Betzdorf: Baumaschinen krempeln Stadion auf dem Bühl in neuen Kunstrasenplatz um
Dass eine Planierraupe und ein Radlader auf dem Grün des Stadions auf dem Bühl stehen, das freute alle Offiziellen: Der langersehnte Umbau des Rasenplatzes in einen Kunstrasenplatz wird umgesetzt. Mit dem ersten Spatenstich wurde die mit mehr als 700.000 Euro kalkulierte Maßnahme offiziell gestartet.
Betzdorf. "Ich stand schon hier, wie der Rasenplatz eingeweiht wurde": Damals wird der Platz definitiv besser ausgesehen haben und im statten Grün geleuchtet haben, als Bärbel Spies, Vorstandsmitglied der SG06 Betzdorf und seit "mehr als 35 Jahren Vereinsmutti", mit von der Partie war, als der Rasenplatz eingeweiht wurde. Im Juli 1992 hatte das Stadion auf dem Bühl einen Rasenplatz erhalten, der 1991 angelegt und entstanden war. Auch wenn der Rasenplatz in diesen Tagen und bei der vorherrschenden Trockenheit nicht gerade den allerfrischesten Eindruck macht, so liegt der Grund für die Erneuerung, viel tiefer. Denn wenn es regnet, dann funktioniert die Drainage überhaupt nicht. Und so ist der Rasenplatz entsprechend auch nur zu gewissen Zeiten im Jahr überhaupt bespielbar. Davon berichtete auch Vorsitzender Timo Kunkel, als nun dem aufgrund der Witterung teils schon beige verdörrten Rasen zum ersten Spatenstich traf. Die Stadt als Bauherrin und Eigentümerin hatte zu dem Ortstermin eingeladen.
Einen ersten Spatenstich einmal zu setzen, sagte Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer, das sei schon seit seiner Kindheit ein Traum. Und nun, nach vielen Jahren der Planung für die Umwandlung des Rasenplatzes in einen Kunstrasenplatz ging sein noch länger gehegter Traum in Erfüllung. Er sei damals selbst bei der Einweihung mit von der Partie gewesen, erinnerte sich der heutige Stadtbürgermeister. Damals lief der 1. FC Köln auf dem Bühl auf, unter anderem mit Littbarski, berichtete Spies. Betzdorf verlor damals haushoch mit 0:6. Auch wenn die Betzdorfer Kicker noch nicht einmal einen Ehrentreffer versenkten, so hatten sie am Ende des Tages mindestens einen Fan mehr: Geldsetzer, damals einer der geschätzt 5.000 bis 6.000 Besucher bei der Einweihung des Rasenplatzes gab nun an, dass er seither das SG06-Fähnchen hoch hält - und es heute noch tut.
Das alles war im Juli 1992. 30 Jahre später standen Geldsetzer und Spies wieder auf dem Grün - oder was noch davon übrig ist. Und diesmal war es genau das Gegenteil von einer Einweihung: die Anlage soll in eine Kunstrasenplatz umgebaut werden. Das Vorhaben hat schon viele Jahre auf dem Buckel, aber nun ist die Planung abgeschlossen, die Förderzusage liegt vor und die Baumaschinen sind schon auf dem Platz angerollt und haben auch schon die Schaufel in den Boden gerammt. Weil die Maschinen schon zwei Tage vor dem letzten geplanten Heimspiel auf dem alten Rasen dort abgestellt waren, mussten die Kicker auf den angrenzenden Hybridplatz ausweichen. Auf diesem werden künftig die Senioren ihre Heimspiele bestreiten. Während der Bauphase will die Jugend im Stadion auf dem Molzberg das Leder in den generischen Kasten dreschen, wo bekanntlich Rasen liegt.
