Ja, Nein, Jein: Wie stehen unsere Bundestagsabgeordneten zur Impfpflicht?
Für bestimmte Berufsgruppen gilt sie bereits - doch wird es auch zu einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Corona-Virus kommen? Darüber wird der Bundestag am Donnerstag (17. März) wieder diskutieren. Wie positionieren sich die Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis Neuwied 179, der die Landkreise Neuwied und Altenkirchen umfasst?
Region. Ende Januar hatte der Bundestag erstmals in einer Orientierungsdebatte über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht diskutiert. Ob die umstrittene Maßnahme tatsächlich Realität wird? Das wird sich zeigen. Der Fraktionszwang ist aufgehoben. Nach derzeitigem Stand soll im April eine Entscheidung getroffen werden.
Wie stehen die vier Bundestagsabgeordneten des heimischen Wahlkreises zu der Entscheidung? Das erklären sie den Lesern der Kuriere in einzelnen Statements:
Erwin Rüddel (CDU) für Stufenmodell für bestimmte Altersgruppen und Einrichtungen - unter Bedingungen
"Die unter der schlimmen 'Delta2-Variante' begonnene Debatte muss auch unter 'Omikron' mit neuen Spielregeln anders bewertet werden. Zudem haben wir neue Impfstoffe und neue Medikamente gegen schwere Verläufe. Für diesen Omikron-Winter kommt die Impfpflicht in jedem Fall zu spät und für eine endemische Corona-'Grippe' im nächsten Winter wäre sie womöglich unnötig.
Falls uns Omikron mit der niedrigen Hospitalisierungsrate nicht zurück zur Normalität bringen sollte, brauchen wir vorsorglich ein – der Lage angepasstes - Stufenmodell für bestimmte Altersgruppen und Einrichtungen auch mit
verbindlichen Angaben zu Kontrolle und Ahndung.
In diesem 'Vorratsgesetz' sollten Kenngrößen festgelegt werden, ab wann zum Beispiel Personal in Kita, Schule, Polizei oder kritischer Infrastruktur beziehungsweise ab welchem Alter man sich impfen lassen muss. Die derzeitige Impfpflicht für die Pflege mit Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte muss unter 'Omikron' auch neu justiert werden. Grundvoraussetzung für alle Überlegungen zu einer Impfpflicht muss aber ein Impfregister sein, um den Blindflug im Daten-Nebel endlich zu beenden. Mit besserer Datenlage kann die Corona-Bekämpfung wesentlich zielgerichteter gesteuert werden."
Martin Diedenhofen (SPD) für Impfpflicht ab 18 Jahren
"Ich habe mich bereits für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren ausgesprochen und werde entsprechend abstimmen", so der SPD-Abgeordnete Martin Diedenhofen. Er wird sich dem geplanten Gesetzentwurf für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren anschließen, der aktuell von sieben Abgeordneten der Ampelfraktionen erarbeitet wird. Geplant ist, die Impfpflicht auf ein bis zwei Jahre zu befristen. Sie soll für nicht mehr als drei Impfungen gelten und über Bußgelder durchgesetzt werden. Ausnahmen sind vorgesehen für alle, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
Diedenhofen verweist darauf, dass die Infektionszahlen und Inzidenzen täglich neue Höchstwerte erreichen. Gleichzeitig stagniere die Impfquote doppelt Geimpfter bei rund 73 Prozent. Das lässt den Jung-Politiker zu folgendem Schluss kommen: "Wenn wir weitere Wellen verhindern und die Pandemie dauerhaft beenden wollen, ist eine allgemeine Impfpflicht notwendig. Sie wird zu einer höheren Impfquote und damit zu einem Ausweg aus der Pandemie führen. Denn Geimpfte schützen nicht nur sich selbst, sondern auch andere – etwa auch die, die sich nicht impfen lassen können. Spätestens im nächsten Herbst werden wir sonst um (Teil-) Lockdowns und Einschränkungen nicht herumkommen, die Gesellschaft, Wirtschaft und unser Miteinander weiter lähmen.“
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Das Argument, die Impfpflicht verstoße gegen individuelle Freiheitsrechte, will Diedenhofen nicht gelten lassen: "Wenn die Freiheit des Einzelnen dazu führt, dass die Freiheit anderer radikal eingeschränkt wird, dann ist das ein völlig falsches Verständnis. Freiheit bedeutet Verantwortung, Freiheit bedeutet nicht Egoismus. Wenn wir unser altes Leben und damit die Freiheit als Gesellschaft zurückerhalten wollen, ist die Impfpflicht die Voraussetzung dafür."
Sandra Weeser (FDP): "Impfpflicht schwer begründbar"
"Als Fraktion der Freien Demokraten haben wir uns immer klar und deutlich dafür eingesetzt, dass die Verantwortung des Einzelnen auch in Ausnahmezeiten wie einer Pandemie an erster Stelle stehen muss. Neben den Freiheitsrechten steht der Gesundheitsschutz, der zur ureigenen Aufgabe des Staates gehört. Dabei gilt es stets die Verhältnismäßigkeit der Schutzmaßnahmen zu beachten.
In der vergangenen Wochen haben wir im Deutschen Bundestag zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht eine sehr offene und vielschichtige Debatte geführt. Dazu wurden 3 Gruppenanträge über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg eingebracht. Eine solche Debatte und Entscheidung ohne Fraktionszwang ist das beste Mittel, um in medizinethischen Fragen Entscheidungen zu finden, ohne die Gesellschaft weiter zu spalten.
Ich persönlich halte eine solche Einführung für nicht verhältnismäßig. Eine Impfpflicht für Kinder lehne ich ebenso deutlich ab. Der Gruppenantrag, verfasst von meinem Fraktionskollegen Wolfgang Kubicki, rückt den Fokus der Anstrengungen und Maßnahmen unterhalb eines Grundrechtseingriffs einer allgemeinen Impfpflicht. Zu viele Fragen hinsichtlich der Dauer der Wirksamkeit der Impfung sind noch nicht abschließend geklärt, so dass zum jetzigen Zeitpunkt meines Erachtens eine Impfpflicht schwer begründbar ist. Nach wie vor halte ich hier das Prinzip der Freiwilligkeit für das Richtige."
Andreas Bleck (AfD): "Allgemeine Impfpflicht nicht erforderlich"
„Die Impfung gegen COVID-19 ist nach wie vor in der Europäischen Union nur bedingt zugelassen und schützt nicht vor Infizierung und Infektiosität. Sie schützt vor einem schweren Verlauf. Die Impfung ist also ein Instrument zum Eigenschutz. Daher sollte sie freiwillig erfolgen. Eine allgemeine Impfpflicht ist hingegen aus mehreren Gründen nicht verhältnismäßig. Sie ist nicht angemessen, da insbesondere für Personen, die jung sind und/oder keine Vorerkrankungen haben, der Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit als Nachteil schwerer wiegt als der Vorteil der Impfung.
Eine allgemeine Impfpflicht ist auch nicht erforderlich. Der Zweck, die Hospitalisierungsrate zu bremsen, um das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen, ist mit der Impfquote von über 70 Prozent bereits erreicht. Nur so lässt sich erklären, warum sich der Staat mitten in der Krise den Luxus erlaubt hat, Intensivbetten in den Krankenhäusern abzubauen und den Pflegenotstand durch die Impfpflicht für Pfleger zu verschärfen. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die zwar infektiösere, aber milder verlaufende Omikron-Variante positiv auf die Hospitalisierungsrate auswirken wird.“
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