Umgehung Weyerbusch: Breiter Widerstand formiert sich
Merkwürdiges tat sich am Sonntag in Weyerbusch. Ganze Schlangen von Autos mussten anhalten, um ganze Schlangen von Fußgängern über die Straße zu lassen. Und der Grund für die „Völkerwanderung“ war nicht weniger seltsam: Eine Bürgerbewegung gegen die Umgehungstraße im Zuge der B8.
Weyerbusch. Wie bitte? Einwohner einer stark befahrenen Bundesstraße gegen eine Ortsumgehung? Ja, in der Tat. Sie fürchten um Quellgebiete und Laubwäldchen, um Streuobstwiesen und naturnahe Bachläufe, sie protestieren gegen den Verlust von landwirtschaftlichen Flächen, das Abtrennen von Ortsteilen vom Hauptort, gegen Bauwerke, die so gigantisch werden könnten wie die Kosten – und all das wegen eines Zeitgewinns von 1 bis 3 Minuten.
In Weyerbusch, das trotz seiner eher geringen Größe von 1400 Einwohnern eine hervorragende Infrastruktur aufweist, ist außerdem mittelfristig der Verlust von Geschäften, Tankstelle, Ärzten und Gastronomie zu befürchten, wenn der Verkehr erst weiträumig den Ort umfährt.
Angesichts dieser Eingriffe hatte sich fix eine Bürgerinitiative gegründet, genauso fix kam diese zur Sache und hatte für Sonntag zu einer Begehung beider Umgehungs-Varianten eingeladen. Mehr als 150 Interessierte aus den Ortsgemeinden Weyerbusch, Werkhausen, Oberirsen und Hasselbach und Nachbarorten waren schon zur Begrüßung erschienen, bei den Begehungen schlossen sich weitere an.
Organisatoren des Bürgerprotestes informieren
Am Ort des Stelldicheins, dem Gasthof Zur Post in der Ortsmitte, stellten sich die Organisatoren des Bürgerprotestes vor, erklärten Hintergründe wie den Einsatz pro Umgehung durch die Wirtschafts-Initiative „Anschluss Zukunft“ und das Verfahren bei Projekten des Bundesverkehrswegeplans. Gunnar Lindner (Weyerbusch-Hilkhausen), neben Gerd Müller (Werkhausen-Acker) und Marein Osten-Sacken (Oberirsen-Marenbach) einer der Köpfe der BI, lud auch dazu ein, sich auf der Website der „Bürgerinitiative gegen B8-Umgehungen Weyerbusch“ weiterhin kundig zu machen, denn Transparenz hat man sich besonders auf die Fahnen geschrieben.
In einem Grußwort gab VG-Bürgermeister Fred Jüngerich zu bedenken, dass die gegenläufigen Interessen in der Umgehungsfrage berechtigt und verständlich seien, und versprach, dass sich die Verwaltung ein objektives Bild machen und je nach Meinung der betroffenen Ortsgemeinden einen entsprechenden Brief ans Bundesverkehrsministerium leiten werde. Tatsache sei aber, so viel räumte Jüngerich in Richtung der Befürworter ein: „In Weyerbusch ist kein Stau, der ist in Uckerath und in Bierth.“
Ortsbürgermeister Dietmar Winhold blickte auf die Aktivitäten der Ortsgemeinde Weyerbusch zurück, die frühzeitig eine Arbeitsgruppe gegründet und Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien zur Besichtigung eingeladen habe. In der Sitzung am 28. September werde er, Winhold, die Ratsmitglieder nach ihrer Meinung fragen und danach entsprechend vorgehen. Sollte die Umgehung ad acta gelegt werden, erwarte er aber breite Unterstützung für Verkehrsberuhigung auf der B8.
Gerd Müller von der BI bat inständig darum, sich die drohende Zerstörung „unserer schönen Umgebung“ und der Existenz von Landwirten selbst anzusehen. Zu den schon vor zehn Jahren geschätzten Kosten von fast 100 Millionen Euro – „die wir als Steuerzahler zu tragen haben“ – werde diese Zerstörung einen nur minimalen Nutzen bringen. „Und glaubt nicht, es gehe nicht weiter, weil der LBM im Ahrtal so viel zu tun hat, und glaubt auch nicht, dass zuerst Uckerath in trockenen Tüchern sein muss: Die Bedrohung ist jetzt, und die Bedrohung ist real!“, rief er den Versammelten zu.
"Gigantischer Flächenfraß"?
Den Umweltaspekt unterstrich noch einmal Wolfgang Stock vom BUND-Kreisverband, der vor einigen Wochen mit einer Pressemitteilung die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit so richtig angefacht hatte. Ein so gigantischer Flächenfraß wie hier geplant sei nicht zu verantworten, und erst recht nicht in Zeiten des Klimawandels.
Geführt von Sachkundigen der BI, von BUND-Mitgliedern sowie Kim Wortelkamp für die Stiftung „Im TAL“ begab man sich im Anschluss gruppenweise zu beiden Planvarianten, was die eingangs beschriebene „Völkerwanderung“ darstellte. Die Umgehung „Süd“ würde zwischen Weyerbusch und dem Ortsteil Hilkhausen verlaufen, die „Nord“-Variante zwischen Werkhausen und dem Ortsteil Leingen. Beim Anblick der Stellen, wo zig Meter breite Trassen, 6 Meter tiefe Einschnitte und riesige Brückenbauwerke entstehen sollen, wurde den Betrachtern – gelinde gesagt – mulmig zumute.
Hinzu kamen Informationen wie zum Beispiel, dass extensiv bewirtschaftetes Grünland bei der CO2-Speicherung Ähnliches leistet wie Wald oder dass 70 Vogelarten im Bereich der Kunstlandschaft gezählt wurden. Auch der existenzbedrohende Flächenverlust für Landwirte war vor Ort gut nachzuvollziehen.
In manchen Ortschaften, so hieß es zum Abschluss, ist den Menschen noch gar nicht bewusst, dass auch sie die neue Umgehung Weyerbusch zu sehen und zu hören bekommen würden, erst recht nicht die in anderen Planungsabschnitten angedachten Umgehungen für Helmenzen und Kircheib.
Zu den zahlreichen Unterschriften, die am Sonntag gegen die Umgehungspläne gesammelt wurden, den vielen verteilten Buttons und Autoaufklebern werden wohl noch etliche hinzukommen. Wer jetzt schon Kontakt aufnehmen möchte: info@nob8ou.de oder 02686/988 467. (PM)
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