"Ich freue mich riesig, dass es gleich ganz offiziell losgehen wird", sagte Stadtbürgermeister Geldsetzer. Wenngleich etwas Wehmut dabei sei, wie Geldsetzer meinte, weil er sich noch an das allererste Spiel auf dem neuen Rasenplatz erinnerte, so dominierte jetzt bei allen die Freude darüber, dass hier etwas mehr als kalkulierte 700.000 Euro verbaut werden sollen. "Es war ein Auf und Ab", blickte Geldsetzer zurück. Bereits als Beigeordneter und Ratsmitglied und schließlich als Stadtbürgermeister sei er mit dem Thema befasst gewesen. Nun dank der allen, die sich bei dem Projekt über die Zeit mit eingebracht hatten, zum Beispiel vom Michael Müller vom Bauamt der Verbandsgemeinde B etzdorf/Gebhardshain, der die komplette Planung gemacht habe, aber auch an Bauamtsleiter Martin Schäfer. Der Gedanke, das Projekt mit eigenen Mitteln zu stemmen, sei von der Kommunalaufsicht rasch zerstreut, erinnerte sich Geldsetzer. Die Behörde in Altenkirchen habe herausgestellt, dass man als verschuldete Kommune auf eine Förderung angewiesen sei. Darum kümmerte sich wiederum Katharina Brato, die bei der Verwaltung in der Finanzabteilung für "zentrales Fördermanagement" zuständig ist. Als eine der ersten Kommunen, so Geldsetzer, habe man den Antrag für die Förderung fertig gehabt, aber irgendwann sei nichts weitergekommen. Und so habe man sich an die Landtagsabgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler gewandt, in der Hoffnung, dass sie "uns mit ihren Kontakten hilft". 90 Prozent der Kosten für das Gesamtprojekt werden nun über das Bundesprogramm zur Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur des Bundesministeriums Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert.
Dass es sich bei der Umwandlung offenbar nicht nur einfach so um ein Projekt handelt, das verdeutlichte SG06-Vorsitzender Kunkel, der von einem "für uns interessanten Projekt" sprach und deutlich wurde: "Ein Kunstrasenplatz ist für uns überlebenswichtig." Ohne einen Kunstrasenplatz sieht der Vorsitzende die 1906 gegründete SG 06 Betzdorf "nicht mehr lange am Leben". Der erste Spatenstich komme nun genau zur rechten Zeit, sagte der SG06-Chef, der von Verlusten sowohl bei Mitgliedern wie auch Spielern berichtete: "Für den ersten Spatenstich und den Baubeginn ist es jetzt exakt der richtige Zeitpunkt." Nach seinen Angaben gehe auch ein Ruck durch die Spieler. Aus sportlicher Sicht blickte er zugleich nach vorne und berichtete, dass man wieder "überkreislich" spielen möchte, zum Beispiel mit dem Seniorenbereich in der Rheinlandliga.
Von einem besonderen Spatenstich sprach Bätzing-Lichtenthäler, die sich offenbar vor dem Termin die Frage gestellt hatte, ob sie Trikot und Schal des Betzdorfer Traditionsvereins mitbringen sollte. Sie entschied sich anders, aber sie ließ wissen: Es sei ihr ein Herzensanliegen, dass man die Spieler in Betzdorf halte und diese nicht weglaufen würden. Sie erzählte, dass sie ihre "Berliner Kontakte" - Bätzing-Lichtenthäler war früher Bundestagsabgeordnete - bemüht habe. Die Politikerin sprach von einer Zusammenarbeit von Bund, Land, Kommune sowie Ehrenamt beziehungsweise Verein. Sie war sich sicher, dass bald schon ganz fleißig die Fußballmannschaften auf dem neuen Platz trainieren können. Sie erwähnte auch den Aspekt des Klimawandels, wo es wichtig sei vernünftig aufgestellt zu sein, was man unter diesem Aspekt mit einem Kunstrasenplatz sei.
