Stärken und Schwächen der VG Hamm kamen auf den Tisch
Zu Besuch im Hammer Kulturhaus war Pro AK mit seiner Veranstaltungsreihe "Perspektive 2020 - Einblicke und Ausblicke auf die nächste Dekade", um Stärken und Schwächen der Verbandsgemeinde Hamm zu analysieren. Ein überaus kurzweiliger und stets interessanter Abend, der jedoch eine bessere Zuhörer-Resonanz verdient gehabt hätte.
Hamm. Um Stärken und Schwächen der Verbandsgemeinde ging es im Hammer Kulturhaus bei einer Veranstaltung von Pro AK. Im Mittelpunkt standen die Themenschwerpunkte "Wirtschaft und Kultur". Bei der Vorbereitung, so Pro-AK-Vorsitzender Ulrich Schmalz und Bürgermeister Rainer Buttstedt, habe man sich Gedanken gemacht, ob "Kultur" und "Wirtschaft" bei einer solchen Veranstaltung hamonieren. Zum Ende konnte dann von allen Beteiligten resümierend festgestellt werden, dass auf Grund von zahlreichen und ineinander übergehenden Komponenten Kultur und Wirtschaft zusammen gesehen und betrachtet werden können.
Zentrale Herausforderung in der heutigen Zeit sei vor allem das demografische Problem der Gesellschaft, das in den nächsten Jahren den privaten als auch den öffentlichen Bereich beeinflusse und einen erheblichen Veränderungsbedarf mit sich bringen werde, bekundete Pro-AK-Vorsitzender Ulrich Schmalz. Die Lage sei sicherlich ernst und vor allem reich an Aufgaben. Mit kreativer Kraft und mutigen Ideen lasse sich bestimmt einiges abstellen. Positiv bewertete Schmalz die Erholung am Arbeitsmarkt, "der negative Trend hat an Dramatik verloren." Anstehende Probleme müssten von oben nach unten bis auf die Ebenen der Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden heruntergebrochen werden.
Zu verschiedenen Themen zeigten die Podiumsteilnehmer Bürgermeister Rainer Buttstedt, Roger Kunze und Josef Theis (Geschäftsführer der Firma STA Schaltechnische Anlagen GmbH), Sascha Koschinski (TMD Friction), Bildhauer Arnold Morkramer aus Bruchertseifen sowie der aus Seelbach bei Hamm stammende und jetzt in Hennef wohnende Grafittikünstler Kai "Semor" Niederhausen verschiedene Handlungsmöglichkeiten, Notwendigkeiten und Entwicklungspotenziale aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf.
Bürgermeister Buttstedt gab anhand von Struktur- und Gliederungsdaten einen allgemeinen Überblick über die die Verbandsgemeinde Hamm zur Zeit und in der Zukunft betreffenden Themenschwerpunkte, spannte einen Bogen von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über die einzelhandelsrelevante Kaufkraft bis hin zur Einwohnerentwicklung. Positiv bewertete Buttstedt den hohen Anteil des verarbeitenden Gewerbes in der Verbandsgemeinde Hamm. Negativ sei, dass fünfzig Prozent der Arbeitslosen über keine Berufsausbildung verfügten.
Die Arbeitslosigkeit hae sich nach den beiden Krisenjahren 2009/10 wieder erholt und reduzierte sich von April 2010 von 548 auf 468 Arbeitslose im Februar 2011. Zu kämpfen habe die Verbandsgemeinde Hamm mit hohen Sozialausgaben. Die mit Hamm vergleichbare Verbandsgemeinde Daaden lag bei 129.902 Euro Sozialausgaben im Jahr 2010; die Verbandsgemeinde Hamm musste mit 365.200 Euro fast das Doppelte aufbringen.
Erfreut zeigte sich Buttstedt über gewerbliche Neuansiedlungen im produzierenden Gewerbe in den vergangenen Jahren: Das Gewerbegebiet "Auf’m Rottland" in Hamm bietet keine Flächenreserven mehr, der Industriepark Etzbach ist vollständig vermietet, die Gewerbebrache "Alte Molkerei" konnte vermarktet und einer neuen Nutzung zugeführt werden, für weitere Teilflächen im "Handwerkerpark Roth" gibt es ernsthafte Interessenten, die ehemalige Betriebsstätte "Ronniger" wurde inzwischen veräußert und die Holtkamp-Brache von der Firma STA Schalttechnische Anlagen übernommen.
