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Nachricht vom 08.04.2011    

Den späteren Beruf frühzeitig in den Blickpunkt rücken

Wie kann der Übergang von der Schule ins Berufsleben verbessert werden? Darüber diskutierten nun Vertreter von Behörden und Unternehmen, Lehrer und Eltern in der Kreisverwaltung Altenkirchen. Dabei wurde deutlich, dass die bestehenden Angebote für Schüler noch nicht ausreichen.

Reinhold Krämer, Schulleiter BBS Wissen, sprach sich wie viele Teilnehmer der Veranstaltung für eine frühzeitige Berufsorientierung aus. Fotos: Thorben Burbach

Altenkirchen. Auf Einladung der IHK-Geschäftsstelle Altenkirchen, der HWK Koblenz, der Arbeitsagentur Neuwied, des Arbeitskreises Schule/Wirtschaft, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) im Kreis Altenkirchen und der Brancheninitiative Metall (BIM) diskutierten Firmenvertreter, Lehrer und Eltern in der Kreisverwaltung Altenkirchen über Chancen und Probleme beim Übergang von der Schule ins Berufsleben. Denn trotz unterschiedlicher Angebote für Schulabgänger gibt es in diesem Bereich weiterhin Defizite, denen man entgegenwirken will. "Es ist unser Anliegen, den Übergang von der Schule in den Beruf nachhaltig zu verbessern", betonte WFG-Geschäftsführer Berno Neuhoff. Im Anschluss an diese Auftaktveranstaltung sollen nun unter der Leitung des Arbeitskreises Schule/Wirtschaft konkrete Lösungen erarbeitet werden.

Firmenvertreter fordern bessere Abstimmung zwischen Schulen

Dass der Übergang von der allgemeinbildenden Schule auf die Berufsschule verbessert werden muss, stand für die anwesenden Firmenvertreter außer Frage. "Wir können nicht mehr leisten", klagte Thomas Imhäuser, Geschäftsführer der AMS GmbH in Elkenroth, der seinen Auszubildenden verschiedene Hilfestellungen anbietet, zum Beispiel eine Prüfungsvorbereitung im Betrieb. Das mittelständische Unternehmen sei auf gute Facharbeiter angewiesen, die dem Haus treu bleiben, so Imhäuser. Doch nicht selten scheinen Schulabgänger eine berufliche Ausbildung mit mangelnden Vorkenntnissen zu beginnen. Auch Michael Weller von der Firma Wezek GmbH in Steinebach kritisierte die Bildungsmängel junger Auszubildender. Auffällig seien vor allem die "großen Defizite in Mathematik, Algebra und Flächenberechnung", sagte Weller. Zudem sei zu beobachten, dass die Azubis oft nicht in der Lage seien, ihr schulisches Wissen im Beruf anzuwenden. Für die Firma Wezek, die bis zu zehn Auszubildende aufnimmt, sei der zusätzliche Werksunterricht mit hohen Kosten verbunden. Damit Schulabgänger eine ausreichende Wissensgrundlage für ihre berufliche Ausbildung mitbringen, forderten die Unternehmer daher eine bessere Abstimmung zwischen allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen.

Dass viele Unternehmen mit der Situation unzufrieden sind, bestätigte auch Dr. Sabine Dyas, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Altenkirchen. Sie verwies auf die Angebote der IHK, die noch stärker nachgefragt werden könnten. So richtet sich das Angebot "Fit in die Lehre" an Jugendliche in der Bewerbungsphase, die in 20 bis 30 Unterrichtsstunden "elementare Defizite" in den Kernfächern aufarbeiten können. Daneben gibt es den IHK-Schülertest als kostenloses Angebot für allgemeinbildende Schulen im Kreis Altenkirchen. Auch die Handwerkskammer Koblenz (HWK) unterstützt durch zahlreiche Angebote, angefangen von Schulführungen in Koblenz bis zur Unterstützung bei der Bewerbung, Azubis beim Berufseinstieg. Ziel der HWK sei es, den Betrieben qualifiziertes Personal zuzuführen, sagte Thomas Leiner. So sei es wichtig, den Jugendlichen das Bewusstsein zu öffnen, dass sie sich für einen Beruf entscheiden, der ihnen liege und sie nicht überfordere. Momentan geht die Zahl der Ausbildungsverträge zurück, obwohl es mehr freie Stellen gebe, merkte Leiner an. Im Kreis Altenkirchen sind 950 Ausbildungsstellen in 55 Berufen registriert. Nach dem Stand vom Februar 2011 wurden 784 Ausbildungsverträge abgeschlossen.



