Altenkirchen: Bürgermeisterlose Zeit hat hoffentlich am 18. September ein Ende
Die Zeit, in denen die Stadt Altenkirchen ohne Bürgermeister auskommen musste, neigt sich hoffentlich ihrem Ende entgegen. Bei der außerplanmäßigen Wahl am Sonntag, 18. September, wirft Ralf Lindenpütz (CDU) als einziger Bewerber für das Amt seinen Hut in den Ring.
Altenkirchen. Seit dem 1. Juni ist schon ein bisschen Wasser die Wied hinuntergeflossen. Seit jenem Tag nämlich steht Altenkirchen ohne Stadtbürgermeister da, war Matthias Gibhardt (SPD) von diesem Posten zum 31. Mai zurückgetreten, führt der Erste Beigeordnete Paul-Josef Schmitt (CDU) die Geschäfte. Die Zeit der Vertretung wird, so die inständige Hoffnung vieler, am Sonntag, 18. September, hoffentlich ihr Ende finden, wenn die anberaumte Wahl zugunsten des einzigen Bewerbers, Ralf Lindenpütz (57/CDU), endet. Mindestens eine der gültigen Ja-Stimmen mehr (gegenüber den Nein-Stimmen) muss er für sich verbuchen, sonst wäre der Chefsessel im Stadthallenbüro zunächst weiterhin verwaist, weil ein rechtmäßiger Nutzer fehlt. Stimmengleichheit (Ja/Nein), also ein Patt, bedeutet die Nichtwahl, so dass ein weitere Wahl mit dem kompletten Vorfeldprozedere anberaumt werden müsste. Sollte der Kandidat die erforderliche Mehrheit erhalten, bleibt er bis zur nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2024 als Ehrenamtler tätig und kann sich natürlich dann wieder als Bewerber für die nächste "Regierungszeit" von fünf Jahren von den Christdemokraten nominieren lassen. In Altenkirchen sind 4669 Menschen wahlberechtigt. Bis Wochenmitte waren, so Ralf Weingarten, stellvertretender Büroleiter der Verbandsgemeindeverwaltung und für Wahlen zuständig, 697 Briefwahlunterlagen angefordert worden.
Appell: Wählen gehen!
Lindenpütz ist daran gelegen, dass die Wahlbeteiligung möglichst hoch ist. "Bitte gehen Sie alle wählen", hatte er schon bei der Vorstellung seines Programms explizit betont. Denn Wahlen, die außer der Reihe anberaumt werden, und das ist allgemein bekannt, leiden sehr oft unter fehlendem Interesse und als Folge dessen unter "Müdigkeit", den Weg zur Urne antreten zu wollen. Geleitet wird die Vorstellung von Lindenpütz, wie er seine Arbeit gestalten möchte, von der Überschrift "Gemeinsam". Nicht gegeneinander solle in Räten und Ausschüssen agiert werden, sondern immer sei es sein Ziel, einen möglichst breiten Konsens mit den Fraktionen von CDU (selbstverständlich), SPD, FDP, Bündnisgrünen und Freien Wählern zu finden. Seine Überlegungen beruhen auf drei Aspekten: Aus dem Dreiklang "Wohnen, Arbeiten und Leben" solle sich ein Schub für Altenkirchen entwickeln, hatte Lindenpütz seine Überlegungen bei der Programmpräsentation im Hotel Glockenspitze vor wenigen Wochen skizziert. Die Erschließung von Baugebieten zu forcieren sowie nachhaltige und kostengünstige Bauweise zu unterstützen, stehen für ihn hoch im Kurs. Es gelte, bezahlbares Wohnen zu ermöglichen, eine Wohnqualität zu schaffen, die landschaftstypisch sei. "Wir brauchen Quartierkonzepte", erklärte er und beschrieb auch den Mangel an quadratmetermäßig kleinen Wohnungen für junge Leute. "Altenkirchen, meine Heimatstadt!", lautete die Quintessenz seiner Denkansätze. Vor diesem Hintergrund müsse natürlich auch Handel, Gewerbe und die Wirtschaft gefördert werden, so dass gelte: "Mein Arbeitsplatz ist in Altenkirchen!". Wirtschaftszirkel müssten ins Leben gerufen werden, um Netzwerke zwischen den Unternehmen und der Stadt zu schaffen. "Wir müssen ein neues Gewerbegebiet ausweisen", konstatierte Lindenpütz und definierte als mögliche Areale das "Bergenhausener Feld" (westlich vom vorhandenen Industriegebiet) sowie den Bereich um den Güterbahnhof. Zudem sollten Marketingmaßnahmen der Stadt gemeinsam mit Gewerbetreibenden aufgelegt werden, beispielsweise "Altenkirchen - die Einkaufsstadt im Westerwald". Die Kultur und das Zusammenleben zu intensivieren, fasste Lindenpütz unter dem Teilbereich "Leben" zusammen. Es gelte, die Kulturförderung breiter aufzustellen ("Kultur kostet Geld, das müssen wir uns leisten"), Veranstaltungen und Feste gemeinsam durchzuführen - in einem zentralen Veranstaltungsort und per aktiver "Vermarktung" unterstützt, so dass dieses Gefühl entstehe: "Altenkirchen macht Lust auf mehr!".
