Chor aus Westerwald freut sich über Platz drei beim Deutschen Chorfest in Leipzig
Es sind Momente, die niemand, der sie miterlebt hat, so schnell vergessen wird. Sind die Ziele fürs Abschneiden beim Deutschen Chorfest in Leipzig nicht allzu hoch gesteckt, wird der Chor Divertimento mit Platz drei doch eines viel, viel Besseren belehrt.
Altenkirchen. "Immer noch unfassbar", sagt Michael Sauerwald im Brustton der Überzeugung und schüttelt (zum wievielten Mal überhaupt?) wieder den Kopf. Er ist auch Tage später immer noch geflasht, was der Chor Divertimento beim Deutschen Chorfest erreicht hat: Mit dem geteilten dritten Platz in der Kategorie Jazz-Pop (Stufe 2) unter 20 teilnehmenden Formationen gelingt ein Resultat, das Sauerwald als Dirigent und die 25-köpfige Gruppe beileibe nicht erwartet haben. "Es ist einer der größten Erfolge", ergänzt der 51-Jährige. Mit 14,5 Punkt und dem Prädikat "Mit hervorragendem Erfolg" lag Divertimento, vor 20 Jahren in Bruchertseifen gegründet, gleichauf mit "Home" (Hamburg) und nur überflügelt vom Musikwerk Stuttgart (15,0 Punkte) und von "Junge Kantorei" (Bad Soden/14,8 Punkte). "Der Preis ist im Grunde genommen Nebensache, viel wichtiger ist für mich die Anerkennung durch die hochkarätige Jury", fügt Sauerwald an, der sich dennoch gemeinsam mit seiner "Mannschaft" freut, aus den Händen von Christian Wulff, dem ehemaligen Bundespräsidenten und aktuellem Vorsitzenden des Deutschen Chorverbandes, auf dem Marktplatz in Leipzig die anerkennende Urkunde erhalten zu haben. Wie sich Platzierungen "auf dem Treppchen" anfühlen, ist für Sauerwald keine neue Erfahrung. Bereits 2008 hat das Ensemble in Bremen bei dem alle vier Jahre stattfindenden Chorfest den Sieg in der Sparte Jazz-Pop errungen.
Titel waren ein "Glücksgriff"
Mit "Vindo" (Gruppe Cosmos), "Run to you" (Pentatonix), "Everglow" (Coldplay) und "Das zweite Gesicht" (Peter Fox) hat Sauerwald Titel und Arrangements ausgesucht, die Divertimento auf den Leib geschneidert sind, die "ein Glücksgriff" seien. "Ihr habt annähernd 100 Prozent gebracht von dem, wozu ihr in der Lage seid", richtet er unmittelbar nach dem Auftritt das dicke Lob an seine Sänger und stellt fest, dass Nervosität keine Rolle gespielt habe. "So eine Lockerheit, eine Freude und Entspanntheit auf der Bühne", ordnet Sauerwald den Wettbewerbsbeitrag ein. Die Zuschauer hätten im Stehen Beifall gespendet, andere Chorleiter hätten anerkennende Worte gezollt: "Wie gut kann ein Laienchor nur sein!?" Sauerwald spricht von Momenten, "die hängen bleiben", und bezieht diese Aussage auch auf die Bekanntgabe der Ergebnisse zum Abschluss des viertägigen Treffens mit knapp 10.000 Teilnehmern. "Volles Adrenalin, da ist alles wie in einem Film abgelaufen", erinnert er sich an dem Moment, als die Resultate der zwei Jazz-Pop-Einteilungen (die erste eher für die 17 gemeldeten Profi-, die zweite mehr für die 20 gemeldeten Laienchöre) als allerletzte verkündet werden, der Jubel alsbald seinen Lauf nimmt und so die Weichen für die dank zahlreicher Staus zunächst nicht absehbare zehn Stunden währende Rückfahrt stellt, die sich nach einem "Sacken lassen" des Erlebten zu einer in diesem Ausmaß nicht geplanten Fete im Bus steigert.
