Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen Straftäter aus Betzdorf teils auf
Von Wolfgang Rabsch
Dieser Prozess beim Landgericht hatte in und um Betzdorf im Sommer 2021 für großes Aufsehen gesorgt. Der Angeklagte war damals zu insgesamt zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Doch nun hat der Bundesgerichtshof das Urteil teilweise aufgehoben.
Region. Der AK- Kurier hatte mehrfach, und ausführlich, über einen Prozess beim Landgericht Koblenz berichtet, der im Sommer 2021 in der Region um Betzdorf für großes Aufsehen sorgte. Dem zum Zeitpunkt der Verhandlung im Juni 2021 wurden dem 37-jährigen afghanischen Staatsangehörigen seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz massive Vergehen und Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) vorgeworfen. (Der AK Kurier berichtete hier.)
Das Landgericht Koblenz verurteilte den Angeklagten wegen des Verkaufs von Drogen an Minderjährige, Freiheitsberaubung und Geiselnahme, gefährlicher Körperverletzung, sexueller Nötigung, versuchter Vergewaltigung und gewerbsmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln zu insgesamt zehn Jahre Haft. Die damalige Urteilsbegründung lautete wie folgt:
"Der Angeklagte wird wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung, sowie Geiselnahme, unter Einbeziehung des Urteils des LG Gießen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wobei 2 Monate von dieser Strafe wegen überlanger Verfahrensdauer als verbüßt gelten. Daneben wurde eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt, wegen sexueller Nötigung, Verkauf von BTM an Minderjährige in zehn Fällen und wegen gewerbsmäßigem Handel mit BTM. Mithin hat der Angeklagte insgesamt zehn Jahre zu verbüßen, wobei die erlittene U-Haft von bereits 19 Monaten angerechnet wird."
Gegen diese Entscheidung legten die Anwälte des Angeklagten Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Kürzlich gab der BGH durch Beschluss seine Entscheidung bekannt: Der Vorwurf der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zehn Fällen wird nach Ansicht des BGH nicht als gewerbsmäßiges Handeltreiben gesehen, der Ausdruck gewerbsmäßig hat in der Urteilsformel zu entfallen.
Des Weiteren wird der Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben, jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wurde verworfen.
Im Hinblick auf die Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen des Hauptvorwurfs der Geiselnahme rügt der BGH, dass die Strafkammer nicht berücksichtigt hat, dass durch die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Vorverurteilung zur Bildung von zwei Gesamtstrafen, die Strafkammer einen möglicherweise für den Angeklagten sich ergebenden Nachteil infolge einer zu hohen Gesamtstrafenbildung auszugleichen hat.
Im Gespräch mit dem AK-Kurier erklärte Seyed Iranbomy – einer der Anwälte, die den Angeklagten vertreten – dass die Belehrung der Ehefrau des Angeklagten durch die Kammer bezüglich ihres Aussageverweigerungsrechts von der Zeugin nicht richtig verstanden wurde. Im Nachhinein würde sie ihre Aussage widerrufen, da es bei der Belehrung zu Kommunikationsschwierigkeiten gekommen sei – und sie auf keinen Fall gewollt hätte, dass ihr Mann wegen der ihm gemachten Vorwürfe bestraft werden solle. Rechtsanwalt Iranbomy gab auch zu bedenken, dass anfangs bei der Kammer eine tatsächliche Verständigung im Raum stand für den Fall eines glaubwürdigen Geständnisses: mit einer Freiheitsstrafe zwischen fünf Jahren und sechs Jahren. Der Angeklagte stimmte jedoch einer tatsächlichen Verständigung nicht zu.
Der AK-Kurier wird von der erneuten Verhandlung vor dem Landgericht Koblenz berichten.
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