Neiterser Firma Georg Maschinentechnik: Gericht eröffnet Insolvenzverfahren
Die markanten blauen Betriebshallen entlang der Bundesstraße 256 in Neitersen sind menschenleer, die Arbeit ist eingestellt worden. Über das Vermögen der Georg Maschinentechnik GmbH & Co. KG ist vor dem Amtsgericht in Betzdorf am 1. Juni das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Neitersen. Alle Produktionsbänder stehen still in dem Komplex an der Neiterser Rheinstraße - gezwungenermaßen: Das Amtsgericht Betzdorf hat am 1. Juni das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Georg Maschinentechnik GmbH & Co. KG eröffnet. Schon von 2002 an bis zum 15. Januar 2013 hatte sich das Unternehmen, das unter anderem Stanzmaschinen, Pressen und Kugelkäfige (wichtiges Bauteil im Antriebsstrang eines jeden Pkw und Lkw) produzierte, in einem Insolvenzverfahren befunden, ehe es die damalige mpool Beteiligungen GmbH aus Düsseldorf übernahm. Der damalige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Dirk Obermüller aus Bonn, sprach bei der Übergabe von einem „ausgesprochen erfolgreich verlaufenem Verfahren“, das nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen in der Region geführt habe. Gut neun Jahre später holte die Vergangenheit Georg Maschinentechnik wieder ein. „Der Geschäftsbetrieb ist endgültig zum 1. Juni eingestellt worden“, erklärte der Betzdorfer Rechtsanwalt Dr. Klaus Ortmüller, der als Insolvenzverwalter agiert. Eine Weiterführung des Betriebes sei nicht möglich gewesen. Auch ein Fortbestand mit knapp 20 (derzeit 54) Mitarbeitern habe sich als nicht machbar erwiesen, weil ein Kunde nicht bereit gewesen sei, in Vorkasse zu treten, um mit diesem Geld benötigtes Material kaufen zu können. Um die Weiternutzung der Infrastruktur (6300 Quadratmeter Hallenfläche) macht sich Ortmüller keine Sorgen, da es bereits Interessenten für die Übernahme gebe. „Auch häufen sich bei mir die Anfragen nach Fachpersonal“, ergänzte er und war guter Dinge, dass angesichts des Fachkräftemangels „große Teile des Personals schnell unterkommen“. Die mpool Beteiligungen (heute mpool group investments) hatte nach der Übernahme die Geschäfte auf zwei Kommanditisten übertragen: auf die mpool I Industrie und Jan Patrick Viesel, der Ende 2013 Guido Brassart als einen von zwei Geschäftsführern (neben Dr. Bodo Fink) abgelöst hatte. Über die Kaufsumme war damals Stillschweigen vereinbart worden.
Traditionsreiches Unternehmen
Neitersens Ortsbürgermeister Horst Klein und dem Ortsgemeinderat „tut es leid, dass solch ein traditionsreiches Unternehmen und ein solch traditionsreicher Name aus dem Ort verschwinden“. Er kenne etliche der 54 Beschäftigten, die teils über Jahrzehnte bereits für Georg gearbeitet hätten. „Sie sind in der zweiten Hälfte ihrer 50er-Jahre und auch teils schon über 60“, sagte Klein, ihnen werde es gewiss teils schwerfallen, sich umzuorientieren. Dass die Hallen an der B 256 lange leer stehen werden, glaubte er nicht. „Ich habe zwar immer ein bisschen Sorge gehabt, dass sie mal zu einer Industrieruine werden könnten, da aber immer Bedarf für solche Gewerbeflächen besteht, glaube ich das inzwischen nicht mehr.“ Fred Jüngerich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld zeigte sich über die Entwicklung überrascht: „Es ist bedauerlich für den Standort Neitersen und für 54 Menschen, die jetzt keine Arbeit mehr haben.“ Die Firma Georg sei prägend für ganz Neitersen gewesen, „es ist schade, dass der Name jetzt wegbricht.“
„Langjährige gute Patenschaft“
Als „langjährige gute Patenschaft mit einer guten Vernetzung“ bezeichnete Gerhard Hein, der Schulleiter der August-Sander-Schule Altenkirchen (Realschule plus) mit Fachoberschule, die im Jahr 2007 geschlossene Kooperation zwischen der damaligen Hauptschule auf der Glockenspitze und der Firma. „Wir bedauern die Insolvenz“, fügte er an. Die Intension für diesen Schritt damals sei die engere Verzahnung von Schule und Wirtschaft mit Blick auf die Berufsorientierung der Schüler gewesen. Hein sprach von einem intensiven Austausch, das Unternehmen habe viele Azubi-Plätze zur Verfügung gestellt. „Auch etliche Kollegen waren in engem Austausch. Darüber hinaus haben wir eine große Zahl an finanziellen Zuwendungen erhalten. Es ist bedauerlich, dass wir diese Verzahnung nicht mehr haben“, meinte er.
Gründung im Jahr 1926
Die Wurzeln der Firma in Neitersen reichen bis zur Gründung durch Karl Georg im Jahr 1925 zurück. Ackerwagen waren das erste Produkt, das vertrieben wurde. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs das Unternehmen ständig. Losgelöst und selbstständig agieren heute die Karl Georg Stahlherstellungs- und Verarbeitungs-GmbH mit Sitz in Bahnhof Ingelbach (unter anderem Produktion von Kranlaufrädern) mit Geschäftsführer Michael Schnaufer (Enkel von Karl Georg) und die Firma Durel GmbH in Neitersen mit Christian Georg (Enkel von Karl Georg) als einem von drei Geschäftsführern, die Hochleistungs-Polymerfedern für Kupplungssysteme (Zug- und Stoßeinrichtungen) produziert. Die Firma Axtone GmbH, mit Hauptsitz in Polen und immer noch in Neitersen präsent, zählte ebenfalls einst zum Georg-Imperium. Sie hat sich den Pufferbau auf die Fahnen geschrieben. Einen weiteren „Ableger“ bildet die Georg Umformtechnik GmbH, die nunmehr das Areal der Grube Georg in Willroth ihr Zuhause nennt. Die Namensdopplung ist lediglich Zufall, da der der Bergbaueinrichtung auf den Heiligen Georg zurückgeht. (vh)
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