Niveau extrem angestiegen
Mit ein wenig Abstand ist sich Sauerwald inzwischen sicher, dass "das Niveau gegenüber 2008 extrem zugelegt hat". Damals hätten 23,6 von 25 Punkten Platz eins bedeutet. Durch eine Änderung des Wertungssystems sei die geringere Punktzahl nunmehr zu erklären. In einer Nacharbeitung wird Sauerwald in nächster Zeit von einem der Juroren via weltweitem Netz erfahren, an welchen Stellen es noch gelte, die Performance des Chors zu verbessern. Als Grundlage für die Bewertung dienen verschiedene Faktoren wie Klang oder Dynamik, aus deren Bewertungen die Durchschnittsnote gebildet werde. Dabei hat sich Divertimento gar nicht speziell für den Auftritt in Leipzig vorbereitet. "Wir haben geprobt wie immer. Nur eine Sonderprobe ist dazu gekommen", erläutert Sauerwald, auch hätten Corona-Erkrankungen dafür gesorgt, dass die Formation nicht immer zahlenmäßig vollständig hätte üben können. Schon vor Ort hätte sie sich bei weiteren Konzerten (nicht wertungsrelevant) im wahrsten Sinne des Wortes eingestimmt, als eine "Einheit" präsentiert. "Die Energie war zu spüren", erinnert er sich.
Noch einmal auf Platz drei
Einen weiteren dritten Platz heimst Divertimento beim Wettbewerb "Best Virtual Choir 2021" auf Landesebene ein. Sauerwald schneidet den Song "World on our Shoulders" (Resolution Song) von der schwedischen Band The Real Group, den alle seine Teammitglieder einzeln eingesungen haben, zu einem Video zusammen, das auf den Klimawandel angesichts absterbender Fichtenwälder in der Region aufmerksam macht. Daraus entwickelt sich die Idee, ein Aufforstungsprojekt gemeinsam mit dem Forstamt Altenkirchen ins Leben zu rufen. Vor allem dank Spenden kommen rund 2000 Euro zusammen, mit denen rund 300 neue Bäume im "Chor-Divertimento-Wald" in der Nähe von Fluterschen gepflanzt werden. Dieses Engagement führt wiederum zum Titel "Chor des Jahres 2021", wie die Jury des "SILA Award" Mitte Mai befindet. Der "SILA Award" zeichnet Chöre/Chorvereine, Personen und Institutionen aus, die sich um die Chorkultur in Rheinland-Pfalz engagiert und verdient gemacht haben. Verbunden damit sind ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro sowie die Nominierung für den Deutschen Engagementspreis.
Im Jahr 2002 gegründet
Der Chor Divertimento ist laut eigener Homepage eine im Jahr 2002 im Bruchertseifener Wohnzimmer von Sauerwald gegründete Formation von Sängerinnen und Sängern aus dem nördlichen Westerwald (Raum Hamm/Altenkirchen/Hachenburg/Flammersfeld/Neuwied), so dass sie ihr 20-jähriges Bestehen mit einem Konzert am Sonntag, 9. Oktober, 17 Uhr, in der Altenkirchener Christuskirche feiern kann. "Er umfasst derzeit 30 Mitglieder. Nomen est omen: Das Wort 'Divertimento' stammt ursprünglich aus dem Italienischen und bedeutet wörtlich übersetzt Vergnügen, Unterhaltung und Spaß. Im musikalischen Sinne ist ein Divertimento eine Suitenform der Klassik in kleiner Besetzung. Die Namensgebung bringt somit das Konzept und die Ziele des noch jungen Chores in prägnanter Weise zum Ausdruck – Spaß haben und Freude bereiten mit modernem, abwechslungsreichem Chorgesang mit passender Choreographie in einem zahlenmäßig bewusst überschaubar gehaltenen Ensemble", erklärt die Internetpräsenz weiter, "musikalisch ist der Chor in die modernen Stilrichtungen Vocal-Pop, Jazz, Rock und Gospel orientiert. Kurz gesagt: Chormusik, die Spaß macht – Sängerinnen und Sängern wie dem Publikum gleichermaßen." Einmal im Jahr trifft sich das gesamte Ensemble zu einem Probenwochenende in der Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz in Neuwied-Engers. Der Chor nimmt regelmäßig an Chorfestivals und Chorwettbewerben teil. (vh)
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