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Nachricht vom 23.11.2022    

Angeklagter soll Finanz- und Justizbeamte mit dem Tode bedroht haben

Von Wolfgang Rabsch

Einen nicht alltäglichen Fall hatte am Mittwoch, 23. November, Richter Reichel beim Einzelrichter des Amtsgerichts Altenkirchen zu verhandeln. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, den öffentlichen Frieden durch Androhung von Straftaten gestört zu haben, dazu Menschen bedroht und beleidigt zu haben.

Fotograf: Wolfgang Rabsch

Altenkirchen. Was wirft die Staatsanwaltschaft Koblenz dem Angeklagten konkret vor?
Der Angeklagte soll im Mai 2022 in Altenkirchen beim Amtsgericht während der Aufnahme eines Protokolls, indem er Revision gegen ein gegen ihn ergangenes Urteil eingelegt hatte, der zuständigen Rechtspflegerin gegenüber erklärt haben, es würde ‚Standing Ovations‘ geben, wenn sie erschossen würde. Urteile der Justiz stellte der Angeklagte auf eine Stufe mit den Unrechtsurteilen des Dritten Reichs. Die Justiz wäre ein korrupter Verein und alle Justizbeamten gehörten erschossen. Er habe bedauert, dass vor Jahren beim Amtsgericht Dachau ein Angeklagter nur den Staatsanwalt erschossen habe, aber nicht den Richter. Im Februar 2022 habe er gegenüber einer Mitarbeiterin des Finanzamtes Altenkirchen angekündigt, er werde ‚Amok laufen‘. Er könne der Erste sein, der das Finanzamt in die Luft jagt. Er sei im Kosovo als Scharfschütze gewesen, habe dort auch Menschen erschossen. Finanzbeamter wäre noch unter Pädophilen einzuordnen.

Nach dem Verlesen der Anklage fragte der Angeklagte den Vorsitzenden Richter, ob diese „Veranstaltung“ hier nach rechtsstaatlichen Prinzipien stattfinden und ob auch für ihn die Unschuldsvermutung gelten würde. Richter Reichel stellte fest, dass keine Erörterungen zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung stattgefunden haben.

Der Angeklagte bestritt alle ihm zur Last gelegten Vorwürfe, er beantragt Einstellung des Verfahrens. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, das Mithören von Telefonaten sei nicht zulässig, auch das Festhalten von Gesprächsnotizen müsse vorher bekannt gegeben werden.

„Ich habe niemanden beleidigt oder bedroht, hier steht Aussage gegen Aussage. Durch die Abzocke beim Finanzamt bin ich erwerbslos geworden und stand während der Pandemie vor dem Nichts“, so die Einlassung des Angeklagten.

Als erste Zeugin erschien die Rechtspflegerin vom Amtsgericht Altenkirchen: „Der Angeklagte wollte Revision einlegen, er war hochgradig erregt und aggressiv. Er meinte, dass es schade gewesen sei, dass der Angeklagte in der Verhandlung beim Amtsgericht Dachau nur den Staatsanwalt und nicht auch den Richter erschossen habe. Die Justiz sei ein korrupter Drecksladen, in dem alle unter einer Decke stecken.“

Der Angeklagte unterbrach die Zeugin und warf ihr vor: „Die Aussage der Zeugin ist subjektiv und darf daher nicht verwertet werden. Ich halte nach, wie vor nichts von der korrupten Justiz, Richter und Staatsanwälte sind total überbezahlt. Eine Zeugin, die lügt, ist kein Beweis, die Aussage war tendenziös. Das mit Dachau streite ich ab.“

Als nächster Zeuge wurde ein Finanzbeamter aufgerufen, der unmittelbar mit dem Angeklagten telefoniert hat. „Ich habe Steuernummer, Geburtsdatum und Wohnanschrift erfragt, alle Angaben stimmten mit dem Angeklagten überein, sodass ich keinen Zweifel hatte, dass es der Angeklagte war, der anrief. Er fing gleich an zu schreien, fiel mir andauernd ins Wort, und beschuldigte das Finanzamt als größte korrupte Organisation, die es geben würde. Im Kosovo habe er als Scharfschütze gekämpft, dort auch Menschen erschossen. Er hätte kein Problem, im Finanzamt Amok zu laufen und den Laden in die Luft zu jagen. Er würde auch Finanzbeamte erschießen.“



Auch während der Aussage des Zeugen fiel der Angeklagte diesem ins Wort und beklagte, dass der Zeuge lügen würde. „Ich bin seit über 30 Jahren Mitglied in einer Friedensbewegung, deshalb passen diese Vorwürfe von Gewalt nicht zu mir“, so seine Worte.

Der Leiter der Vollstreckungsstelle beim Finanzamt Altenkirchen bekundete, dass er mehrere Gespräche mit dem Angeklagten geführt habe, die anfangs sachlich waren, dann aber seitens des Angeklagten immer aggressiver und aufbrausender wurden. „Er drohte, wenn er eine Panzerfaust hätte, dann würde er diese auch gegen das Finanzamt einsetzen. Er würde Beifall klatschen und pfeifen, wenn das Finanzamt abgefackelt würde. Finanzbeamte wären ohnehin nicht die hellste Kerze auf der Torte“, sagte der Zeuge.

Der Strafregisterauszug (BZR) des Angeklagten wies mehrere Eintragungen querbeet durch das Strafgesetzbuch (StGB) aus: Nötigung, Beleidigung, Betrug, Bedrohung, Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz (LMBG) und so weiter.

Der Angeklagte: „Das Finanzamt hat bei mir eine Lohnpfändung durchgeführt, als ich gerade einen gut dotierten Job gefunden habe und mich noch in der Probezeit befand. Mir wurde umgehend gekündigt“.

Die Beweisaufnahme wurde geschlossen, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte eine Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 15 Euro, gebildet aus zwei Einzelstrafen von 60 und von 100 Tagessätzen.

Der Angeklagte fasste seinen Antrag und sein letztes Wort zusammen und sagte: „Sollte es zu einem weiteren Unrechtsurteil kommen, gehe ich sofort in die Revision“.

Richter Reichel verkündete dann das Urteil im Namen des Volkes:

Der Angeklagte wird wegen Beleidigung in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 130 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt.

Richter Reichel begründete sein Urteil mit der Tatsache, dass er keinerlei Zweifel an den glaubwürdigen Aussagen der Zeugen habe, zudem sei bei den Zeugen kein Belastungseifer erkennbar gewesen.

Rechtsmittelbelehrung wurde mündlich erteilt und schriftlich ausgehändigt. Der Angeklagte sagte daraufhin: "Wo kann ich hier Revision einlegen?".


Mehr dazu:   Blaulicht  
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