Mehr Berufspraxis während der Schulzeit

Ralf Giel von der Agentur für Arbeit in Neuwied verwies auf die spezifischen Erwartungen der Wirtschaft, die für die Herstellung ihrer Produkte qualifizierte Fachkräfte benötige. Zugleich müssten Betriebe auch bereit sein, schwächere Bewerber einzustellen, forderte Giel und nannte die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH). Auf diese Weise können förderungsbedürftige Jugendliche bis zum Ausbildungsabschluss durch so genannte Berufseinstiegsbegleiter unterstützt werden. Denn wer erst einmal einen Lehrvertrag ergattert habe, der werde in der Regel seine Ausbildung auch erfolgreich abschließen. Die Erfolgsquote liege bei über 95 Prozent, hieß es.

Doch wie kann der Übergang in den Beruf insgesamt reibungsloser gestaltet werden? Während Giel für eine stärkere Individualisierung von Unterricht und Förderung warb, sprach sich Reinhold Krämer, Schulleiter der BBS Wissen, für eine möglichst frühe Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen aus. Zudem gelte es, die Maßnahmen an den einzelnen Schulen besser zu koordinieren. Eine frühe Berufsorientierung fand auch in der Diskussion einen breiten Konsens, denn so könne man Schüler und Eltern sensibilisieren und motivieren. Eine Möglichkeit wurde darin gesehen, durch Elternabende an Schüler und Eltern heranzutreten und so für Transparenz zu sorgen. Je höher das Schuljahr, desto schwieriger sei es jedoch, Kontakt mit den Eltern zu knüpfen, lenkte Wilfried Rausch, Schulleiter der Realschule Altenkirchen, ein. Und auch Harald Weber, Elternsprecher an der IGS Hamm, verwies auf die geringe Resonanz bei Elternabenden. Er unterbreitete den Vorschlag, bereits ab Klasse 7 den Schülern Einblicke in das Berufsleben zu eröffnen. So machte sich Rausch für Präventionsmaßnahmen und das Ganzjahrespraktikum stark. Für Katharina Aulmann, Job-Fux an der Realschule plus in Gebhardshain und Wissen, war die Sache jedenfalls klar. Mit noch mehr Informationsangeboten helfe man den Schülern nicht weiter, man müsse ihnen möglichst viele Einblicke in die Berufspraxis verschaffen.

Demographischer Wandel lässt Zahl der Auszubildenden sinken

WFG-Geschäftsführer Berno Neuhoff erläuterte einführend den Begriff der Ausbildungsreife und die Rahmenbedingungen für die Unternehmen im Kreis Altenkirchen. Von knapp 140.000 Einwohnern im Jahre 2006 wird die Bevölkerung im Landkreis Altenkirchen auf rund 100.000 Einwohner im Jahre 2050 zurückgehen. Bereits im Jahre 2040 wird es als Folge des demographischen Wandels ein Drittel weniger Auszubildende geben. Währenddessen ist die Ausbildungsreife von Schülern ständigen Veränderungen unterworfen, wie Neuhoff anhand von Studien aufzeigte. Während Schüler heutzutage bessere Grundkenntnisse im IT-Bereich oder in der englischen Sprache aufweisen können, haben sich die Beherrschung der deutschen Rechtschreibung, die schriftliche Ausdrucksfähigkeit oder einfaches Kopfrechnen verschlechtert. (Thorben Burbach)


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