Altenkirchener Premiere: "Walking Fußball" mit drei Mannschaften
Es gibt so viele Varianten des Fußballspiels: mit voller oder reduzierter Mannschaftsstärke, auf einem richtig großen oder einem verkleinerten Platz, im Sitzen, als Tennisableger und neuerdings auch als "Walking"-Abwandlung.
Altenkirchen. Nein, nicht elf Freunde sollt ihr sein, fünf oder sechs genügen. Nein, es muss kein Platz mit den Maßen 100 x 60 Meter sein, der Bereich des Strafraums reicht grundsätzlich schon aus. Nein, es müssen keine Tore mit den Standardabmessungen sein, kleinere Versionen von 1 x 3 Meter genügen vollends. „Walking Fußball“ heißt die neue Modifikation des Ballspiels, das weltweit die Massen verzückt. So sind an diesem frühen Abend auf dem Kunstrasenplatz auf der Altenkirchener Glockenspitze Mannschaften des SV 09 Eitorf, des TuS 05 Oberpleis und der Westerwald-Werkstätten der Lebenshilfe im Kreis Altenkirchen zusammengekommen, um einer wahrlich nur geringen Zuschauerzahl die noch ganz junge Art der sportlichen Betätigung vorzustellen.
Ideal für Inklusion
Bärbel Nied, die Sportkoordinatorin der Westerwald-Werkstätten der Lebenshilfe, sieht die Premiere vor allem unter dem Aspekt der Inklusion und geht sogar noch einen Schritt weiter. „Vielleicht gelingt es, dass die Sportvereine ,Walking Fußball‘ in ihre Angebote einfließen lassen“, hofft sie, „vielleicht gründen Klubs im Kreis auch Mannschaften.“ Zwölf Spieler gehören zu „ihrem“ Aufgebot, das von Dominik Knapp und Mohamad Algalab betreut wird.
Hartmut Simon, Sport-Inklusionslotse des Landessportbundes Rheinland-Pfalz und unter anderem für die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld zuständig, hat eine ähnliche Vision wie Nied von der Zukunft des im Gehen zu spielenden Fußballs. „Sechs bis acht Mannschaften, die möglicherweise eine kleine Meisterschaft ausspielen“, ist für ihn ein erstrebenswertes Ziel. Auch er betont den Aspekt des gleichberechtigten Nebeneinanders von behinderten und nicht behinderten Menschen in einer Mannschaft, für das „Walking Fußball“ ideal sei. Zudem ist Nied, die Wert auf die Einhaltung der Hygieneregeln legt, erfreut, dass sich die ASG Altenkirchen so bereitwillig als Kooperationspartner zur Verfügung gestellt habe und auch künftig tun werde.
Tore lautstark bejubelt
Wie sich eine Partie unter den neuen Rahmenbedingungen entwickelt, demonstrierten die beiden Gästemannschaften in dem Auftaktspiel, das Eitorf mit 8:2 (2x20 Minuten) gewann und das als guter Anschauungsunterricht diente. Völlig ungezwungen durchgemischt mit den erfahrenen Akteuren aus Nordrhein-Westfalen waren die einzelnen Teammitglieder des Gastgebers dann im zweiten Schritt bestens ins Geschehen integriert, konnte sich der eine oder andere auch über ein Tor freuen, das jeweils lautstark gefeiert wurde. Das Resultat spielte keine Rolle, Buch über den Verlauf der Partie wurde nicht geführt.
Auch Bundesligisten machen mit
Im Fußballverband Rheinland (FVR) werde der neueste Ableger bislang kaum betrieben, berichtet Simon, es gebe nur wenige Mannschaften, diese seien vor allem am Rhein und in der Eifel beheimatet. Im Fußballverband Mittelrhein sind schon deutlich mehr Vertretungen unterwegs. Jürgen Kerl, Schatzmeister der Eitorfer und Schiedsrichter des Demonstrationstreffens, ist ein wenig stolz, dass die Spielerzahl im Klub inzwischen für zwei Teams reiche.
Selbst Bundesligisten wie Bayer Leverkusen oder der VfL Wolfsburg und auch die Zweitligisten Schalke 04 und Werder Bremen hätten sich dem Trend angeschlossen. „Bei denen ist aber noch sehr viel Ehrgeiz im Spiel“, weiß er um eine deutlich erhöhte Wettkampfintensität dank eines mehr auf Leistung ausgerichteten Ansatzes. Aus Sicht von Kerl bietet sich „Walking Fußball“ für die Altersgruppe der 55- bis 80-Jährigen an (der älteste Spieler in Altenkirchen war 84 Jahre alt und kam aus Oberpleis), die während einer Auseinandersetzung ziemlich oft ins Schwitzen kämen.
Geburtsland ist England
Was ist nun „Walking Fußball“: Ideal ist ein Spielfeld in der Größe von 20 x 40 Meter, fünf oder sechs Akteure bilden eine Mannschaft. Die Tore sind klein, idealerweise drei Meter breit und einen Meter hoch. Der Ball darf maximal hüfthoch und nur im Gehen gespielt werden. Laufen mit Führen des Spielgerätes am Fuß ist verpönt. Torhüter sind tabu, aus der eigenen Hälfte kann kein Tor erzielt werden. Als Spielzeiten sind 2x20 oder 4x10 Minuten möglich. Darüber hinaus sind weitere Kriterien festgelegt.
„Der Spaß, Fair Play die Begegnung und Gemeinschaft stehen absolut im Vordergrund“, heißt in der Beschreibung auf der Homepage des niedersächsischen Fußballverbandes. Erstmals wurde diese Variante, so die Homepage des FVR, im Jahr 2011 in Chesterfield (England) gespielt und begeistert inzwischen das ganze Land. Fast 1000 Mannschaften, einige von ihnen auch im geregelten Spielbetrieb, erfüllen den neuen Trend mit Leben. Über Belgien und die Niederlande kommt das Spiel allmählich auch nach Deutschland. (vh)
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