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Nachricht vom 02.06.2022    

Freispruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Betzdorf

Von Wolfgang Rabsch

Die Staatsanwaltschaft Koblenz legte dem 36-jährigen Angeklagten zur Last, im Januar eine Frau zu Boden geschubst zu haben und zur Herausgabe ihres Mobiltelefons aufgefordert zu haben. Vor der Strafkammer des Landgerichts Koblenz prallten nun zwei total unterschiedliche Meinungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung aufeinander.

Symbolfoto: Archiv/wr

Region. Während die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten forderte, plädierte die Verteidigung auf Freispruch. Dazwischen liegen bekanntlich Welten. Unter dieser Prämisse musste die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Annegret Werner einen gerechten Urteilsspruch finden.

Was wurde dem Angeklagten vorgeworfen?
Die Staatsanwaltschaft Koblenz legt dem 36jährigen Angeklagten zur Last, am 10. Januar gegen 7.35 Uhr die ihm unbekannte Zeugin zu Boden geschubst zu haben und zur Herausgabe ihres Mobiltelefons aufgefordert zu haben. Aus Angst vor dem mit einem Messer bewaffneten Angeklagten soll die Zeugin dieses sodann herausgegeben haben. Der Angeklagte soll die Zeugin auch nach ihrer Geldbörse gefragt haben. Da die Zeugin kein Portemonnaie dabeihatte, soll der Angeklagte sich dann mit dem Mobiltelefon entfernt haben. Durch den Sturz soll die Zeugin Schmerzen am Rücken und Gesäß gehabt haben.

In einer ausgiebigen Beweisaufnahme, zu der mehrere Verhandlungstage erforderlich waren, versuchte die Strafkammer Licht ins Dunkel zu bringen, um den Tatvorwurf aufzuklären. Die geschädigte Zeugin, und ihre Freundinnen, die sie begleiteten, konnten nur eine sehr vage Beschreibung des Täters abgeben, da dieser in der Dunkelheit noch zusätzlich eine Corona-Maske vor dem Gesicht hatte, und der Kopf mit einer Wollmütze bedeckt war. Der Angeklagte bestritt von Anfang an, den Raubüberfall begangen zu haben.

Im letzten Termin (1. Juni) wurde zu Beginn die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten vernommen. Diese sagte aus, dass sie seit 2011 mit dem Angeklagten, der aus der Dominikanischen Republik stammt, zusammengelebt hat, und seit 2012 eine Tochter mit ihm hat. Sie schilderte, dass ist immer häufiger Probleme in der Beziehung gab, die schließlich 2019 zur Trennung führten. Die Probleme lagen im kulturellen Bereich, sowie an dem übermäßigen Alkoholkonsum ihres Partners. Nach der Trennung verwahrloste er regelrecht, trotzdem half ihm die Zeugin bei einigen behördlichen Angelegenheiten, ihm sei alles egal gewesen. Er wäre zwar aufbrausend und aggressiv, wenn er Alkohol getrunken hatte, gewalttätig geworden gegen die Zeugin sei er aber nie. Der Angeklagte rief den Tränen nahe dazwischen: "Ich habe kein schlechtes Herz und bin kein schlechter Mensch." Die Zeugin berichtete weiter, dass sie ihrem Ex-Partner häufig Geld geliehen habe, auch habe er kein Interesse gehabt, Deutsch zu lernen.

Der Angeklagte fiel der Staatsanwältin immer wieder ins Wort, als diese ihn mit den Vorwürfen weiterhin konfrontierte. Er beschwerte sich lauthals über die Haftbedingungen, und wie sehr er in der JVA leide, begann auch zu weinen, und schwor bei Gott, dass er die Tat nicht begangen habe.

Doch nur eine Hehlerei?
Die Vorsitzende Richterin erteilte den rechtlichen Hinweis, dass eine Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Betracht kommen kann, ebenso kann eine Verurteilung wegen Hehlerei Betracht kommen. Es wurde festgestellt, dass der Angeklagte ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges nicht vorbestraft ist. Danach wurde die Beweisaufnahme geschlossen.



Die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte, wie bereits eingangs erwähnt, den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten zu verurteilen – wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Die Staatsanwältin war überzeugt, dass die Tat sich so ereignet hatte, wie in der Anklage vorgeworfen. Das Handy des Opfers konnte in der Wohnung des Angeklagten gefunden werden, es lag in eine Alufolie verpackt in einem Koffer, zudem war das Mobiltelefon des Angeklagten in der betreffenden Funkzelle eingeloggt. Erschwerend wurde erklärt, dass der Angeklagte mit einem Messer die Zeugen zur Herausgabe des Handys aufgefordert habe. die Zeugin befindet sich noch heute in psychologischer Behandlung. Weiterhin solle der Haftbefehl aufrechterhalten bleiben.

Rechtsanwalt Gerhard Prengel beantragte Freispruch, da die Argumente der Staatsanwaltschaft doch arg konstruiert seien, mit dem alleinigen Ziel, den Angeklagten unbedingt "zur Strecke bringen zu wollen". Der Angeklagte hätte das Handy von einem Afrikaner gekauft, und sicherlich ahnen können, dass das Handy wahrscheinlich geklaut worden sei. Insbesondere bemängelte Rechtsanwalt Prengel die mangelnde Qualität von Dolmetscherinnen bei der polizeilichen Vernehmung, so wie in den ersten Prozesstagen. Eine Verurteilung wegen Hehlerei sei angebracht, mit der Folge, dass eine Geldstrafe ausgesprochen werden müsste. Weiterhin beantragte er Aufhebung des Haftbefehls.
In seinem letzten Wort schloss sich der Angeklagte den Ausführungen seines Verteidigers an.

Urteil im Namen des Volkes
Unter Freisprechung im Übrigen wird der Angeklagte wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro verurteilt. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz wird aufgehoben, zudem ist der Angeklagte wegen der erlittenen Untersuchungshaft zu entschädigen.

Die Vorsitzende begründete das Urteil damit, dass die Beweise nicht ausgereicht hätten, den Angeklagten zweifelsfrei als Räuber zu identifizieren. Auch die Behauptung der Verteidigung, durch mangelhafte Übersetzung bei den polizeilichen Vernehmungen wären eklatante Fehler protokolliert worden, konnten nicht widerlegt werden. Eine Vernehmung mit Hilfe eines Translators durchzuführen, wäre eigentlich nicht zulässig.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da keine Erklärungen abgegeben wurden.


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