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Nachricht vom 21.07.2022    

Raum Altenkirchen: Siewert denkt ÖPNV mit Bussen ganz neu

Der Öffentliche Personennahverkehr in Bussen auf dem flachen Land hat durchaus mehr Probleme als Fahrgäste an Bord. In erster Linie dank des Transportes von Kindern und Jugendlichen zur Schule und wieder zurück nach Hause am Leben erhalten, sind Ideen für eine bessere Auslastung und flexiblere Möglichkeiten der Nutzung willkommen.

Axel Siewert will das Konzept über sein neues ÖPNV-Konzept auf keinen Fall in die Schublade legen. (Foto: vh)

Altenkirchen. Wer hat sie nicht schon einmal gesehen, die beinahe ohne Passagiere jenseits des Schülertransportes über die Dörfer tuckernden Omnibusse, die den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf dem flachen Land sicherstellen?! Wer aber macht sich darüber hinaus überhaupt Gedanken, ihn auf eine andere, weitaus höhere Akzeptanz und Auslastung zu hieven? "Ich sehe die Busse immer leer durch meinen Wohnort Rettersen fahren", sagt Axel Siewert und beschreibt mit diesem Satz den Ansatz für seine Gedanken, ein überarbeitetes ÖPNV-Konzept für den westlichen Teil des Kreises Altenkirchen niederzuschreiben. Es werde derzeit reine Energieverschwendung betrieben, "es muss was anderes getan werden", ergänzt er, "da bin ich gewiss nicht der einzige mit dieser Meinung." Siewerts Gedankenspiel fand inzwischen den Weg aus dem eigenen stillen Kämmerlein hinaus. Das Fazit eines Gesprächs im Altenkirchener Kreishaus (der Kreis ist Aufgabenträger des ÖPNV im Land an Sieg und Wied), an dem Guido Kappel, Sachgebietsleiter ÖPNV, und Holger Telke, Sachbearbeiter ÖPNV, sowie Daniel Junghans als Verkehrsplaner des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM) teilnahmen, lautete, so Siewert, der noch von Guido Röhrig (Partei Die Linke) unterstützt worden war, dass ganz einfach das Geld für eine solche Umstrukturierung fehle, obwohl das Konzept toll sei, die Politik in Mainz aber tätig werden müsse.

Anschluss nach Eitorf und Asbach?
Die Leerfahrten der Busse vor Augen, hatte Siewert, der dem Team Westerwald der Volt-Partei angehört und als Hörakustik-Meister und Pädakustiker in der Altenkirchener Fußgängerzone ein Geschäft betreibt, eine umfangreiche Internetrecherche über den Ist-Zustand begonnen - auch vor dem Hintergrund, dass er gerne mal von Rettersen aus per ÖPNV nach Asbach oder Eitorf gefahren wäre. So hätten sich Fahrzeiten von bis zu 105 Minuten für 13,5 Kilometer ergeben, berichtet er, "von Rettersen nach Uckerath mit Umstieg in Uckerath und dann wieder zurück über die B 8 nach Asbach." In diesem Zusammenhang kritisiert er die seiner Ansicht nach fehlende Möglichkeit im Raum Kircheib (gegebenenfalls Kreuzung Vierwinden B 8/L 255), von der einen in die andere Linie umzusteigen. "Ich habe es mir nicht angetan", fügt Siewert, der viele weitere solcher Beispiele nennen kann, an, "das ist für Berufstätige indiskutabel." Insgesamt fällt sein Urteil über den aktuellen ÖPNV sehr negativ aus:
Der private Pkw (teils auch mehrere) stehe in den meisten Haushalten im ländlichen Raum vor der Haustür und sei bei Bedarf verfügbar. "Da die Unterhaltungskosten nicht bei Fahrtantritt offenbar werden, kann der Eindruck entstehen, die private Mobilität ist kostenneutral", weiß Siewert. Darüber hinaus fügt er als derzeit existierende Hindernisse an: Fahrpläne nicht immer greifbar, zu kompliziert/nicht eindeutig, keine Fahrt zu passenden Zeiten, kein Anschluss/keine Rückfahrt, Haltestellen gefühlt zu weit entfernt vom Wohnort und die lange Fahrzeit, weil viele angefahren werden, an denen kein Passagier warte.

