50 und 25 Jahre: VG Altenkirchen-Flammersfeld feiert ihre beiden Partnerschaften
Grund zum Feiern gab es allemal: Die Partnerschaft zwischen der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und der französischen Stadt Tarbes besteht seit 50, die der VG mit der polnischen Gemeinde Olszanka nunmehr 25 Jahre.
Oberwambach. Gerade in dieser schwierigen Zeit mit dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine nach Wladimir Putins Befehl ist es wichtig, den europäischen Zusammenhalt zu bekräftigen. Dabei sind nicht nur Staatsmänner und -frauen gefordert, auch auf "unterer" Ebene können deutliche Zeichen für Frieden und Zusammenarbeit über Grenzen hinweg gesetzt werden. Seit nunmehr 50 Jahren unterhalten die Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen-Flammersfeld und die Stadt Tarbes am Fuße der französischen Pyrenäen partnerschaftliche Beziehungen, 25 Jahre sind die VG und die polnische Gemeinde Olszanka bereits enger verbandelt. Mit knapp 300 Gästen wurden diese Jubiläen am Samstagabend (3. September) in einem Festzelt in Oberwambach gewürdigt, da bekanntlich Feten gefeiert werden sollen, wie sie fallen. Zum Glück macht die pandemische Lage derzeit solch wichtigen Bekenntnissen zu Freiheit und Demokratie, ohne die diese Beziehungen gar nicgt möglich wären, keinen Strich durch die Rechnung.
Jüngerich: Ein Blick zurück
Gastgeber Fred Jüngerich als Bürgermeister der VG Altenkirchen-Flammersfeld blickte in seiner Begrüßung zunächst auf die beiden Geburtsjahre der Partnerschaften anhand von Ereignissen zurück: So erwähnte er für 1972 die Olympischen Spiele in München mit der Geiselnahme israelischer Sportler, den Versuch von Bundeskanzler Willy Brandt, die deutsche Ostpolitik mit dem Ziel der Wiedervereinigung auf neue Füße zu stellen, und die Gründung der schwedischen Popgruppe ABBA. Ein Liter Normalbenzin habe 57, ein Liter Diesel 59 Pfennige gekostet. 25 Jahre später, also 1997, seien Sarah Brightman und Andrea Boccelli mit ihrem Hit "Time to say Goodbye" 13 Wochen Platz eins der Charts gewesen, habe Borussia Dortmund durch das 3:1 in München über Juventus Turin die Champions League im Fußball gewonnen. Der Preis für einen Liter Normalbenzin habe bei 1,51, der für einen Liter Diesel bei 1,25 Mark gelegen. Aus dem aktuellen Jahr fügte Jüngerich den Gewinn der zehnten deutschen Fußball-Meisterschaft in Folge (die 32. insgesamt) von Bayern München sowie das letzte Konzert nach über 50 Jahren der Gruppe "Genesis" an und vergaß natürlich nicht, die (umgerechneten) Spritpreise zu erwähnen: ein Liter Superbenzin mit 3,60 und ein Liter Diesel mit 4,10 Mark. Natürlich streifte er die Situation in der Ukraine, in der "seit Februar des Jahres ein Autokrat Massenmorde an europäischen Mitbürgern begeht. Wir sind als europäisches Volk gefordert, den ukrainischen Menschen Solidarität entgegenzubringen. Dies muss aber seitens der nationalen Regierungen mit Bedacht geschehen und darf nicht von Aktionismus geprägt sein". Er sei davon überzeugt, dass die lokalen und regionalen Aufgaben, aber auch die weltweiten Konflikte nur durch ein friedvolles Miteinander, durch Solidarität und gegenseitige Akzeptanz gelöst werden könnten. "Gewalt, Krieg und Terror haben noch nie zur Problemlösung, sondern ausschließlich zu Leid und Tod geführt", war sich Jüngerich sicher.
"Mission des Friedens"
"Heute, nach 25 Jahren, können wir mit Sicherheit sagen, dass das, was wir in der Partnerschaftsurkunde über die gegenseitige Zusammenarbeit formuliert haben, in unserem gemeinsamen Handeln erreicht haben", erklärte Olszankas Bürgermeisterin Aneta Rabczewska, "die Kontakte zwischen unseren Gemeinden ermöglichen ein gegenseitiges Kennenlernen und zerstörten die historischen Vorurteile." Ein besonderer und sehr wichtiger Teil der bisherigen Erfolge im Bereich der Partnerschaft sei die Förderung des Jugendaustauschs, der 1998 ins Leben gerufen worden sei. Diese Besuche hätten stets die Absicht gehabt, einander näher kennenzulernen, positive Beziehungen und Freundschaften zu knüpfen, Sprachkenntnisse zu fördern, Erfahrungen auszutauschen und die Länder, ihre Traditionen, ihre Geschichte und die Gegenwart kennenzulernen. "Obwohl uns die Entfernung trennt und wir eine Sprachbarriere haben, können wir im 21. Jahrhundert einander zuhören und unsere Erfolge und Sorgen miteinander teilen", fügte sie an. Die Partnerschaft der Gemeinden sei eine Initiative und ein Projekt, von dem eindeutig beide Seiten profitiert hätten. "Schon alleine die Tatsache der engeren Kontakte ermöglichte es den Bürgern unserer Gemeinden, sich näher kennenzulernen, was die Zusammenarbeit und die Kontakte herzlicher und freundschaftlicher macht. Wir glauben, dass unsere Partnerschaft eine Mission des Friedens, der Brüderlichkeit und der Versöhnung, des kulturellen Austauschs und des gegenseitigen Kennenlernens zwischen unseren Völkern beinhaltet. Heute, wo hinter unserer Grenze im Osten Krieg in der Ukraine tobt, müssen wir uns darüber im Klaren sein, wie sehr wir uns um Frieden, Partnerschaft und Zusammenarbeit bemühen müssen", forderte Rabczewska in ihrem Grußwort, in dem sie sich sehr intensiv mit der Verbindung über Grenzen hinweg beschäftigte.
