirchen die Neuerung in einer „gewissen Form der Selbstherrlichkeit“ angekündigt hatte. „So geht man nicht miteinander um“, lautete das lapidare Fazit von Enders.
Enders sehr skeptisch
„Aus kommunalpolitischer Sicht wurde meines Erachtens hier eine Chance vertan, den Gesundheitsstandort Altenkirchen zu sichern und aufzuwerten. Daher habe ich mich während besagtem Onlinetermin zusammen mit den Bürgermeistern Fred Jüngerich und Matthias Gibhardt gegen die Reform der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz ausgesprochen“, erfuhr die Zusammenkunft weiter, „wir haben Herrn Dr. Heinz zudem zu verstehen gegeben, dass diese Reform den Bürgerinnen und Bürgern nur sehr schwer zu vermitteln sein wird. Als Landrat stehe ich dieser Reform erkennbar sehr skeptisch gegenüber. Auch die Kreisgruppe des Gemeinde- und Städtebundes hat sich bereits kritisch positioniert. Die Entscheidung, die Umstrukturierungen durchzuführen, liegt jedoch ausschließlich bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz. Nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung wurden die Maßnahmen im Vorfeld mit den Leitern der Bereitschaftsdienstzentralen besprochen.“
Ärger, Bestürzung, Zorn
Die Entscheidung habe bei ihr „größtmöglichen Ärger, Bestürzung und Zorn“ ausgelöst, meinte Anna Neuhof (Bündnisgrüne), sie müsse noch einmal in den Gremien besprochen werden. Das Vorgehen der KV wolle sie näher erläutert wissen. „Wirtschaftlich kann man es so machen. Ist das aber im Sinne der Bevölkerung?“, fügte sie an. Es werde hochinteressant sein, was der Gesundheitsminister antworte. Für Jessica Weller (CDU) wäre es interessant zu erfahren, wie die KV zu dieser Entscheidung gekommen sei. „Sie geht zu Lasten der Notaufnahmen, die eh schon überlastet sind“, erklärte sie. Die KV ist für die öffentliche Daseinsvorsorge zuständig, merkte Bernd Becker (SPD) an und fragte in die Runde: „Wann ist das so entschieden worden?“. Die KV sei eine „Black box“, in deren Inneres nicht geblickt werden könne. Udo Quarz (Die Linke) regte eine „Reaktion aus den Kreisgremien“ an. Claus Behner (CDU) machte seinem Ärger über die Telefonnummer (Patientenservice) 116 117 Luft: „Am Wochenende ist man aufgeschmissen.“ Diese wird auf der Homepage der KV in den höchsten Tönen beschrieben: „Wir helfen Ihnen dabei, als Patientin oder Patient in Rheinland-Pfalz die passende ärztliche oder psychotherapeutische Anlaufstelle zu finden, rund um die Uhr an 7 Tagen in der Woche. Dazu brauchen Sie uns einfach nur anzurufen – kostenfrei unter der bundesweiten Nummer 116 117 (ohne Vorwahl).“
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Immer genug Ärzte
Enders betonte, dass die Kreisärzteschaft von der Entscheidung der KV nicht tangiert sei. „Bislang hat es nie Probleme gegeben, Dienste in den Bereitschaftsdienstpraxen zu besetzen, es hat sogar teilweise ein Wettbewerb stattgefunden. Kollegen ärgern sich sogar, wenn sie nichts machen können. Ein Ärztemangel hat sich nicht bemerkbar gemacht. Die Kassenärzte zahlen pro Monat einen unteren bis mittleren dreistelligen Betrag, um diese Bereitschaftsdienstpraxen mitzufinanzieren“, gab er, selbst Arzt, Einblicke in das Konstrukt. Dieser Fakt wiederum freute Becker: „So sind wir wirklich ganz nah an der Materie dran.“ Grundsätzlich „bleiben wir wachsam und sachlich, aber nicht mit Schärfe an dem Thema dran“, zeigte Enders den Weg für die nahe Zukunft auf.
Das ist geplant
Was geplant ist: Der Standort in Altenkirchen soll vom 4. Oktober an nur noch mit dem Attribut „eingeschränkt“ geöffnet sein – nämlich mittwochs, samstags und sonntags bis 23 Uhr. Derzeit ist er montags, dienstags, mittwochs (bereits ab 14 Uhr) und donnerstags von 19 bis am Folgetag um 7 Uhr, von freitags 16 bis montags 7 Uhr (durchgehend) und an Feiertagen ebenfalls durchgehend besetzt. In Kirchen, das den Status „Basis“ erhalten soll, könnte täglich nur noch bis 23 Uhr geholfen werden (die momentanen Zeiten sind mit denen noch gültigen in Altenkirchen identisch). Bereitschaftsdienstzentralen (in Altenkirchen seit dem 1. Dezember 2013) sind die „Stellvertreter“ für Hausärzte, wenn deren Praxen geschlossen sind und Wehwehchen behandelt werden müssen, die sich als nicht „krankenhaustauglich“ erweisen. Bereits im vergangenen Jahr war die Bereitschaftsdienstpraxis in Wissen geschlossen worden. (vh)
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