Näckel: "Prekäre Arbeit" Geißel der Arbeitnehmer
Auch in diesem Jahr fand wieder ein "1.-Mai-Gespräch" in der Wilhelm-Fischbach-Hütte in Daaden statt. In diesem Jahr war der Referent der DGB-Kreisvorsitzende Frank Näckel.
Daaden. Es ist seit vielen Jahren gute Tradition, dass Bürgermeister Wolfgang Schneider zum ersten Mai, dem Tag der Arbeit, die Betriebsräte aller Unternehmen der Verbandsgemeinde zu einem "1.-Mai-Gespräch" an die Wilhelm-Fischbach-Hütte“ einlädt. In den vergangenen Jahren hat sich der Modus eines inhaltlichen und eines geselligen Teiles dieser Veranstaltung gut eingespielt. Vertreter aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der IHK oder der Agentur für Arbeit wechselten sich als Referenten ab. Für die diesjährige Veranstaltung konnte der DGB-Kreisvorsitzende Frank Näckel als Referent gewonnen werden. Bürgermeister Schneider begrüßte die etwas mehr als 20 Gäste und zeigte sich erfreut, dass die Region um Betzdorf derzeit die niedrigste Arbeitslosenquote im Gesamten Gebiet der Arbeitsagentur Neuwied aufweise (5 Prozent) und Daaden im Besonderen eine noch niedrigere Quote zu verzeichnen habe.
Näckel hingegen erklärte seinen Zuhörern, dass ihn persönlich Arbeitsmarktzahlen als solche kaum noch interessieren. Die Statistiken drückten nicht wirklich die Situation auf dem Markt und in den Betrieben aus. Die Beschäftigten der Bundesanstalt für Arbeit hätten die klare Vorgabe, die Zahlen gering zu halten. Dabei tauchten in den Statistiken all jene Menschen, die sich in irgendwelchen Maßnahmen befinden, aber trotzdem arbeitslos seien, nicht auf. Zudem gebe es noch einen Teil von Leuten, die überhaupt nicht registriert seien. Näckel ist überzeugt, dass in der Bundesrepublik eigentlich 5 Millionen Menschen arbeitslos sind. Von den Beschäftigten befänden sich ein Großteil der Leute in für ihn "prekärer Arbeit". Diese bezeichnete Näckel als Geißel der Arbeitnehmer und zählte dazu die Niedriglöhne, die befristeten Arbeitsverträge und die Leiharbeit. Derzeit arbeiteten 6 Millionen Menschen für weniger als 6 Euro Stundenlohn, zwei Millionen Menschen sogar für weniger als 4 Euro. Die Gründe dafür seien Tarifflucht der Arbeitgeber, das Austreten aus Arbeitgeberverbänden, das Unterlaufen von Verträgen und das so genannte "Outsorsing", dem Entlassen von Mitarbeitern, um sie anschließend für geringere Löhne wieder einzustellen. Diesbezüglich nannte Näckel die Belegschaft der Firma Schäfer-Shop, die gezeigt habe, dass man gemeinsam die Möglichkeit habe, derlei Praktiken etwas entgegen zu halten. Näckel sieht einen Mindestlohn für alle Branchen als notwendig an. Bezüglich befristeter Arbeitsverträge erklärte er, dass derzeit jeder zweite Arbeitsvertrag befristet sei, bei jungen Leuten nach der Ausbildung erhalte sogar nur jeder fünfte einen unbefristeten Arbeitsvertrag. So könne man weder eine Lebens- noch eine Familienplanung aufstellen.
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Als zynisch bezeichnete Näckel die Leute, die dann von mehr Freiheit und Unabhängigkeit für die jungen Menschen sprächen. Eine deutliche Sprache sprächen auch die Zahlen, die die Situation der Leiharbeiter im Land wiedergeben. Vor der Krise sind 800.000 Leiharbeiter beschäftigt gewesen. Davon hat man in der Krise dann 300.000 entlassen. Aktuell sind sogar 1 Million Menschen in Leiharbeit beschäftigt. Problem sei, dass das Instrument der Leiharbeit nicht mehr dazu diene Spitzen in den Unternehmen abzufangen, sondern zum alltäglichen Geschäft geworden wäre. „Das ist klarer Missbrauch und grenzt an Menschenhandel“, so Näckel. Hier habe noch die rot-grüne Regierung den entscheidenden Fehler gemacht. Eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes müsse erfolgen. Im Anschluss an die Ausführungen Näckels diskutierten die Anwesenden noch mit dem DGB-Kreisvorsitzenden über verschiedene Themen, später stärkten sich alle mit deftigem vom Grill und kühlen Getränken. (anna)
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