Schon fast ein "Dauergast"
Gérard Trémège, Bürgermeister von Tarbes, outete sich als fast "Dauergast" in der Region: "Es ist nun das 20. Mal seit dem Jahr 2001, dass ich mit einer Delegation aus Tarbes nach Altenkirchen kommen darf. Ich kann sagen, dass ich mich hier bei Ihnen wie zu Hause fühle. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Aufgabe darin gesehen, dieser Partnerschaft einen guten Sinn zu geben, sei es im sportlichen oder kulturellen Bereich oder im Bereich der Jugend." Er freue sich über diese Lebendigkeit, die in jedem Jahr durch neue Projekte, neue Programme und auch durch die Anwesenheit der "Les Musiciens du Soir" aus Tarbes aus den Hautes Pyrénees verstärkt werde. All dies zeuge von den engen Bindungen, "die uns einen. Auch in den kommenden Jahren werden wir alles dafür tun, um die Aktivitäten im Rahmen der Partnerschaft zum Wohle der Bevölkerung, vor allem aber zum Wohle unserer Jugend, noch weiter auszubauen". Trémège erläuterte vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie: "In den letzten beiden Jahren waren wir mit einer Gesundheitskrise nie dagewesenen Ausmaßes konfrontiert, die sich in enormer Weise auf alle unsere Lebensbereiche ausgewirkt hat, und seit dem Jahr 2019 warten wir darauf, wieder nach Altenkirchen kommen zu dürfen, um unseres 50-jähriges Partnerschaftsjubiläum fröhlich und unbeschwert zu feiern." Aleksandra Szyszka, eine Gesangssolistin aus Olszanka, der MGV Niedererbach, das Blasorchester Mehrbachtal und die Formation "Les Musiciens du Soir" (Tarbes) sorgten mit ihren musikalischen Darbietungen für den auflockernden Part; dabei gefiel besonders das Stück "Concerto d’amore" von Jacob de Haan, das die Westerwälder und die Südfranzosen gemeinsam vortrugen. Hannah Schuh ließ sich als Moderation selbst von einem technischen Problem (ein USB-Stick wollte beim ersten Versuch nicht ans Laufen kommen) nicht aus dem Konzept bringen. Für die Übersetzungen zeichneten Barbara Bauer (mit lautstarkem Beifall aus dem französischen Lager bedacht) und Yvonne Lysson-Wodarz verantwortlich. Sowohl Schuh als auch Bauer und Lysson-Wodarz sind in der VG-Verwaltung beschäftigt. Teilweise waren die Grußworte in die jeweilige Landessprache transferiert und auf den Tischen ausgedruckt ausgelegt.
Artikel 1 der Menschenrechte
Schon am Samstagvormittag war mit der Enthüllung der Tafeln, auf denen der Wortlaut des Artikels 1 der Menschenrechte in drei Sprachen (deutsch, polnisch, französisch) niedergeschrieben ist, ein weiteres Zeichen der Verbundenheit am Eingang zum Parc de Tarbes (vom Weyerdamm aus gesehen) gesetzt worden. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen", zitierte Jüngerich den Text und stellte heraus. "Für unsere Verbandsgemeinde, für die Stadt Tarbes und für die Gemeinde Olszanka ist dieses Ideal seit vielen Jahren eine Selbstverpflichtung. Seit 50 Jahren pflegt die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld zu ihrer Partnerstadt Tarbes eine sehr starke freundschaftliche Beziehung; gleiches gilt für die Verbindung zur Gemeinde Olszanka. Gerade in Zeiten wie diesen, welche durch Gewalt und Krieg, auch auf europäischem Boden, mitgeprägt sind, erlangen die weltweiten Menschenrechte nochmals besondere Bedeutung." Für die musikalische Begleitung sorgte die Formation "Les Musiciens du Soir".
Projektgruppe engagierter Menschen
Der Hintergrund: Aus der Ehrenamtsinitiative "Ich bin dabei!", die von der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei ins Leben gerufen wurde und an der die VG Altenkirchen-Flammersfeld beteiligt ist, ist eine Projektgruppe engagierter Menschen entstanden, für die die Einhaltung und die Kundgabe der Menschenrechte eine Selbstverständlichkeit ist. Die Gruppe heißt "w40.global" mit Jürgen Binder an der Spitze. Unter der politischen Federführung des Beigeordneten Rainer Düngen wurde entschieden, in der Stadt Altenkirchen die Menschenrechte auf Tafeln niederzuschreiben und sichtbar zu machen, was bislang an vielen Stelle geschehen ist. Dieses Projekt findet einen weiteren Höhepunkt in den Altenkirchener Menschenrechtstagen vom 19. bis 24. September. Vor 38 Jahren (1984) hatte der damalige Bürgermeister Karlheinz Klöckner mit seinem französischen Amtskollegen Raymond Erraçarret drei Stelen am inzwischen stillgelegten Brunnen (ebenfalls am Eingang zum Parc de Tarbes) als sichtbares Zeichen deutsch-französischer Beziehungen setzen lassen. Vor zehn Jahren waren Linden gleichfalls als Ausdruck freundschaftlicher Verbundenheit gepflanzt worden. (vh)
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