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Nachricht vom 02.03.2022    

Erstes ökumenisches Kirchener Friedensgebet: "Zukunft gehört Friedensstiftern"

Zum ersten ökumenischen Kirchener Friedensgebet kamen mehr als 100 Christinnen und Christen in der St. Michael Kirche zusammen - deutlich mehr als erwartet. Im Stillen gedachte man der Menschen in der Ukraine, die unter der russischen Invasion und dem Krieg leiden. Es wurde für den Frieden und die Menschen gebetet.

An dem Friedens-Holzkreuz mit den Farben der Ukraine stellten sich die Vertreter der christlichen Gemeinden auf (komplettes Foto siehe unter dem Artikel). Das erste Kirchener Friedensgebet war mit über 100 Teilnehmern besser besucht als erwartet. (Fotos: tt)

Kirchen. Tücher in den Farben der Ukraine, in Blau und Gelb, schmiegten sich fließend an ein Holzkreuz, das im Altarraum der St. Michael Pfarrkirche ausgestellt war. Die Handabdrücke von den Mädchen und Jungen der evangelischen Kita sowie der katholischen Kita St. Nikolaus waren in den Farben Blau und Gelb angebracht. Auf dem Holzkreuz war das Wort Frieden in neun Sprachen angeheftet – auch in der ukrainischen und russischen. "Es ist gut, dass wir zusammengekommen sind", sagte Hannes Klein von der katholischen Pfarrei St. Michael Kirchen, als er zum ersten ökumenischen Friedensgebet begrüßte: "Es ist toll, dass so viele gekommen sind." Die evangelische Kirchengemeinde, die katholische Pfarrei St. Michael und die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Kirchen hatten zu dem ökumenischen Friedensgebet eingeladen. Am Freitag, nur einen Tag nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, hatte sich die drei Gemeinden gebündelt und das Friedensgebet organisiert. Und das Bedürfnis der Menschen war groß, gemeinsam zusammenzukommen und für die Menschen in der Ukraine und den Frieden zu beten. Die Organisatoren waren von der großen Resonanz überwältigt.

Karneval: "Ausdruck für Sehnsucht, dass die Welt anders sein kann"
"Wer hätte gedacht, dass es einen Tag geben wird, an dem wir die Zeitung mit der Schlagzeile in der Hand halten 'Es ist Krieg in Europa'?", fragte Klein und konstatierte ernüchtert: "So ist es jetzt! Unfassbar!" Es sei "heute" der Karnevalsdienstag, erinnerte er. In den vergangenen Tagen hätten Karnevalistinnen und Karnevalisten im privaten Bereich gefeiert, aber sich auch ins Kostüm geworfen und sich an der Friedensdemonstration in Köln beteiligt. Über Karneval in diesen Zeiten lasse sich trefflich streiten, ob gerade die richtige Zeit dazu sei, meinte Klein. Beim Nachdenken sei er jedoch zu dem Gedanken gekommen, dass es eigentlich genau die richtige sei, sagte er und ging auf den "Zauber von Karneval" ein. Sei es doch jene Zeit, "in der ein kleiner Junge eine Prinzessin und ein Bengel eine Ballerina sein kann". "Es ist ein Ausdruck für Sehnsucht, dass die Welt anders sein kann", sagte Klein: "Fröhlich und friedlich, voll Aufmerksamkeit und Gerechtigkeit, voll Glaube, Hoffnung und Zuversicht."

Als Christen zusammengekommen, "um den Putins dieser Welt zu singen, dass die Liebe gewinnt."
Aus seiner Sicht vielleicht kein schlechtes Karnevalsmotto wäre ein Zitat aus der Bibel gewesen, und zwar folgendes: "Wovon das Herz voll ist, davon kann der Mund niemals schweigen." Das deutete er mit "lass dein Herz sprechen" oder "einfach: die Liebe gewinnt." Auch Jesus wisse: "Das Böse ist eine Realität, die Augen davor zuzumachen, das bringt nichts." Von Trost und Liebe könne der Karneval sicherlich ein besonderes Lied singen: "Wir werden frei sein, wenn wir uns lieben; wenn wir glauben, dass die Liebe gewinnt", sagte Klein: "Dafür sind wir heute als Christen zusammengekommen, um den Putins dieser Welt zu singen, dass die Liebe gewinnt."

