Umdenken in der Schülerbeförderung gefordert
Intensiv diskutiert wurden bei einer Anhörung des SPD-Kreisverbandes und der Kreistagsfraktion Probleme der Schülerbeförderung im Kreis Altenkirchen. Und da gibt es offensichtlich einige Baustellen. Deshalb soll die Diskussion auch fortgeführt werden.
Kreis Altenkirchen/Betzdorf. Die Qualität der Schülerbeförderung im Kreis Altenkirchen stand im Fokus einer Anhörung des SPD-Kreisverbandes und der Kreistagsfraktion, zu der die Sozialdemokraten die Schulleiter und Schulelternvertreter in die Bürgergesellschaft in Betzdorf eingeladen hatten. "In letzter Zeit haben uns vermehrt Beschwerden von Eltern wegen überfüllter Schulbusse erreicht. Deshalb wollen wir ein breites Meinungsbild zu den Problemen einholen, um die Situation realistisch einschätzen und die notwendigen politischen Entscheidungen treffen zu können", erklärte SPD-Kreisvorsitzender Andreas Hundhausen zum Hintergrund der Veranstaltung.
Der Landtagsabgeordnete Dr. Matthias Krell wies zu Beginn auf die Neuregelung der Kostenbeteiligung von Eltern an der Schülerbeförderung hin. Als Konsequenz aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz habe man auf dem Landesparteitag beschlossen, dass bei einer SPD-geführten Regierung ab dem Schuljahr 2012/2013 die Schülerbeförderung bis einschließlich 10. Klasse an allen Schulen kostenfrei sein werde. Dafür werde das Land jährlich rund 18 Millionen Euro in die Hand nehmen.
Als verkehrspolitischer Sprecher der Kreistagsfraktion gab Krell einen kurzen Rückblick auf die bisherigen Initiativen der Kreis-SPD zum Thema ÖPNV und Schülerbeförderung. So sei auf Antrag der SPD die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes im Kreistag beschlossen worden. Auch hätten sich die Busunternehmen freiwillig darauf beschränkt, die Zahl der vorhandenen Stehplätze im Schülerverkehr nur bis zu maximal 70 Prozent auszulasten.
Eine Regelung, die den anwesenden Elternvertretern nicht weit genug ging. Annette Piccolini-Weller, Klassenelternsprecherin einer 5. Schulklasse der Realschule plus in Betzdorf beklagte die unzureichende Zahl der Sitzplätze und empfahl den Verantwortlichen, selbst eine Woche in den Schulbussen mitzufahren. Kleinere Kinder hätten kaum eine Chance, bei Vollbremsungen Halt im Gang zu finden.
"In jedem Auto besteht Anschnallpflicht, warum nicht auch in den Schulbussen?", fragte Lena Daub, Schulleiterin der Hermann-Gmeiner-Schule Daaden, und forderte ein radikales Umdenken in der Schülerbeförderung. Unterstützung erhielt sie vom Schulleiter der Westerwaldschule Realschule plus Gebhardshain, Klaus Willwacher: "Die leidigen Stehplätze müssen komplett weg, dann könnten auch andere Probleme in den Klassen gelöst werden." Volle Schulbusse habe es schon immer gegeben. Man müsse aber erkennen, dass sich Kinder und Jugendliche heute weniger diszipliniert verhalten. "Gestresste Schüler in überfüllten Bussen bringen ihre Probleme mit in die Klassenräume", so Willwacher, der auch darauf hinwies, dass viele Busfahrer aufgrund fehlender pädagogischer Erfahrungen mit der Situation überfordert seien. Unterstützung bieten die kreisweit rund 200 Schulbusbegleiter. Bei diesem Projekt engagieren sich Schülerinnen und Schüler freiwillig für mehr Sicherheit im Schülerverkehr und vermitteln zum Beispiel bei Problemen an den Haltestellen oder beim Ein- und Aussteigen.
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Im weiteren Diskussionsverlauf wurde auch die in manchen Fällen mangelnde Abstimmung zwischen Schulschluss und Abfahrtzeiten der Busse thematisiert. Ein Grund dafür sei, dass die Schülerbeförderung im Kreis Altenkirchen fast vollständig in den ÖPNV integriert sei, erklärte Guido Kappel, Sachgebietsleiter für den Bereich ÖPNV und Schülerbeförderung bei der Kreisverwaltung. Bei jährlichen Defiziten in Höhe von einer Millionen Euro für die Schülerbeförderung im Kreis sei es nicht möglich, zusätzliche Busse einzusetzen, damit bei sämtlichen Schulen pünktlich zum Unterrichtsende ein Bus parat stehen könnte.
Schließlich ging es auch um Aspekte der Schulwegsicherheit. Beispiele aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Meinungen, wann ein Schulweg als "nicht besonders gefährlich" gelte, weit auseinander gehen können. Bernd Becker, stellvertretender Kreisvorsitzender und stellvertretender Sprecher der Kreistagsfraktion, regte eine jahreszeitliche Differenzierung bei der Bewertung an. So könne sich ein Schulweg je nach örtlichen Gegebenheiten im Frühjahr und Sommer bei Tageslicht völlig anders darstellen als in der dunklen Jahreszeit, wenn möglicherweise noch Schnee und Eis für erschwerte Bedingungen sorgen würden.
Die Anwesenden waren sich einig, dass auch die Eltern nicht aus der Verantwortung entlassen werden könnten, wenn es um die Themen Schulwegsicherheit und Verhalten der Schüler gehe. Hilfreich sei es, mit den Kindern den Schulweg gemeinsam zu üben sowie hin und wieder mit zur Bushaltestelle zu gehen, um Probleme leichter erkennen zu können.
Andreas Hundhausen bedankte sich zum Schluss bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den konstruktiven Gedankenaustausch und kündigte als Folgeveranstaltung eine Diskussion mit den Busunternehmen zum selben Thema an.
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