Müllgebühren klettern: Musterhaushalt zahlt 25,93 Euro mehr im nächsten Jahr
Vieles wird teurer: Kurz vor Weihnachten reiht sich auch der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises Altenkirchen in die Reihe derjenigen ein, die Preisanpassungen vornehmen oder schon vorgenommen haben.
Altenkirchen. Ein Preisschock ist es wie beispielsweise bei Strom und Gas nicht, aber das Plus ist teils doch schon relativ deutlich: Die Müllgebühren im Kreis Altenkirchen klettern im kommenden Jahr für einen Musterhaushalt mit vier Menschen, die eine braune Tonne (120 Liter), eine graue Tonne (120 Liter) und eine blaue Tonne (240 Liter) befüllen, um stolze 25,93 Euro auf 169,67 Euro, nachdem in diesem Jahr 143,74 Euro in Rechnung gestellt worden waren. Die Steigerung beträgt also 18,04 Prozent. Dennoch erteilte der Werkausschuss des Kreistages in seiner Sitzung am späten Donnerstagnachmittag (8. Dezember) der Gebührenkalkulation, die der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises vorgelegt hatte, sein einstimmiges Okay und empfahl sie dem Kreistag zur Verabschiedung in dessen Zusammenkunft am Montag, 21. Dezember.
Gründe für den Anstieg
Die Gründe für den Anstieg wurden in der Beschlussvorlage erklärt: „Die Abfallentsorgungsgebühren wurden zur Deckung der voraussichtlichen Kosten des Wirtschaftsjahres 2023 neu kalkuliert. Dies betrifft alle Gebühren für die öffentliche Sammlung, die Selbstanlieferungen an den Wertstoffhöfen sowie die Sonderleistungen. Die Strukturen von Kalkulation und Wirtschaftsplan wurden gegenüber den Vorjahren grundsätzlich beibehalten. Durch Mengen- und Preisanpassungen ergeben sich entsprechende Veränderungen. Bedeutsam für die Kalkulation sind zum einen die in den Entsorgungsverträgen enthaltenen Preisanpassungsregelungen, von denen fast alle Entsorgungsunternehmen Gebrauch gemacht haben. Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, welche sich auch in den maßgeblichen Indizes widerspiegelt, fallen die Preisanpassungen zum Teil deutlich höher aus als in den vergangenen Jahren. Zum anderen gilt es, den durch die Mehrkosten der Oberflächenabdichtung der ehemaligen Hausmülldeponie in Nauroth verursachten Jahresverlust des Wirtschaftsjahres 2021 in Höhe von insgesamt 5.651.779,92 Euro entsprechend der Beschlussfassung des Kreistages vom 26. September ab dem Wirtschaftsjahr 2023 in fünf gleich hohen Raten (1.130.355,98 Euro pro Jahr) in der Gebührenkalkulation abzubilden. Im Übrigen wurden die Kalkulationsparameter an die aktuellen Werte und Gegebenheiten angepasst … Lässt man den Effekt (Oberflächenabdeckung) unberücksichtigt, würde der Anstieg der Gebühren für einen Vier-Personen-Musterhaushalt lediglich 4,91 Prozent (7,06 Euro) betragen.“ Die Leistungen für die Selbstanlieferungen an den Wertstoffhöfen seien in Teilen vom 1. Januar 2023 an neu vergeben worden. Bei mehr als der Hälfte der Fraktionen (Abfallarten) würden die Anliefergebühren auf dem bisherigen Niveau verbleiben; vereinzelt komme es zu moderaten Gebührenanpassungen. Aufgrund guter Ausschreibungsergebnisse ließen sich die Selbstanliefergebühren im Altholzbereich sogar deutlich senken. Zur Erinnerung: Der Auftrag für die gesetzlich geforderte Nachsorge der Hausmülldeponie in Nauroth war im Frühjahr für 13.798.254 Euro (netto) an die Firma Strabag Umwelttechnik GmbH vergeben worden, nachdem zunächst mit 10.156.602 Euro (netto) kalkuliert worden war. Wie schon vielfach dargestellt, darf die Pleite der Greensill-Bank und mit ihr der derzeitige Verlust von 3,6 Millionen Euro, die der AWB beim Bremer Geldhaus angelegt hatte, keine Rolle bei der Bemessung der Gebühren spielen. Kostenfrei sind nach wie vor die gelben Gefäße, die über das Duale System Deutschland finanziert werden.
