Kreishaushalt: Wenig Spektakuläres bietet ADD keinen Ansatz für Kritik
Wenig Spektakuläres bietet der (noch unausgeglichene) Haushalt des Kreises Altenkirchen fürs kommende Jahr. Davon zeugt auch die Tatsache, dass es nach Abstimmungen mit der ADD keine Einwände der übergeordneten Instanz gab. Das war vor wenigen Jahren noch ganz anders gewesen.
Altenkirchen/Bürdenbach. Das ist schon beachtlich: Die Summe aller Aufwendungen, die im Haushalt des Kreises Altenkirchen für das Jahr 2022 niedergeschrieben sind, stellen mit fast 234 Millionen Euro eine imposante Hausnummer dar. Er schließt im Ergebnis- mit einem Fehlbedarf von rund 3,0, im Finanzhaushalt mit einer Unterdeckung von circa 1,3 Millionen Euro ab. „Wir sollten uns bei allen Diskussionen über Sinn und Notwendigkeit bestimmter Ausgaben immer wieder eines bewusst machen: Am Ende ist es das Geld der Städte und Ortsgemeinden im Kreis, das wir verplanen“, sagte Landrat Dr. Peter Enders, ehe er das Zahlenwerk offiziell in den Kreistag während dessen Sitzung am späten Montagnachmittag (20. Dezember) im Hotel Westerwald-Treff in Bürdenbach einbrachte. Er teilte mit, dass den sechs Verbandsgemeinden vom Corona-Geld, das der Kreis vom Land erhalten habe (3,2 Millionen Euro im Jahr 2020 und 1,6 Millionen Euro in 2022), jeweils pauschal 100.000 Euro überwiesen werden. Das hätten die Bürgermeister „außerordentlich begrüßt“. Bei allen Ansätzen gelte es dennoch zu beachten: „Die letztendlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sind noch nicht überschaubar. Wir sollten bei allen Unwägbarkeiten vorsichtig, aber nicht ängstlich planen und dabei gleichzeitig die Bemühungen zur weiteren Haushaltskonsolidierung peu à peu vorantreiben. Hier stehen wir weiterhin in der Pflicht“, ergänzte er, ehe das Gremium den Etat bei einer Enthaltung einstimmig verabschiedete.
Liquiditätskredite auf Null stellen
Wenn alle geplanten Projekte Wirklichkeit werden, muss der Kreis rund 10,8 Millionen Euro an Investitionskrediten aufnehmen. Zum 31. Dezember 2021 steht er mit rund 83 Millionen Euro in der Kreide. Ebenfalls zum Jahresende werden alle Liquiditätskredite getilgt sein. Viel Geld (9 Millionen Euro von den für die gesamten Investitionen in Höhe von 18,7 Millionen Euro vorgesehenen Ausgaben) wird in den Schulbau gesteckt, die Sanierung von Kreisstraßen ist mit 6,3, die Förderung im Kindertagesstättenbereich mit 1,4 Millionen Euro angesetzt. Die Höhe der Schulden wiegt nicht so schwer, werden sie in Relation zu den RWE-Aktien gesetzt. 2.411.234 Stück besitzt der Kreis, wovon 289.000 den kulturellen Einrichtungen und 127.396 der Westerwald Bahn „überlassen“ sind. Der Börsenwert am Tag der Kreistagssitzung belief sich insgesamt auf knapp über 83 Millionen Euro, an Dividende waren 2021 knapp über zwei Millionen Euro geflossen. „Im Landesvergleich stehen wir gar nicht so schlecht da“, resümierte vor der Zusammenkunft Kämmerer Marc Schwan (Abteilung Finanzen und Kommunales), bei dem die Fäden der Planung des Budgets zusammenlaufen. Auch habe sich das Haushaltskonsolidierungskonzept, das vor der Kalkulation für 2020 mit 54 Einzelmaßnahmen beschlossen worden war, positiv auf die finanzielle Situation des Kreises ausgewirkt.
