Absurde Geschichten eines großen Erzählers
Mit seinem unverkennbaren Erzählstil fesselte der Kabarettist Horst Evers die Zuhörer im Kulturwerk Wissen. "Großer Bahnhof" heißt sein Programm, das keinesfalls wörtlich zu verstehen ist. Stattdessen geht es um die Absurditäten des Lebens, die amüsanter nicht hätten erzählt werden können.
Wissen. Mit seinem vierten Soloprogramm "Großer Bahnhof" fühlte sich der Kabarettist Horst Evers im Wissener Kulturwerk an der richtigen Adresse. Der Name seines aktuellen Programmes passe ja perfekt zur Stadt Wissen, man werbe doch damit, dass der Bahnhof größer sei wie der Ort selbst, fragte er mit einem Schmunzeln in die Runde. Doch Evers geht es vielmehr um die Redewendung, jemandem einen großen Bahnhof bereiten, jemanden wohlwollend empfangen. Geschickt nimmt sich der Wahlberliner der grundlegenden Fragen im Leben an, und so geht es vor allem darum, wohin das Leben führt, wie man dort wohl empfangen wird und den ewigen, inneren Konflikt, was man überhaupt will oder doch besser bleiben lässt.
Es sind äußerst absurde Geschichten, mit denen Evers sein Publikum konfrontiert. Obwohl er sich schnell in Rage redet, wirkt jedes Wort wohl überlegt, und so steuern seine Erzählungen stets zielstrebig auf die nächste Pointe zu. Dabei lässt er nicht unerwähnt, dass man es doch oft selbst in der Hand habe, sich einen grandiosen Empfang zu bereiten. Zum Beispiel mit einer herrlich duftenden Tasse Kaffee, die man von unterwegs programmiert hat und zu hause auf einen wartet. Dies koste zwar zwei Minuten Lebenszeit, mache aber einen Riesenspaß, so sein Tipp. Ein Ärgernis sei hingegen, dass auch der Hund aus der Nachbarschaft auf den Namen Horst höre und er sich den Ausruf "so ein böser Horst" gefallen lassen müsse, wenn der Vierbeiner mal wieder ins Treppenhaus gemacht habe. Das Leben steckt voller Überraschungen und Kuriositäten, das schwang bei Evers aberwitzigen Dialogen immer mit. Dazu passte sein raffinierter Vorschlag, Regalsystemlösungen einfach per Post um die Welt zu schicken, um das Aufbauen möglichst lange hinauszögern. Und Platz in der Wohnung schaffe das auch.
Besonders angetan hat es ihm der neue Mieter von nebenan, der im Innenhof durch "analoges Klassik-Twittern" lauthals auf sich aufmerksam mache. Die Folge sei jedoch die gleiche wie im Internet: "Der Innenhof vergisst niemals." Ob facebook oder Twitter, es sei auf jeden Fall praktisch, so der Kabarettist, dass man das digitale Zeitalter von Anfang an mitbekommen habe. Und doch fragte er geradezu philosophisch: Leben wir eigentlich in der richtigen Zeit? Bekannte hätten jedenfalls behauptet, sie würden besser ins Mittelalter passen. Ein wahrlich komischer Gedanke, bevor sich wieder alles um das Willkommen heißen drehte. Die Ankunft an einer "Bedarfshaltestelle" im Odenwald, den Frühling, die Ernüchterung am Geburtstag, wenn Freunde einen mit unmissverständlichen Geschenken im neuen Lebensabschnitt willkommen heißen, die Ankunft im Jenseits. Wie man dort empfangen werde, dass wisse er natürlich auch nicht. Das Wichtigste sei ohnehin, sich selbst im Leben willkommen zu heißen, sich so zu akzeptieren wie man ist. Eine tiefgründige Botschaft inmitten absurder Geschichten, die das Leben ohne Zweifel schreibt. (Thorben Burbach)