Premiere in Altenkirchen: Unternehmergespräch beschreibt zwei große Probleme
Gespräche können helfen, Standpunkte und Sichtweisen zweier unterschiedlich ausgerichteter Gruppen gegenseitig besser zu verstehen. Der Austausch fördert zudem die Möglichkeit, sich effektiver zu vernetzen. Das erste Altenkirchener Unternehmergespräch soll nicht das letzte gewesen sein.
Altenkirchen. Das, was die Unternehmerschaft der Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen-Flammersfeld bewege, „ist auch wichtig für uns“: Deutlicher konnte der Bürgermeister der großen VG, Fred Jüngerich, das Verhältnis zwischen lokaler Wirtschaft auf der einen und heimischer Verwaltung auf der anderen Seite nicht beschreiben, „wir möchten gerne wissen, wer, wo und wie steht, wer welche Nöte hat“. Sofort ließen sich diese nicht alle lösen, „dennoch möchten wir unseren Bestand so gut wie möglich kennen“. Beim ersten Altenkirchener Unternehmergespräch am späten Dienstagnachmittag (7. Juni), einer Kooperationsveranstaltung der Regionalgeschäftsstelle Altenkirchen/Neuwied der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz und der VG im großen Saal des Altenkirchener Rathauses und zunächst einmal für kleinere Unternehmen gedacht, wurden zwei Probleme angesprochen, die sehr wahrscheinlich flächendeckend und damit für viele Betriebe (auch über die Handwerkskammer organisierte) gelten und seit Jahren immer wieder hochkochen. So sprach Jonas Otto von Bischoff-Touristik (Fiersbach) den Fachkräftemangel an und bezog ihn speziell auf das Fehlen von Busfahrern. Er bezeichnete die „Berufszugangsvoraussetzung“ als sehr hoch, zudem kämen noch Kosten in Höhe von rund 15.000 Euro auf einen Auszubildenden hinzu. „Es muss einfacher werden, Busfahrer zu werden“, forderte er und konnte sich, auf eine Nachfrage Jüngerichs, gut vorstellen, dass staatliche Subventionen helfen könnten, den Einstieg in den Job attraktiver zu machen. Zudem sei die Sparte von einer hohen Fluktuation geprägt, „das Durchschnittsalter unserer Fahrer liegt bei knapp über 50 Jahren“, erläuterte Otto, womit er andeutete, dass sich die Personalsituation in wenigen Jahren noch verschärfen könnte.
Zu Tode regulieren
„Wir sind dabei, uns zu Tode zu regulieren“, stellte darüber hinaus Jörg Rumpf von der Medizingerätetechnik „eezewave“ aus Pleckhausen fest und forderte, „bürokratische Regelungen zu entschlacken“. Ins gleiche Horn stieß Nic Gehrig (Gehrig Finanz/Neitersen): „Die Regelungen werden branchenübergreifend immer mehr, wir müssen immer mehr Auflagen und Dokumentationen anfertigen.“ Gleiches ließ Jüngerich auch für die Verwaltungsarbeit gelten, ergänzte jedoch, dass „der Staat pragmatisch sein kann, wenn er denn will“. Als Beispiel führte er die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Beschlüsse als auch den grundsätzlichen Umgang mit den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Deutschland (Flüchtlinge) an – mit dieser Einschränkung: die Schaffung/Umwandlung von Räumen in Kindertagesstätten, um Jungen und Mädchen aus dem osteuropäischen Land unterbringen zu können, wofür das Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung jeweils eine neue Betriebserlaubnis ausstellen müsse… So einfach, wie das zu seiner Zeit gewesen sei, als er dieses Aufgabengebiet bearbeitet habe, sei das längst nicht mehr.
Große Projekte der VG
In einer kurzen Darstellung hatte zunächst Jüngerich die aktuellen Projekte der VG mit dem Neubau des Hallenbades auf der Glockenspitze in Altenkirchen auf der Topposition mit einem Investitionsvolumen von (mindestens) 21 Millionen Euro vorgestellt. Darüber hinaus erwähnte er die neue Kindertagesstätte in Güllesheim (3 Millionen Euro), deren Rohbau fertiggestellt ist. 15,4 Millionen Euro seien im Investitionsplan der VG-Werke unter anderem für die Sanierung und Erweiterung der Kläranlage im Mehrbachtal und der zu bauenden kommunalen Klärschlammverbrennungsanlage in Wallmenroth eingestellt. Außerdem stellte Jüngerich die Arbeit der hauseigenen Wirtschaftsförderung (Dirk Fischer, Julia Gahlmann) vor: Unternehmensansiedlungen (kaum noch kommunale Flächen vorhanden), Bauflächen- und Leerstandsmanagement, Netzwerktreffen, Bestandspflege für die Unternehmen (über 2200 aktive Gewerbeanmeldungen/ohne Gewerbe im Nebenerwerb) sowie Gründungs- und Fördermittelberatung.
Was die IHK ist
Die IHK Koblenz unterhalte, so IHK-Regionalberater Frederik Fein anstelle der erkrankten IHK-Regionalgeschäftsführerin Kristina Kuttig, acht Regionalgeschäftsstellen zwischen Altenkirchen und Idar-Oberstein. Sie habe 103.358 Mitgliedsunternehmen, davon seien 2760 Ausbildungsbetriebe.
Fein stellte das Dienstleistungsangebot in wenigen Worten vor (Auszug): Fachkräftesicherung, Berufsorientierung, kostenfreie Sprechtage und Seminare sowie Veranstaltungs- und Webinar-Angebote. Explizit hob er die Weiterbildungskampagne „Aufsteiger“ und die Ausbildungskampagne „Durchstarter“ hervor. Es gebe auch spezielle Veranstaltungsangebote für den Kreis Altenkirchen. Christian Synwoldt, Abteilungsleiter Nachhaltige Energieversorgung bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz, setzte schließlich via Online-Schaltung noch einen Kurzimpuls zum Thema Energiesouveränität vor allem mit dem Einsatz von Fotovoltaik-Anlagen. Sowohl Jüngerich als auch Fein sprachen in einem kurzen Fazit von durchaus möglichen Fortsetzungen solcher Zusammenkünfte. „Nicht alle sechs Wochen, aber in einem turnusmäßigen Abstand“, meinte der Hausherr fest entschlossen. (vh)
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