Der Arbeitsmarkt hat sich weiter von der Krise erholt
Weniger Menschen auf Jobsuche, mehr offene Stellen und ein relativ ausgewogener Ausbildungsmarkt: Die Arbeitslosigkeit zwischen Rhein und Sieg ging auch im April deutlich zurück. Besonders der Vergleich mit den Vorjahreswerten signalisiert, dass die Wirtschaftskrise und ihre Folgen nun auch im Bezirk der Agentur für Arbeit Neuwied weitgehend überwunden sind. Im Kreis Altenkirchen liegt die aktuelle Arbeitslosenquote bei 5,6 Prozent - im April des Vorjahres waren es noch 6,7 Prozent. Auch auf dem Ausbildungsmarkt ist eine positive Entwicklung zu beobachten.
Altenkirchen/Neuwied. Wenn Ulrike Mohrs, der Leiterin der Neuwieder Arbeitsagentur, in diesen Tagen die aktuellen Statistiken auf den Tisch flattern, erhellt sich ihr Gesicht. Zu gut kann sie sich an das vergangene Jahr erinnern, als "ihre" Landkreise Neuwied und Altenkirchen noch in der tiefsten Krise steckten, während es in der näheren und weiteren Nachbarschaft längst wieder bergauf ging. Damals blieb die Arbeitsmarktexpertin zuversichtlich: Aufgrund des Branchenbildes in der Region war man besonders tief abgestürzt, aber man würde auch intensiv vom Aufschwung profitieren. "Und jetzt ist es so weit", freut sich Mohrs, die schon seit einigen Monaten wieder gute Nachrichten verkünden kann. 9355 Arbeitslose zählten die Statistiker Ende April im Bezirk - 313 weniger als im März und 1555 weniger als vor einem Jahr. Innerhalb von 12 Monaten ist die Arbeitslosigkeit damit um fast 15 Prozent gesunken. Die Arbeitslosenquote reduziert sich um 0,2 auf 5,8 Prozent. Im April 2010 lag sie bei 6,8 Prozent. Und diesmal profitieren auch die Langzeitarbeitslosen aus dem Rechtskreis des Sozialgesetzbuches (SGB) II - also die so genannten Hartz IV-Empfänger - von der günstigen Entwicklung. Innerhalb von vier Wochen sank ihre Zahl um 107 auf nun 6114; vor einem Jahr lag sie sogar um 691 höher. Deutlicher zeichnet sich die Entspannung allerdings im Rechtskreis des SGB III ab, also bei jenen, die meist unter einem Jahr arbeitslos sind. Ihre Zahl liegt derzeit bei 3241; vor vier Wochen gab es hier noch 206 und vor einem Jahr sogar 864 Arbeitslose mehr.
Von der günstigen Entwicklung profitieren beide zum Bezirk gehörenden Landkreise, auch wenn Altenkirchen die Nase nach wie vor leicht vorn hat. Allerdings waren die Westerwälder seinerzeit auch deutlich tiefer in die Krise gerutscht. Um 179 auf nun 3856 ging die Zahl der Arbeitslosen in den letzten vier Wochen hier zurück. Im Jahresvergleich weist die Statistik sogar 840 Arbeitslose weniger aus. Die Quote sinkt auf 5,6 Prozent. Im März lag sie bei 5,8 und im April 2010 bei 6,7 Prozent. Im Landkreis Neuwied werden derzeit 5499 Arbeitslose gezählt - 134 weniger als im März und 715 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote liegt bei 5,9 Prozent - nach 6,0 im Vormonat und 6,6 Prozent im Vorjahr.
Die Stabilisierung des Arbeitsmarktes lässt sich aber nicht allein an der sinkenden Zahl der Arbeitslosen ablesen, sondern auch an der steigenden Zahl gemeldeter Stellen. 800 kamen allein im April neu hinzu - 311 aus dem Landkreis Altenkirchen, 489 aus dem Kreis Neuwied. Da im gleichen Zeitraum 573 Stellen besetzt werden konnten, hat die Arbeitsagentur derzeit 1392 offene Stellen im Bestand - 904 davon aus dem Landkreis Neuwied, 488 aus Altenkirchen. Vor einem Jahr wies die Statistik in dieser Rubrik für den gesamten Bezirk gerade mal 485 Stellen aus.
Erfreulich entwickelt sich nach Ansicht von Mohrs auch der Ausbildungsmarkt in der Region. Vermeldete die Agentur vor einem Jahr noch 1090 unversorgte Bewerber, denen gerade mal 453 offene Lehrstellen gegenüberstanden, gleichen sich Angebot und Nachfrage in diesem Jahr deutlich an. So sind bei den Berufsberatern derzeit noch 972 Jugendliche gemeldet, die eine Lehrstelle suchen. Gleichzeitig liegen noch 756 offene Ausbildungsplatzangebote vor. Dass die Lücke zwar deutlich kleiner geworden ist, aber nach wie vor existiert, beunruhigt die Agenturchefin nicht. "Wir wissen aus Erfahrung, dass viele der Jugendlichen, die heute noch auf unserer Liste stehen, am Ende doch lieber weiter zur Schule gehen wollen oder längst eine Lehrstelle gefunden und nur vergessen haben, uns Bescheid zu geben." Dieser "Schwund" sei bei den gemeldeten Ausbildungsplätzen hingegen kaum zu erwarten. "Wir nähern uns eindeutig dem Punkt, an dem es für Arbeitgeber schwieriger ist, den Nachwuchs zu finden, den sie sich wünschen, als für gut qualifizierte Jugendliche, eine attraktive Ausbildungsstelle. Und das wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr ändern, sondern sogar noch deutlich verschärfen." Betrieben rät Mohrs deshalb, möglichst frühzeitig den Nachwuchs auszubilden, den sie in der Zukunft brauchen werden.
Aber auch für Jugendliche gibt sie keine vollständige Entwarnung. "Wer einen passablen Schulabschluss mitbringt und motiviert ist, der wird alle Chancen auf einen gelungenen Einstieg ins Berufsleben haben. Wer das nicht vorweisen kann, wird es aber auch in Zukunft schwer haben. Denn in der modernen, hochtechnisierten Arbeitswelt gibt es für gering qualifizierte Menschen kaum noch einen Platz. Wer nicht von vornherein zu den Verlieren gehören will, sollte sich also bereits in der Schule anstrengen."
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