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Nachricht vom 12.07.2022    

Altenkirchen: Menschen mit Behinderung freuen sich übers Sportabzeichen

Die Angebote für sportliche Menschen ohne und mit Behinderung gleichen sich immer weiter an. Olympischen Spielen stehen die Paralympics gegenüber, dem "Deutschen Sportzeichen" das für Menschen mit Behinderung.

Bevor die Übungen für das Sportabzeichen abgelegt werden konnten, stand im Altenkirchener Stadion ein kleines Aufwärmprogramm auf dem Ablaufplan. (Foto: vh)

Altenkirchen. Die Sonne heizt am Dienstagvormittag (12. Juli) denen schon ganz schön ein, die gegen 10 Uhr im Stadion auf der Glockenspitze in Altenkirchen zusammengekommen sind. Rund 50 erwachsene Menschen von der Lebenshilfe im Kreis Altenkirchen und im Alter zwischen 18 und 57 Jahren aus den Standorten Altenkirchen, Wissen und Mittelhof-Steckenstein mit unterschiedlich ausgeprägten Behinderungen warten ungeduldig auf ihre Einsätze. Aber wie es sich grundsätzlich zu Beginn einer jeden Leibesertüchtigung gehört, ist zunächst ein Aufwärmprogramm für die Muskeln zu absolvieren, ehe jeder ganz auf sich allein gestellt sein wird. An vier Stationen können die Bedingungen für das "Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung" erfüllt werden. "Das sind Vorgaben aus den Bereichen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination", erläutert Bärbel Nied, Organisatorin und Sportkoordinatorin der Westerwald-Werkstätten der Lebenshilfe, und verweist auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, die jedem Anwärter geboten werden. Sie erstrecken sich von Laufen über Rollstuhlfahren, Nordic Walking oder Schwimmen (Ausdauer), offerieren Kugelstoßen, Medizinballwurf oder Standweitsprung (Kraft), beziehen Sprints über 50 oder 100 Meter sowie Gehen (Schnelligkeit) ein oder sind als Zielwurf und Hochsprung (Koordination) definiert. Darüber hinaus werden die Teilnehmer aufgrund der Art und des Grades ihrer Behinderung in verschiedenste Klassen eingestuft. Jedem Starter wurden die persönlichen Leistungen auf einem Laufzettel attestiert, den Nied im Nachgang auswertete, um das Erreichte schließlich mit der Verleihung einer Plakette in Gold, Silber oder Bronze gleichzusetzen.

Sportlehrer und Schüler halfen mit
Hilfreich zur Seite standen Nied und ihrem knapp zehnköpfigen Lebenshilfe-Betreuerteam 18 Schüler und drei Sportlehrer des Westerwald-Gymnasiums Altenkirchen, die sich um die Dokumentation der Leistungen kümmerten. "Das ist eine sehr schöne Erfahrung, und ich hoffe, dass am Ende des Tages mögliche Berührungsängste verschwunden sind", sagt Sportlehrer Sebastian Leins auch im Namen seiner beiden Kollegen Florian Meud und Alexander Stahl. So entstehe ein selbstverständliches Miteinander. Nied ergänzt: "Beide Seiten profitieren von der tollen Sache im Zeichen der Inklusion." Für die Absolventen bedeutet die Erledigung der Übungen aber nicht das Ende dieses Projekttages. Dank der Förderung der Sparkasse Westerwald/Sieg (10 Euro pro abgelegtem Sportabzeichen) eröffnen sich Finanzierungsmöglichkeiten für weitere Aktionen wie Ausflüge, Bowling oder Essen gehen. So entsteht zudem eine Plattform zu Beginn des Folgejahres, auf der die offiziellen Verleihungen mit Urkunden und Ehrennadeln ausgerichtet werden können. Dass die Leistungen, die bei einem solchen Sportabzeichen-Treffen erzielt werden, überhaupt Anerkennung finden, setzt eine extra eintägige Ausbildung voraus, die Nied durchlaufen hat und die ihr zugute kam, als 2018 schon einmal Sportabzeichenprüfungen für die Lebenshilfe angesetzt waren: "Die Fortbildung wurde vom Sportbund Rheinland und Behindertensportverband angeboten. Sie muss alle vier Jahre erneuert werden." Angesichts der doch recht hohen Temperaturen war Mineralwasser keine Mangelware. Das Mahl zur Stärkung mit "viel Obst" (Nied) zum Sonnenhöchststand schaffte die Gesellschaft für Service und Beschäftigung im Westerwald, ein Ableger der Lebenshilfe, heran, der unter anderem bereits Grundschulen und Kindertagesstätten der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld mit Mittagessen beliefert.



Tour mit zehn Stationen
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) möchte, so die Homepage des Dachverbandes, noch mehr Begegnungs- und Wahlmöglichkeiten im Deutschen Sportabzeichen schaffen, die ein gleichberechtigtes und gemeinsames Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung fördern. Speziell vor diesem Hintergrund rief der DOSB 2014 das Projekt "Sportabzeichen und Inklusion" ins Leben, welches in enger Kooperation mit der Aktion Mensch, dem Deutschen Behindertensportverband und seinen Landesverbänden sowie mit Unterstützung von Special Olympics Deutschland und dem Deutschen Gehörlosen-Sportverband durchgeführt wurde. Die auf drei Jahre angelegte Projektinitiative warb vor allem im Rahmen der Sportabzeichen-Tour mit zehn Veranstaltungen und durchschnittlich 2000 Teilnehmern pro Event dafür, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam das Sportabzeichen ablegen und dabei mit großer Freude aktiv sind. Die im Rahmen des Projektes gesammelten Erkenntnisse wurden Vereinen und Verbänden im organisierten Sport zur Verfügung gestellt. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist im DOSB schon lange ein wichtiges Thema und in einer Vielzahl von Sportangeboten, Konzepten und Maßnahmen in den Sportvereinen und Sportverbänden verankert.

Schon fast 110 Jahre alt
Das Deutsche Sportabzeichen wurde am 10. November 1912 von der Hauptversammlung des Deutschen Reichsausschusses für Olympische Spiele unter dem Namen "Auszeichnung für vielfältige Leistung auf dem Gebiet der Leibesübungen" geschaffen. Vorbild war das schwedische Sportabzeichen, das der Begründer des Sportabzeichens, Carl Diem, 1912 während den Olympischen Spielen in Stockholm kennengelernt hatte. In Berlin wurden am 7. September 1913 beim Jugend-Spielfest die ersten 22 Auszeichnungen vergeben. Erlangen konnten es anfangs nur Männer, die einem Sportverein angehörten. 1921 wurde es in Deutsches Turn- und Sportabzeichen umbenannt und konnte nun auch von Frauen erworben werden. Die Bedingungen wurden von dem schwedischen Vorbild übernommen, bis 2012 waren fünf Bedingungen aus fünf Gruppen zu absolvieren. Einige Anforderungen sind bis heute unverändert. Die Einteilung der Anforderungen in verschiedene Altersgruppen erfolgte erst nach dem Zweiten Weltkrieg, bis dahin musste jeder, unabhängig seines Alters, die gleichen Bedingungen erfüllen. Im vergangenen Jahr wurden 367.294 Sportabzeichen verliehen (241.492 Kinder und Jugendliche/125.802 Erwachsene) - ein Minus von 3,86 Prozent gegenüber 2020. (vh)


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