Mit den Gedanken bei den Menschen in den ukrainischen Städten und Dörfern
"Es ist unglaublich, was wir erlebt haben", sagte Manfred Schäfer von der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde. Man habe gehofft, dass es nicht bis zum Äußersten kommen würde. Nun sei man von einer Schockstarre ergriffen. "77 Jahren Frieden in Europa werden gerade zerstört", sagte Schäfer, der bei dem Friedensgebet einen Impuls gab. Mit den Gedanken sei man bei den Menschen in den ukrainischen Städten und Dörfern, den Menschen, die sich für den Frieden einsetzen. Panzer und Raketen würden Häuser und Wohnungen zerstören, Orte, die der Lebensmittelpunkt der Familien seien. Die Menschen würden in U-Bahnen Schutz suchen, und "wir sehen Menschen, die sterben". Man habe gedacht, dass man in Europa in einer zivilisierten Welt lebe, in der Worte und Verträge zählen würden. Er skizzierte das Bild vom Dialog und Interessenausgleich, aber auch von der Überzeugung getragen zu sein: "Nie wieder Krieg."



Die Botschaft: "Die Zukunft gehört den Friedensstiftern."
Stattdessen erlebe man Gewalt und Zerstörung in der Ukraine, einem Staat mitten in Europa. "Wir dürfen der Gewalt nicht das letzte Wort überlassen", appellierte Schäfer: "Wir glauben in der Hand eines lebendigen Gottes zu leben, auch die Ukrainerinnen und Ukrainer. Es sei weder ein Gott der Unordnung oder des Chaos' noch der Zerstörung oder Vertreibung: "Gott ist unsere Zukunft, ein Gott des Friedens." Hier knüpfte er an die Worte aus der Lesung an, die Birgit Schäfer vorgetragen hatte und beleuchtete, wem die Zukunft gehört. Das seien diejenigen, die um die Gerechtigkeit verfolgt werden, aber nicht die Ungerechten und Kriegsfürsten. "Gott ist ein Garant für eine Gegenkultur gegen Gewalt, Zerstörung und Vertreibung." Für Schäfer ist die Botschaft ganz klar: "Die Zukunft gehört den Friedensstiftern." Bei der anschließenden Zeit der Besinnung und des Nachdenkens untermalte Organist Franz-Josef Faßbender an der Orgel.

"Der Friede wird mit Füßen getreten."
Klein und Schäfer hatten sich die Gestaltung des ökumenischen Friedensgebetes mit der evangelischen Pfarrerin Sabine Keim aufgeteilt. Keim trug die Fürbitten vor und sagte: "Tränen fließen in Strömen. Der Friede wird mit Füßen getreten." Gemeinsam bitte man um den Schutz für diejenigen, die vom Krieg überfallen wurden, aber auch für Trost für die Verzweifelnden und Trauernden. "Wir sind es nicht alleine, die sich nach Frieden sehnen", sagte Pfarrerin Keim. Abschließend sangen alle "Wie ein Fest nach langer Trauer", von Organist Faßbender an der Orgel begleitet.

Beim Friedensgebet hatte Pfarrerin Keim weitergegeben, dass nun immer sonntags um 15 Uhr auf dem Parkdeck an der Lindenstraße eine Mahnwache gegen den Krieg und für den Frieden abgehalten werden soll. "Und nächste Woche, am Dienstag, 8. März, sehen wir uns in St. Michael zum ökumenischen Friedensgebet wieder", verabschiedete sie die Menschen in der Pfarrkirche, aber zugleich hoffe sie, "dass es nicht so lange notwendig sein wird, für Frieden in der Ukraine zu beten". (tt)


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