Kommunen in finanzieller Selbstständigkeit bedroht
Zu einer Klausurtagung trafen sich jetzt der SPD-Ortsvereinsvorstand sowie Mitglieder der Stadtrats- und Verbandsgemeinderatsfraktionen im St. Josef Seniorenzentrum in Wissen. Themen waren die Finanzpolitik und die kommunale Energieversorgung.
Wissen. Im ersten Teil der Klausur-Tagung von SPD-Ortsverein sowie Stadtrats- und VG-Ratsfraktion stand die Finanzpolitik im Vordergrund. Ortsvereinsvorsitzender Thorsten Wehner begrüßte dazu seinen Landtagskollegen MdL Frank Puchtler, Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Haushaltsausschusses. Puchtler begann seine Ausführungen mit einem Überblick über die allgemeine Haushaltslage des Landes und der Kommunen. Dabei sind viele Kommunen, so auch in der Verbandsgemeinde Wissen, insbesondere durch die hohen Kassenkredite in ihrer finanziellen Selbstständigkeit bedroht. "Bei steigenden Zinsen kann einem der Haushalt schnell um die Ohren fliegen", so der Landtagsabgeordnete. "Die Stadt Wissen ächzt zudem unter einer 30 Millionen Euro Last bei den Investitionskrediten", ergänzte SPD-Fraktionssprecher Thorsten Wehner. Viel zu lange habe man auf allen Ebenen und unabhängig von der Partei die Ausgaben ständig ausgeweitet. Hinzu komme eine schrumpfende Bevölkerung. Deshalb sei es notwendig, einen strikten Konsolidierungskurs zu fahren.
Auf Landesebene werde die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse in Zukunft zu teilweise schmerzhaften Einschnitten führen, wenn man weiterhin einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen wolle, prophezeite Puchtler. "Viele Wünsche sind nicht mehr zu erfüllen", so der Haushaltsexperte.
Der Landespolitiker ging aber auch auf den jüngsten Rechnungshofbericht ein, der die Kommunen mehr in der Pflicht sieht. Dieser stelle einerseits Handlungsbedarf auf der Ausgabenseite fest, z.B. bei Dauerzuschussbetrieben im Sport- oder Kulturbereich. Andererseits würden bei den Einnahmen nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Gebühren und Eintrittspreise müssten auf den Prüfstand, ebenso die Hebesätze bei den kommunalen Steuern und genauso die Umlagen.
"Diese Diskussionen müssen wir in der Verbandsgemeinde Wissen ehrlich führen", pflichtete Josef Schwan, Fraktionsvorsitzender der SPD-Verbandsgemeindefraktion, bei: "Was wollen wir uns leisten, was können wir uns leisten?".
Als ein Instrument des kommunalen Schuldenmanagements sei dafür der kommunale Entschuldungsfonds geschaffen worden, erläuterte Puchtler den Kommunalpolitikern. Dieser basiert entscheidend auf der Solidarität der so genannten kommunalen Familie. Nur in der Gemeinschaft komme man ein Stück voran. "Wenn wir hier mitmachen wollen", so Stadtratsmitglied Jürgen Linke, "dann müssen wir auch unsere Hausaufgaben machen." Ein Teil der Verantwortung liege auch beim Stadtrat, waren sich die anwesenden Ratsmitglieder einig. Leider sei die Bereitschaft hier mitzuwirken bei der Mehrheitsfraktion noch "entwicklungsfähig", kommentierte Wehner.
Im zweiten Teil der Klausur ging es um die kommunale Energieversorgung. Als kenntnisreicher Referent stand hier den Kommunalpolitikern Dr. Franz Straubinger zur Verfügung. Zu den wichtigen Zielen, die nach dem Ausstieg aus der Atomkraft verfolgt werden müssten, gehören u.a. die Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und auch der Ausbau dezentraler Strukturen. "Für uns als Sozialdemokraten zählt aber auch die Bezahlbarkeit von Energie zwingend dazu", stellte Thorsten Wehner klar. Für Straubinger als Geschäftsführer der Hatzfeldt-Wildenburg’schen Verwaltung ist der Wald bzw. das Holz selbstverständlich Bestandteil im "Konzert der Möglichkeiten". Hier gebe es große Chancen im Kreis Altenkirchen. Entscheidend sei aber, dass es zu einer abgestimmten Entwicklung komme, damit Einzelinitiativen nicht nebeneinander vorbei arbeiten. "Aus meiner Sicht zählt aber auch die Windkraft als Stromlieferant dazu", betonte Wehner. Jetzt nur auf so genannte Off-Shore-Anlagen zu setzen, bezeichnete der Sozialdemokrat als "totalen Quatsch", denn Wind sei in der Region viel vorhanden.
Die Sozialdemokraten waren sich auch darin einig, dass in Wissen zügig der Aufbau dezentraler Energieversorgungsstrukturen geprüft werden müsse. "Hier werden wir in Kürze Initiativen im Rat einbringen", kündigte Stadtratsmitglied Linke an.
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