"Ü50-bewegt!": Der größte Wunsch bleibt mehr Präsenz
Einen Weg aus der Arbeitslosigkeit für Über-50-Jährige finden? Das ist oft gar nicht so einfach. 30 Langzeitarbeitslose im Alter ab 50 aufwärts nutzen seit drei Monaten in Wissen die 4. Auflage des Bildungsangebots "Ü50-bewegt!", auch wenn die Pandemie vieles zusätzlich erschwert hat.
Wissen. „Es sieht ganz danach aus“, antwortet Vinzenz Jung, der Bereichsverantwortliche für das seit dem 1. November in Wissen zum vierten Mal seit 2018 vom gemeinnützigen Verein ‚neue arbeit e.V.‘ in Altenkirchen angebotene Bildungsprojekt „Ü50 – bewegt!“, auf die Frage, ob das noch junge Jahr 2022 wegen der absehbar nicht enden wollenden Corona-bedingten Einschränkungen ähnlich schwierig wird wie das zurückliegende, dem Jung Ende Oktober noch voller Hoffnung und Zuversicht das Prädikat ‚Ausnahmejahr‘ verliehen hatte.
Jung: „Obwohl wir nach einer erneuten Umstellung aufs Homeschooling am 8. Dezember seit Mitte Januar wenigstens wieder einmal pro Woche im Präsenzunterricht arbeiten dürfen, sehe ich das Licht am Ende des Tunnels derzeit noch nicht. Denn mit der Unsicherheit und dem ständigen Hin und Her werden wir noch geraume Zeit leben müssen. Wir, die 30 Projekt-Teilnehmende und das Projekt-Team mit den drei Anleitern Katharina Becker, Harald Rasch und Carsten Dahlke, können zurzeit noch nicht absehen, was wann wieder normal sein wird oder als normal eingestuft wird.“
Die aktuelle Normalität sieht so aus, dass von den insgesamt 41 Teilnehmenden des zurückliegenden Projekt-Jahres in Wissen (25 Männer, 16 Frauen) 22 in die vierte Auflage des durch das Land Rheinland-Pfalz (Ministerium für Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung) und die Jobcenter im Kreis Altenkirchen (Altenkirchen, Betzdorf, Wissen) geförderten Projekts übernommen worden sind, um ihren eingeschlagenen Weg der Qualifizierung aus der Langzeitarbeitslosigkeit bei der ‚neuen arbeit‘ in Wissen auf einem der 30 ausgeschriebenen Projekt-Plätze weiterzugehen. Jung: „Das Vorjahres-Ergebnis von fast 90 Prozent hat meinen Eindruck bestätigt, dass die Teilnehmenden in Pandemie-Zeiten besonders motiviert sind und unsere eingeschränkten Angebote besonders gern und intensiv nutzen.“
90 Prozent, was bedeutet das in absoluten Zahlen? Jung: „Von den 41 Teilnehmenden sind sechs in Arbeit gekommen. 30 haben ihr Zertifikat dafür erhalten, dass sie ein ganzes Jahr unser Bildungs- und Qualifizierungsangebot wahrgenommen haben und auch die damit verbundenen Aufgaben regelmäßig im Homeschooling oder in Präsenz erfüllt haben. Mit 36 von 41 Teilnehmenden liegen wir deutlich über dem Richtwert von 40 Prozent. Dabei weiß ich, dass ein derart gutes Ergebnis auch der aktuellen Corona-Situation geschuldet ist. Denn es ist nur zu erreichen, wenn diese Menschen mit einer Lebenserfahrung von mehr als 50 Jahren und oft vielen Brüchen in ihrer Biografie fest davon überzeugt sind oder werden, bei uns – wenn auch derzeit nur einmal pro Woche in Präsenz in einer kleinen, festen, sechsköpfigen Gruppe - vertrauenswürdige Ansprechpartner und vor allem Menschen zu finden, die sie mit ihren Problemen nicht alleinlassen.“
Denn, so Jungs Erklärung: „In schwierigen Zeiten, in denen Kontakte minimiert werden müssen und die individuellen Probleme oder Sorgen größer werden, ist unser Bildungsangebot oft die einzige Chance, um aus der drohenden Isolation zu kommen und zugleich die eigenen schulischen, beruflichen und sozialen Kompetenzen auszuloten oder zu verbessern. Das wissen heute alle zu schätzen, und deshalb tun auch alle viel dafür, um wenigstens an einem Tag pro Woche hier bei uns sein zu können. Dass die Allermeisten geimpft oder geboostert sind, versteht sich damit fast von selbst und zeugt von sozialer Kompetenz. Denn es hat sich für alle ausgezahlt, dass wir das ganze vergangene Jahr immer viel Wert darauf gelegt haben, sich impfen zu lassen.“
Die teilnehmenden Frauen und Männer haben in Sechser-Gruppen die Möglichkeit, in der Werkstatt oder im Schulungsraum mit Anleiter Harald Rasch vorrangig mit Holz zu arbeiten und ihr handwerkliches Geschick am hölzernen Objekt auszuloten. Um gesunde Ernährung und Lebensweise bei geringem Budget geht es bei der Anleiterin Katharina Becker. EDV-/Kommunikationsschulung und Bewerbertraining an den PCs bietet der Anleiter Carsten Dahlke an einem Tag in der Woche an.
Was wünscht sich der Bereichsverantwortliche fürs zweite Quartal? Jung: „Ich wünsche mir mehr Präsenzunterricht und für unsere Teilnehmenden vor allem geeignete Stellenangebote, so dass sie eines Tages sagen können: Ich habe heute einen Arbeitsvertrag unterschrieben, ab morgen könnt ihr mit meinem Platz im Projekt andere unterstützen.“
Das Projekt „Ü50 – bewegt!“ wird durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung in Rheinland-Pfalz und die Jobcenter im Kreis Altenkirchen gefördert. (PM)
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