Eine Schwierigkeit bei dem alten Platz sei es, dass er zum Teil nicht mehr bespielbar sei und man auf andere Plätze ausweichen müssen, berichtete Bauamtsleiter Schäfer. Mit einem Kunstrasenplatz sei die Zukunftsfähigkeit gewährleistet. Bei den nun anstehenden Arbeiten werde der Platz umgekrempelt, die alte Grasnarbe entfernt, die Drainage erneuert und entsprechende Montageschichten eingebaut. Schließlich komme noch eine dynamische Schicht von etwa dreieinhalb Zentimetern drauf, die das Spielfeld, den Kunstrasen aufnimmt. Das künftige Spielfeld wird 100 mal 60 Meter groß sein, die Gesamtfläche beträgt 6800 Quadratmeter. Um das Spielfeld kommt noch ein zwei bis drei Meter breiter Sicherheitsstreifen. Außerdem wird komplett um den Platz gepflastert, um das Feld umfahren zu können. Die Sprintstrecke soll erneuert werden, ebenso die Sprunggrube. Beides diene auch der benachbarten Schule.
Im städtischen Haushalt sind 750.000 Euro für das Projekt eingestellt. Nachdem im September 2020 die ersten Projektskizzen eingereicht wurden hatte man im September 2021 die Zusage für den Förderbescheid dieser beziffert sich auf 634.000 Euro. Es wird Herstellungskosten von rund 703.000 Euro kalkuliert. Dem Vernehmen nach liegt man damit im Rahmen. In den Kosten noch nicht enthalten sei ein Pflegegerät, berichtete Schäfer. "Jetzt kommt allmählich, was ich schon immer gewollt habe", sagte der frühere Stadtbürgermeister Bernd Brato. Seinerzeit sei das Vereinsheim neu gebaut worden und ein Hybridplatz angelegt worden, erinnerte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde und freute sich über den Baubeginn für den Kunstrasenplatz - und sagte: "Die SG06 ist ein hervorragendes Aushängeschild und ein fantastischer Werbeträger." Brato war sich auch sicher, dass der Traditionsverein nun wieder in eine "höhere Spiel Klasse reinwächst" - und er nannte auch schon mal ein Klassenziel: Oberliga. Man müsse Geduld haben, meinte er und erinnerte, dass das nun begonnen Umwandeln des Rasenplatzes in einen Kunstrasenplatz auch 16 Jahre gedauert habe.
Bei der Einweihung des damaligen Rasenplatzes war auch das heutige Vorstandsmitglied Hans-Peter Grimmig dabei. Nun schaut der dritte Geschäftsführer zu, wie der erste Spatenstich für den Kunstrasenplatz vollzogen wurde. Er berichtete am Rande, dass angedacht ist, vor einem Teil des Sportlerheim ein Vordach zu installieren, damit Fans künftig bei schlechter Witterung einen Unterstand haben.
Beim Spatenstich herrschte allgemeine Heiterkeit, und man freut sich, dass es nun losgeht. Nach Angaben der ausführenden Firma Schmitt aus Langgöns sollen die Arbeiten in rund zehn Wochen abgeschlossen sein. Die eigentlichen Erd- und Unterbauarbeiten sollen rund acht Wochen dauern, danach wird die Firma Polytan noch zwei Wochen benötigen, um eine dynamische Schicht einzubauen und den Kunstrasen zu verlegen. Dafür sind zwei Wochen erforderlich, die mit trockenem Wetter einhergehen, hieß es bei dem Ortstermin.
Das bisherige Spielfeld ist innerhalb der Toleranz recht groß bemessen und "doch extrem groß", hieß es. Es ist 106 Meter lang. Das wird künftig nicht mehr der Fall sein. Der neue Platz wird nur noch 100 Meter lang sein, was dann auch wiederum innerhalb der Norm liegt. Dafür soll dann aber der Bereich zwischen dem Sportlerheim und dem eigentlichen Spielfeld etwas großzügiger gepflastert werden, teilte der zweite Geschäftsführer Dirk Lang mit. (tt)
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