Umlage: Keine weitere Senkung
Die Kreisumlage bleibt bei 44,5 Prozent v.H. Vor dem Hintergrund, dass sie bereits zu Jahresbeginn 2021 um einen Prozentpunkt nach unten korrigiert worden war, nunmehr ein unausgeglichener Etat vorliegt und infolge stark gestiegener Steuerkraft der kreisangehörigen Gemeinden, kam eine weitere Senkung nicht in Betracht. Parallel wurde gleichfalls eine Erhöhung ausgeschlossen, weil die Haushalte für 2020 und voraussichtlich für 2021 ausgeglichen waren, die Liquiditätsverschuldung vollständig abgebaut wird, auf der anderen Seite die Liquiditätskredite der Gemeinden, die über die Umlage den Kreis mitfinanzieren, angewachsen sind. Als große Unbekannte in dem Zahlenwerk für 2022 gelten unter der Überschrift „Einzahlungen“ derzeit die ÖPNV-Förderung des Landes und die Zuschüsse zu den Personalkosten im Kita-Bereich. Bislang hat lediglich das Land seinen Anteil festgelegt. Es steuert bei freier Trägerschaft 47,2, bei kommunaler 44,7 Prozent bei. Die Aufteilung des Restes (Kreis/Träger) müssen noch die kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städte- und Gemeindebund etc.) mit den Landeskirchen und den freien Wohlfahrtsverbänden aushandeln - vor dem Hintergrund, dass das neue Kita-Gesetz in Rheinland-Pfalz bereits zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist...
Digitalisierung: Viel Luft nach oben
„Sehr kompetent, sehr transparent“, lobte Dr. Josef Rosenbauer (CDU) diejenigen, die die finanziellen Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammengeführt hatten. Ein Grundproblem bliebe dennoch bestehen. Zwar stiegen die Einnahmen, aber die Ausgaben stiegen mehr - wie schon in den zurückliegenden 15 Jahren, merkte Rosenbauer an. Für ihn sei es ganz wichtig, die Einnahmen den Ausgaben anzupassen. Anna Neuhof (Bündnisgrüne) sah es als positiv an, dass freiwillige Leistungen im Kultur- und Sozialbereich weiter fortgeschrieben würden, wogegen es bei der Digitalisierung „viel Luft nach oben gibt“. Die Corona-Ausbreitung vor Augen, stellte Neuhof fest, dass das Stellentableau im Gesundheitsamt nicht für Pandemiezeiten ausgerichtet sei. Am Rande erwähnt: Seit Montag sind erneut Soldaten der Bundeswehr vor Ort im Einsatz.
Entwicklung abwarten
Hubert Wagner (FWG) setzte sich rückblickend mit den Ergebnissen der Haushalte der Jahre 2020 und 2021 auseinander, deren zunächst negative Ergebnisse sich noch ins Positive gedreht hätten. Er sprach sich dennoch für die Beibehaltung des Umlagesatzes aus, es gelte, zunächst „die Entwicklung abzuwarten“. Wagner ärgerte sich zudem, dass der Kreis nicht auskömmliche Finanzierungen vom Gesetzgeber aufs Auge gedrückt bekäme. Markus Fries (AfD) erwartete, dass der Haushalt von der Corona-Krise, die nicht beendet werde, und von einer „enormen Steigerung der Inflation“ beeinflusst werde.
Marodes System aufgebaut
„Wir betreiben einen Riesenaufwand und können kaum etwas gestalten“, spielte Udo Piske (FDP) auf die gut 230 Millionen Euro an Aufwendungen an, „da wurde ein marodes System aufgebaut. Mit Transferleistungen holen wir kaum noch jemand ab.“ In den Straßenbau sollen 6,3 Millionen Euro fließen, notwendig seien wahrscheinlich aber 60 Millionen Euro. „Der Kreis als umlagefinanzierte Ebene hat die Möglichkeit, ohne Erhöhung der Umlage einen recht soliden Haushalt darzustellen. Mit ihm liegen wir im Vergleich aller Landkreise ziemlich exakt in der Mitte der Tabelle, nicht Himmel hoch jauchzend, aber auch weit davon entfernt, zu Tode betrübt zu sein“, analysierte Bernd Becker (SPD). Die Beibehaltung des Umlagesatzes begrüßte Udo Quarz (Die Linke). Der Jahresfehlbedarf im Ergebnishaushalt zeige erneut das strukturelle Defizit auf. „Wir halten daher an unserer seit Jahren vertretenen Auffassung fest, dass die Finanzausstattung der Kommunen und damit auch der Kreise durch das Land unzureichend ist“, befand er.
Höhere Müllgebühren sind fix
Ohne Widerspruch genehmigte der Kreistag die Gebührenkalkulation und den Wirtschaftsplan des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (moderate Erhöhung der Abfuhrgebühren/Musterhaushalt zahlt im Jahr 3,36 Euro mehr) für 2022, den Wirtschaftsplan 2022 der „kulturellen Einrichtungen“ (Erfolgsplan: Jahresfehlbetrag 543.793 Euro/Vermögensplan: 574.663 Euro bei Erträgen und Aufwendungen) und bei einer Enthaltung das „schlüssige Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten nach den Sozialgesetzbüchern II und X“, das zu leichten Erhöhungen führt. (vh)
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