Fraktionssprecher im Stadtrat
Lindenpütz, geboren in Wissen, aufgewachsen in Pracht-Niederhausen, verheiratet mit Christine, Vater von sieben erwachsenen Kindern, arbeitet für ein Logistikunternehmen in Bonn und setzt große Investitionsprojekte um. Er lebt seit 1994 in Altenkirchen, gehört dem Stadtrat seit 2009 an, hatte bereits 2019 schon einmal fürs Stadtbürgermeisteramt kandidiert und ist seit 2019 Fraktionssprecher der CDU in diesem Gremium. Der Urnengang am 18. September wurde erforderlich, weil Gibhardt zum 31. Mai vom Posten des Stadtchefs aus persönlichen Gründen seinen Abschied genommen hatte. Er hatte bei der Kommunalwahl vor über drei Jahren Heijo Höfer (SPD) beerbt, der über zwei Dekaden lang die Geschicke Altenkirchens gelenkt hatte. Gibhardt selbst hatte im ersten Wahlgang bei den Kommunalwahl 2019 nicht die erforderliche Stimmenanzahl erreicht, so dass er in die Stichwahl mit Lindenpütz ("Was vor drei Jahren richtig war, ist heute nicht falsch") gehen musste. Diese entschied Gibhardt im Juni mit exakt 1000 Stimmen (59,8 Prozent) für sich, während sein Widersacher 673 Stimmen (40,2 Prozent) verbuchte. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 36,2 Prozent. Im ersten Wahlgang am 26. Mai 2019 war Gibhardt auf 45,3 Prozent der Stimmen gekommen, Lindenpütz auf 35,7 und die parteilose Bewerberin Katja Lang auf 19,0. Da die SPD keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt, endet gleichermaßen eine Ära nach rund 70 Jahren. Die Sozialdemokraten stellten von 1952 bis 2022 ununterbrochen das Stadtoberhaupt: Dr. Emil Haas (1952-1971), Karlheinz Klöckner (1971-1992), Heijo Höfer (1992-2019) und eben Gibhardt. Zudem waren Haas, Klöckner und Höfer parallel in Personalunion als Amtsbürgermeister beziehungsweise Bürgermeister der Verbandsgemeinde tätig.
Wahl auch in Schürdt und Schöneberg
Damit es sich für die Wahlhelfer im Rathaus lohnt, am 18. September "Dienst zu schieben", wurden gleich zwei weitere Ortsbürgermeisterwahlen angesetzt. In Schürdt wird der Nachfolger von Klaus Wiesemann gesucht, der zum 31. Juli sein Amt niedergelegt hatte. So hofft der Erste Beigeordnete Konrad Mockenhaupt als "Diensthabender", dass die 218 Wahlberechtigten (35 Anforderungen Briefwahlunterlagen) sich mehrheitlich für den einzigen Bewerber, den Verwaltungsangestellten Torsten Saynisch (Jahrgang 1970), als Nachfolger Wiesemanns entscheiden. 327 Einwohner von Schöneberg, die jeweils ihre Stimme abgeben dürfen, finden ebenfalls nur zwei Kästchen auf ihren Stimmzetteln vor: Ja oder nein zu Erich Krüger (Jahrgang 1950/Rentner), dem derzeitigen Ersten Beigeordneten, der Frank Iwanowski (Rücktritt 30. April) "beerben" möchte (48 Anforderungen von Briefwahlunterlagen). Erst am Sonntag, 9. Oktober, wird in Seelbach (bei Flammersfeld) ein neuer Ortsbürgermeister gekürt. Um die Nachfolge von Wilfried Klein anzutreten, der bis zum 31. August der Gemeinde vorstand, bemühen sich Anke Klein (Jahrgang 1967/Hausfrau) und Lars Pietschmann (Jahrgang 1986/selbstständiger IT-Berater). 238 Frauen und Männer dürfen jeweils vom Recht der Stimmabgabe Gebrauch machen. (vh)
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