Schnellbusslinie auf der B 8
Das Herzstück der Siewertchen Überlegung bildet eine Schnellbusslinie auf der B 8, der "Lebensader" im westlichen Teil des Kreises, zwischen Altenkirchen und Hennef mit nur sechs Zwischenhalten (Helmenzen, Birnbach, Weyerbusch, Rettersen, Kircheib und Uckerath), die mit der Buslinie 564 der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) bei Kircheib verknüpft wird, weil "Asbach und Eitorf für Menschen aus diesem Zipfel des Kreises Orte für Einkäufe, Arztbesuche und Arbeitsplätze sind". 22 Ortsgemeinden links und rechts der ehemaligen "Hohen Straße" bindet Siewert per OnDemand-Shuttlebusse als Zubringer zu den Haltestellen des Schnellbusses an, die auch auf Anforderung zwischen den Haushalten in der Dörfern verkehren. "So entstehen auch deutliche Vorteile für Senioren, Kinder könnten problemlos von Haustür zu Haustür fahren, der Druck auf diejenigen, die fahren müssen, weil andere nicht fahren können, wird wesentlich geringer, also wird die Belastung, für andere Mobilität sicherzustellen, kleiner", nennt Siewert Pluspunkte, und natürlich nehme die Verkehrsbelastung ab, also "wird das ein wichtiger Teil des Klimaschutzes. Auf einige Straßenbauprojekte könnte verzichtet werden." Dass ein solches System funktioniert, weiß Siewert: "In Wittlich besteht bereits seit sechs Jahren ein solches Konzept. Die Fahrgastzahlen stiegen seit dem ersten Betriebsjahr um 400 Prozent. Zurzeit werden mit zwei Bussen im Monat rund 1300 Personen befördert." Ebenfalls würden ähnliche Linien in Hamburg und Ahrensburg betrieben. In der Hansestadt habe die Initiative 2019 den Deutschen Mobilitätspreis gewonnen. Nach Siewerts Angaben wurden bereits über 1,2 Millionen emissionsfreie Kilometer zurückgelegt.



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In ganz Europa tätig
Die gesamte Koordination, so schlägt Siewert vor, "könnte über die ioki-Plattform, eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bahn, erfolgen, die in ähnlichen Projekten in ganz Europa tätig ist. Sie kann die IT-Basis zum Betrieb der Handy-App und die Fahrtenplanung zur Verfügung stellen." Und wer es nicht so sehr mit moderner Technik halte, könne via Festnetztelefonnummer einen Fahrtwunsch buchen. Bezahlt würde entweder per Kreditkarte (bargeldlos), Prepaid-Variante oder direkt beim Fahrer, wobei Siewert eigentlich die "kostenfreie Möglichkeit des ÖPNV" favorisiert, wenn nicht, "dann vielleicht mit vier Freifahrten pro Woche beginnend". Beförderungszeiten sollten mithilfe einer Mobilitätsanalyse nachfragebasiert angepasst sein. Den Schnellbus sieht er zwischen 5 und 21 Uhr alle 20 Minuten unterwegs, während zwischen 22 und 5 Uhr die OnDemand-Shuttles das Rückgrat darstellten.

Wie englische Taxen
Sogar was die Fahrzeuge betrifft, die die Zubringerflotte bilden könnten, hat sich Siewert seine Gedanken gemacht. Er hat den voll elektrischen und sieben Plätze bietenden TX des englischen Herstellers LEVC im Blick, der auf den so bekannten schwarzen Taxen basiert und der serienmäßig mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer und Rollatornutzer ausgestattet ist. "Mit zunächst zwei dieser Autos könnte gestartet werden", erläutert Siewert. Knapp über 73.000 Euro kostete das Modell im Juli 2021, die Grundreichweite beträgt 100, die erweiterte 490 Kilometer. Für seine Idee hat er bereits geworben: Angeschrieben wurden alle politischen Parteien in der Region (bis auf die AfD) und die Ortsbürgermeister der Kommunen, die in seine Überlegungen einfließen. Positive Rückmeldungen gab es einige - auch von der Bürgerinitiative gegen den Bau der Ortsumgehungen im Verlauf der B 8. Der Deutsche Gewerkschaftsbund stelle sogar die Organisatoren einer Info-Veranstaltung in Aussicht. "Allgemeiner Konsens ist, dass der Individualverkehr mehr und mehr durch einen funktionierenden ÖPNV abgelöst werden muss", bringt es Siewert auf den Punkt. Dies sei ein wichtiger Abschnitt auf dem Weg zur Energiewende und damit Teil einer nachhaltigen Gesellschaft. Er werde auf jeden Fall "seine Gedanken weiterentwickeln, das wächst, wie es angenommen wird. Das Thema ist nicht durch". Es sei gut zu wissen, dass die Kreisverwaltung eine solche Überlegung befürworte.

Partei Volt 2019 gegründet
Die Partei Volt wurde im Jahr 2019 gegründet. Sie ist mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten. Fast alle EU-Mitgliedsstaaten haben einen Ableger, das Grundsatzprogramm ist in jedem dieser Länder identisch. Das Team Westerwald ist noch ein loser Zusammenschluss und ohne Vorstand. "Die Probleme unserer Zeit machen nicht an den Grenzen halt. In einer globalen Welt ist es wichtiger denn je, dass wir uns nicht nur die Probleme teilen, sondern auch die Lösungen für diese", heißt es in der Beschreibung der politischen Kraft in Siewerts Darstellung, "wir können viel von unseren Freunden und Nachbarn europaweit lernen: Wie funktioniert die Verkehrswende hin zum Fahrrad in Kopenhagen? Wie wird sozialer Wohnungsbau gefördert zum Beispiel in Wien? Wie kann Digitalisierung bürgernah gestaltet werden wie in Estland?" (vh)


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