Stolz könne man über ein ausgeprägtes Wanderwegenetz innerhalb der Verbandsgemeinde Hamm sein. Weitere touristische Angebote beträfen geführte Bergbauwanderungen rund um Marienthal, ein Gewässer- und Naturlehrpfad im Seelbachtal, eine Radstrecke von 42 Kilometer durch herrlich Flusstäler, Nordic-Walking, Deutsches Raiffeisenmuseum mit der Puppenstuben-Ausstellung, Haus der Heimatfreunde, größtes Naturfreibad im Westerwald, Kloster Marienthal und die Seifermühle sowie interkommunal: Westerwaldsteig, Marienwanderweg und Westerwald-Radschleife. In Planung ist der Natursteig "Sieg".
Hinzu komme eine große Palette an kulturellen Angeboten im Hammer Kulturhaus: Kunstausstellungen, "Hamm-Kreativ" und Kunsthandwerk, Kammer-, Klavier- und Jazzkonzerte, Liederabende, Musicals, Fotoausstellungen, Filmvorführungen über das Leben und Wirken von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, Theateraufführungen und Kabaretts.
Zudem stimme das Angebot im Bereich der Kindertagesstätten und der Schulen. Nachholbedarf bestehe, wie auch in anderen Regionen, im Breitbandausbau. "Schnelles Internet ist für den ländlichen Raum ein überlebenswichtiger Faktor", betonte Buttstedt. Zusammen mit dem Landkreis Altenkirchen würden zur Zeit Lösungsmöglichkeiten geprüft.
Einblicke in ihre Firmen und damit verbundene Perspektiven für die nächsten Jahre gaben die beiden Geschäftsführer Roger Kunze und Josef Theis von der Firma STA Schaltechnische Anlagen sowie Sascha Koschinski für die TMD Friction. Beide Firmen sind weltweit tätig. Übereinstimmend wurde dargelegt, dass der Fachkräftemangel in der Region immer wieder zu Problemen führe. Dieser Mangel sei teilweise größer, als die schlechte Anbindung zum überregionalen Straßennetz.
Die Belegschaft der STA besteht fast zu 80 Prozent aus Mitarbeitern, die ihren Wohnsitz in der Verbandsgemeinde Hamm haben. "Die Mitarbeiter aus der Verbandsgemeinde Hamm", so Theis und Kunze, "sind unser Kapital."“ Man fühle sich mit dem Standort wohl in Hamm.
Koschinski ging in seinen Ausführungen auf die Entwicklung des TMD-Standortes, hervorgegangen aus der Textar, in Hamm ein. In diesem Jahr blickt man auf das 50-jährige Bestehen am Standort Hamm zurück. Bei Fortbestand der derzeitigen wirtschaftlichen Lage und Vorgaben könne man sich weitere Investitionen am Standort vorstellen. Einen hohen Stellenwert hat in beiden Firmen die Ausbildung von jungen Kräften, um für die Zukunft vorzusorgen.
Dass aus dem kulturellen Bereich auch Impulse in die Wirtschaft fließen, dokumentierten Bildhauer Morkramer und Grafittikünstler "Semor" nachhaltig in ihren Stellungnahmen. Wer Kultur in der Region fördere, so Morkramer, erzeuge in verschiedenen Bereichen eine Sogwirkung. Dabei müsse Kultur als ein Ganzes betrachtet werden. Niederhausen bezeichnete Kultur als einen wichtigen Ausgleich zum alltäglichen Arbeitsleben und als eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Grafitti sei nicht "Züge besprühen", sondern Kunst einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Pro-AK-Vorsitzender Schmalz verstand es vortrefflich, die Zuhörer mit in die Dialoge einzubeziehen, um damit weitere Anregungen sowie teilweise auch persönliche Meinungsbildungen zu erhalten. Diskutiert wurde dabei auch der Vorschlag, die "kulturelle Einbahnstraße" in Richtung der Ballungsräume einzudämmen und zu versuchen, mit verschiedenen Modellen den ländlichen Raum für städtische Kulturinteressierte schmackhaft zu machen. Weiter angeführt wurde, dass Kultur sicherlich mit dazu beitragen könnte, Fachkräfte in der Region zu halten.
Vorgeschlagen wurde, seitens der Verbandsgemeinde Hamm in Zusammenarbeit mit den Firmen einen Kultur-Fond anzulegen. Bürgermeister Buttstedt kündigte an, entsprechende Überlegungen in die Wege zu leiten. (rö)
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