Vergewaltigung in Betzdorfer Tiefgarage: Angeklagter muss dauerhaft in Psychiatrie
Von Wolfgang Rabsch
"Entschuldigung" – so lautete das letzte Wort des Angeklagten. Fünf Sitzungstage hatte die erste Strafkammer beim Landgericht Koblenz verhandelt, um Licht ins Dunkel um eine Vergewaltigung in der Betzdorfer Tiefgarage zu bringen. So lief der letzte Verhandlungstag ab, an dem nach eingehender Beratung auch das Urteil verkündet wurde.
Region. Der letzte Verhandlungstag fand weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, da die persönlichen Interessen und der persönliche Lebensbereich der 15-jährigen Zeugin geschützt werden sollten. So war die Öffentlichkeit auch ausgeschlossen, als die Vernehmung des Mädchens durch die Kriminalpolizei Betzdorf per Videoaufzeichnung den Prozessbeteiligten vorgeführt wurde. Danach wurde die Öffentlichkeit wieder zugelassen und Richter Thomas Metzger resümierte mit wenigen Worten die Vernehmung. Anschließend verlas der Vorsitzende den ärztlichen Untersuchungsbericht des DRK-Krankenhauses Kirchen, in dem bestätigt wurde, dass die Zeugin sich dort in stationärer Behandlung befand. Es wurden keine Frakturen festgestellt, jedoch verschiedene multiple Prellungen am Körper. Das DNA-Gutachten des Landeskriminalamtes bestätigte, dass es zu sexuellen Übergriffen gekommen sein musste, da DNA-Mischspuren der Zeugin, und des Angeklagten am Kleid, und im Slip der Zeugin nachgewiesen werden konnten.
Weiterhin fand ein psychiatrisches Gutachten von Dr. Valenka Dorsch Eingang in die Hauptverhandlung. Dr. Dorsch ist Psychiaterin der Klinik Nette-Gut für Forensische Psychiatrie in Weißenthurm, in der der Angeklagte auch zurzeit untergebracht ist. Sie attestierte dem Angeklagten psychotische Symptome wie sprunghafte, akustische Halluzinationen, Störung des formalen Gedankengangs, eine geringe Empathie sowie ein negatives Frauenbild.
Der persönlich anwesende psychiatrische Gutachter Dr. Christian Hüben kam bei der Erstattung seines Gutachtens zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Exploration hätte sich als äußerst schwierig und kompliziert dargestellt, da der Angeklagte hochgradig unkonzentriert und sprunghaft gewesen sei. Plötzlich habe er Geräusche im Kopf gehabt und er würde Stimmen hören, er wisse aber nicht, wo diese herkommen. Er sei dauernd müde, hätte Schlafstörungen und Angst- und Panikattacken. Dann weinte er mehrmals und bat seinen Vater um Vergebung. Zum Tatvorwurf der Vergewaltigung habe der Angeklagte nur vage Aussagen getätigt – er habe mit dem Mädchen körperlichen Kontakt gewollt. Dann habe er "Vibrationen" gespürt. Daraus entwickelte sich der Wunsch nach sexuellem Kontakt. Zum eigentlichen Tathergang konnte er keine zusammenhängenden Sätze formulieren, es kamen nur Wortfetzen.
Dr. Hüben attestierte dem Angeklagten eine paranoide Schizophrenie, verbunden mit psycho-motorischen Störungen. Er hat keine Kritik- und Urteilsfähigkeit, Emotionen zeigte er lediglich beim Thema Familie, dann begann er zu weinen. In der Zusammenfassung seines Gutachtens kam Dr. Hüben zu dem Schluss, dass der Angeklagte zwingend die Therapie fortsetzen muss, deshalb die Unterbringung weiterhin angeordnet bleiben soll. Eine Therapie sei trotzdem nicht ein Allheilmittel, aber der einzige Weg, einem Patienten doch noch ein straffreies Leben zu ermöglichen. Dr. Hüben: "Man kann sagen, dass nach der Statistik ungefähr ein Drittel der Patienten bei einer paranoiden Schizophrenie erfolgreich therapiert werden. Ein weiteres Drittel hat immerhin die Chance, nach der Therapie ein selbstständiges Leben zu führen, so zum Beispiel in einer Wohngemeinschaft. Das letzte Drittel bleibt meistens dauerhaft untergebracht, da keine Aussicht auf ein eigenständiges Leben besteht, und die Möglichkeit eines Rückfalls nicht auszuschließen ist."
Es liegt keine Schuldunfähigkeit vor
Die "Steuerungsfähigkeit" des Angeklagten war laut Gutachten bei Begehung der Tat stark eingeschränkt. Trotzdem konnte er reale Handlungen begehen – was heißt: Die Steuerungsfähigkeit war nicht vollständig blockiert. Der Gutachter empfahl dem Gericht die Anwendung des Paragrafen 21 Strafgesetzbuch, wonach von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen sei. Eine Schuldunfähigkeit gemäß Paragraph 20 Strafgesetzbuch könne nicht abgeleitet werden.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden die Plädoyers gehalten, deren Inhalt der Vorsitzende nach der Urteilsverkündung bekanntgab. So beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, gebildet aus Einzelstrafen von sechs Monaten wegen der sexuellen Belästigung und von fünf Jahren und neun Monaten wegen der Vergewaltigung, zudem dauerhafte Unterbringung des Angeklagten in einer psychiatrischen Einrichtung. Der Vertreter der Nebenklage schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Rechtsanwalt Kai-Uwe Ritter, der den Angeklagten vertrat, stellte keinen konkreten Strafantrag, beantragte aber die weitere Anordnung der Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. "Entschuldigung", so lautete das letzte Wort des Angeklagten.
Urteilsverkündung ohne jede äußere Regung oder Emotion beim Angeklagten
Nach eingehender Beratung, und Wiederherstellung der Öffentlichkeit, verkündete Richter Thomas Metzger das folgende Urteil: "Der Angeklagte wird wegen sexueller Belästigung, sowie wegen Vergewaltigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Weiterhin bleibt der Unterbringungsbeschluss des Amtsgerichts Koblenz aufrechterhalten und in Vollzug."
Der Angeklagte nahm das Urteil ohne jede äußere Regung oder Emotion hin. Nach eingehender Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden wurden seitens der Prozessbeteiligten keine Erklärungen abgegeben. (Wolfgang Rabsch)
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