Bürgermeister-Kandidaten erschienen garnicht wie Kontrahenten
Zur Podiumsdiskussion anlässlich der Bürgermeisterwahl in Herdorf am 27. März hatte der DGB des Kreises Altenkirchen eingeladen. Etwa 200 Interessierte waren gekommen, um sich die Argumente der beiden Kandidaten Uwe Erner und dessen Herausforderers Tobias Gerhardus anzuhören.
Herdorf. Der DGB des Kreises Altenkirchen hatte zur Podiumsdiskussion mit Bürgermeister Uwe Erner und CDU Bürgermeisterkandidat Tobias Gerhardus eingeladen und das Interesse der Bevölkerung war groß. DGB Kreisvorsitzender Frank Näckel, der die Veranstaltung moderierte, war ebenso erfreut über die rund 200 Besucher wie seine beiden Gesprächspartner. Wer von den Besuchern nun jedoch einen spannenden Schlagabtausch mit stark kontroversen Anschauungen erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Es herrschte weitest gehend Einstimmigkeit zu den besprochenen Themen, bei manchen Nachfragen sprachen sich die beiden "Kontrahenten" ab, wer denn wohl die Antwort geben solle.
Die Themen, die Näckel für seine beiden Gesprächspartner vorgesehen hatte, waren die Arbeitsplatzsituation in der Stadt, Bildung und Erziehung, die Verkehrssituation, die Haushaltslage, der Handel im Städtchen und natürlich die Kommunalreform. Das Thema Energie und Umwelt wurde letztlich auf Grund der fortgeschrittenen Zeit fallen gelassen. Zuvor hatten sich Gerhardus und Erner mit einer kurzen persönlichen Vita vorgestellt.
"Wie kann man die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen fördern und bestehende erhalten"? So die erste Frage an Gerhardus. Dieser erinnerte an die schon öfter stattgefundenen Wandlungen hinsichtlich der Arbeitswelt im Ort. Von der Montanindustrie zur Behälterfertigung und dann zu Unternehmen der Automobilzulieferer. Gerhardus sieht sich selbst da in der Aufgabe der Bestandspflege, des Erhalts der mittelständischen Industrie und des Vermeidens von Abwanderung. Er sieht zudem einen Vorteil in der Kooperation mit Nachbarkommunen und da nicht zuletzt natürlich mit Neunkirchen. Die Nähe zur A45 hob Gerhardus als wichtigen Standortfaktor hervor.
Hier widersprach ihm der Bürgermeister jedoch. Erner sieht da Neunkirchen und Herdorf schon eher in zweiter Reihe. Ansonsten war er der gleichen Meinung wie Gerhardus und erinnerte an die schon erfolgreichen Neuansiedlungen auf dem ehemaligen Krämer-Gelände, in vorhandenen Hallen "Am Wolf" und der anstehenden Erschließung des Ermert-Areals. Erner möchte aber bezüglich der Arbeitsplätze zusätzlich in Richtung Gesundheitswesen die Situation der Stadt verbessern und hat da schon konkrete Vorstellungen im Hinblick auf die Veränderungen auf dem Gelände "Alte Hütte". Insgesamt, so Erner, sei das Arbeitsplatz-Niveau wieder auf dem Level wie vor der Schließung der beiden großen Tankbauunternehmen. Zum Thema Bildung und Erziehung erklärte Erner, dass dies schon immer ein Kernthema der Stadt gewesen sei. Mit der Kindertagesstätte, der Grundschule und der Realschule plus sei man gut aufgestellt und in allen Einrichtungen gebe es ein Ganztagsangebot. Zudem werde gerade die Möglichkeit ausgebaut, mehr Kindern unter drei Jahren einen Platz in der Kita anzubieten. In der Realschule plus sei schon vor Jahren eine "Jobfux"-Stelle eingerichtet worden zur Begleitung der jungen Leute in die berufliche Ausbildung. Auch die Schulsozialarbeit sei weiter entwickelt worden. Hinsichtlich der sinkenden Schülerzahlen komme man jedoch nicht umhin, Kooperationen mit Schulen in Nachbarkommunen durchzuführen, um den Erhalt der Einrichtungen zu gewährleisten.
Gerhardus gab Erner da ebenfalls Recht. Man stehe in Herdorf mit dem Angebot ganz weit vorne. Er fügte ergänzend noch das Angebot von Vereinen, der Caritashilfe, sowie der VHS in der Erwachsenenbildung hinzu.
Als nächstes Thema stand die prekäre Haushaltslage der Stadt zur Diskussion. Hier berichtete Näckel von einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1300 Euro. Gerhardus sagte, dass ihm diese Situation Sorgen mache. Da sei allerdings eine Systemveränderung von Nöten, nach dem Motto, wer was bestelle, der müsse es auch bezahlen. Bund und Länder seien Schuld an der Misere, sie machten Vorgaben, deren Umsetzung und Finanzierung sie dann den Kommunen überlasse. Erner erklärte, Herdorf stehe noch ein Stück weit besser da als viele andere Kommunen und doch belaufe sich der Schuldenstand auf 10,5 Millionen Euro. Derzeit schiebe man zudem Liquiditätskredite von 1,8 Millionen Euro vor sich her. Trotzdem müsse man in die Kernbereiche investieren, auch wenn dies neue Schulden bedeute. Erner sieht Herdorf bezüglich der Realschule plus benachteiligt. Die müsse mit 300.000 Euro jährlich finanziert werden, während in Betzdorf die Realschule plus vom Kreis getragen werde. Durch die Kreisumlage finanziere Herdorf diese Schule auch noch mit.
Beim Thema Verkehrssituation in Herdorf gab es dann doch noch einmal Unterschiede in den Meinungen von Erner und Gerhardus. Erner sieht einen Knackpunkt in der Ortsdurchfahrt, die täglich von 13 bis 14.000 Fahrzeugen frequentiert wird. Hier sei zum Bereich Steinaus Ecke das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, doch dort handle es sich um Landesstraßen, für die der Landesbetrieb Mobilität zuständig sei, Herdorf habe darauf keinen Einfluss. Zu den gewünschten Tempo 30 Zonen in Sassenroth und Dermbach sowie im Neubaugebiet Herdorf vertritt Erner die Meinung, den Schilderwald zu entfernen und lieber die Rechts vor Links Regelung greifen zu lassen. Hier war Gerhardus genau der gegenteiligen Auffassung.
Bei allen Themen erhielten die Besucher der Veranstaltung Gelegenheit, Fragen zu stellen. Eine zu diesem Thema bezog sich auf den schlechten Zustand des Weges zum Bahnhof. Daran kann die Stadt jedoch nichts machen, weil es privates Gelände ist. Hier könne nur die Bahn auf Verbesserung drängen, so Erner, doch die habe wohl keinerlei Interesse daran.
Der Handel war das nächste Thema, wozu Gerhardus sagte, dass die Politik nur die Rahmenbedingungen schaffen könne. Die geplante Umlegung der Durchgangsstraße im Bereich "Alte Hütte" an der Heller entlang sei keine gute Lösung. Erner unterrichtete die Zuhörer, dass Aldi dort auf dem Gelände eine neue Handelssituation schaffen möchte. Dann erhalte Herdorf wohl auch wieder ein breiteres Angebot an Textilien und Schuhen. Insgesamt werde die dortige Investition 15 Millionen Euro betragen. Dort solle dann auch die Ansiedlung von Gesundheitsservice hinzu kommen.
Bezüglich der Kommunalreform waren sich Erner und Gerhardus wieder absolut einig. Herdorf solle selbständig bleiben, schließlich sei lange genug Geld aus Herdorf abgeflossen, von dem der Ort nichts gehabt habe. Dafür gab es viel Applaus von den Zuhörern im Saal.
Unter den Nachfragen der Besucher bezogen sich einige auf die Einhaltung der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt. Viele Leute kritisierten die Verschmutzung im Ort durch Müll und Hundekot. Hier sagte Gerhardus, das Ordnungsamt sei unterbesetzt, um die Einhaltung der Verordnung zu überwachen. Dem widersprach Erner. Er meinte, man könne nicht hinter jedem Hundehalter hinterher laufen. Die starke Verschmutzung des Ortes sei ein gesellschaftliches und erzieherisches Problem.
Abschließend nannten beide noch einen Grund, warum sie zum Bürgermeister für Herdorf gewählt werden sollten. Gerhardus sagte, er wolle für die Bürger der "Kümmerer" sein und über die Politik der Stadt informieren. Erner meinte, die Leute sollten ihm ihre Stimme geben, dort sei sie gut aufgehoben, schließlich sei in der Vergangenheit schon viel erreicht worden, was er in die Wege geleitet habe. (anna)
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