„Hauptmusik beim Restabfall“
Fred Jüngerich, als (dritter) Kreisbeigeordneter für den AWB zuständig, verwies vor dem Hintergrund des Kletterns der Gebühren noch einmal explizit auf das Votum des Kreistags von Ende September, wie mit den Mehrkosten der Oberflächenabdeckung umzugehen sei. „Die Aufwandsrückstellung, die aus Erträgen zu finanzieren ist, war nicht auskömmlich“, erklärte er. Darüber hinaus sei eine allgemeine inflationäre Tendenz zu erkennen, die „uns als Entsorger maßgeblich trifft. Lässt man die Oberflächenabdeckung in Nauroth als einmaliges Geschehnis aber einmal außer Acht, so ist das mit den knapp fünf Prozent und knapp über sieben Euro eine äußerst moderate Anpassung im Vergleich zur allgemeinen inflationären Entwicklung“. Der stellvertretende AWB-Werkleiter, Sebastian Blumberg, sprach von der „Hauptmusik, die im Bereich des Restabfalls spielt und in dem der Verlustausgleich abgebildet ist“. Zugleich warnte er vor der Hoffnung auf weiter steigende Erlösen aus dem Verkauf des Papierabfalls. „Der Markt dafür verfällt zurzeit. Er war 2022 wirklich ,Bombe’. Ich glaube, dass wir vernünftige Preise in dieser Fraktion abgebildet haben“, fügte er an.
Umwelt-Kalender erschienen
Inzwischen ist auch der laut AWB-Werkleiter Werner Schumacher „so beliebte Umwelt-Kalender“ fürs Jahr 2023 wieder erschienen, „bewusst frühzeitig, weil viele, viele drauf warten, und mit dem obligatorischen Loch“. Die Kosten hätten für die Auflage in Höhe von rund 70.000 Exemplaren circa 36.000 Euro betragen. Vom kommenden Jahr an wird der AWB auch die Beratung seiner Kunden in Sachen gelbe Tonne von der Firma Remondis übernehmen. Schumacher ging davon aus, dass dafür eine halbe Stelle notwendig werde. Einstimmig sprach sich der Ausschuss für den Kauf eines Gabelstaplers für den Einsatz am Betriebs- und Wertstoffhof in Nauroth aus. Einschließlich Serviceleistungen fallen Kosten in Höhe von 72.820,66 Euro (netto) an, die der Lieferant des neuen dieselgetriebenen Fahrzeuges, die Firma Richter Fördertechnik GmbH & Co. KG (Herborn), als Rechnungsansatz aufführen darf.
Die Kalkulation der Gebühren
Die Gebührenkalkulation (in Klammern die aktuell gültigen Sätze):
Grundgebühr Restabfall - Grundgebühr 120 Liter (Grundbedarfsgefäß) 124,65 Euro (102,24 Euro); 120 Liter (Mehrbedarfsgefäß) 53,44 (52,91); 240 Liter (Grundbedarfsgefäß) 238,43 (195,25); 240 Liter (Mehrbedarfsgefäß) 101,32 (96,92); 240 Liter Kombinationsgefäß 178,09 (155,15); 1100 Liter (wöchentliche Leerung privat) 3875,51 (3178,01); 1100 Liter (wöchentliche Leerung gewerblich) 1931,05 (1676,71); 1100 Liter (2-wöchentliche Leerung privat) 1953,78 (1604,70); 1100 Liter (2-wöchentliche Leerung gewerblich) 981,22 (854,65); 1100 Liter (4-wöchentliche Leerung privat 991,74 (820,66); 1100 Liter (4-wöchentliche Leerung gewerblich) 506,23 (443,79).
Restabfall-Einsammlung (Leerungsgebühr) - Müllgroßbehälter (MGB/ab 5. Leerung) 120 Liter 4,53 Euro (4,31 Euro); MGB (ab 5. Leerung) 240 Liter 6,12 (6,08); MGB 1100 Liter (wöchentlich privat) 23,63 (23,34); MGB 1100 Liter (2-wöchentlich privat) 22,69 (22,32); MGB 1100 Liter (4-wöchentlich privat) 22,17 (21,78); MGB 1100 Liter (wöchentlich gewerblich) 24,83 (24,11); MGB 1100 Liter (2-wöchenlich gewerblich) 23,44 (22,99); MGB 1100 Liter (4-wöchentlich gewerblich) 22,37 (21,96); Restabfallsäcke 3,00 (3,00).
Bioabfall-Einsammlung (Gefäßgebühr) - MGB 60 Liter 23,19 Euro (20,46 Euro); MGB 120 Liter 45,02 (41,50); MGB 240 Liter 85,29 (78,56).
Papierabfall-Einsammlung (Gefäßgebühr) - MGB 240 Liter (4-wöchentliche Leerung) 0,00 Euro (0,00 Euro); MGB 660 Liter (4-wöchentliche Leerung) 22,55 (25,67); MGB 1100 Liter (4-wöchentliche Leerung) 16,13 (19,78); MGB 1100 Liter (2-wöchentliche Leerung) 34,04 (84,90); MGB 1100 Liter (wöchentliche Leerung) 97,66 (179,54).
Selbstanlieferer (je Tonne) - Bau- und Abbruchabfälle 220,00 Euro (220,00 Euro); Restabfälle 220,00 (220,00); Asbestabfälle 245,00 (245,00); Altholz A1 - A3 48,00 (98,00); Altholz A4 86,00 (175,00); Sperrabfall 200,00 (195,00); Künstliche Mineralfasern 700,00 (700,00); unbelasteter (reiner) Bauschutt 48,00 (45,00); Grünschnitt 75,00 (68,00); Metallschrott 0,00 (0,00); Elektronikaltgeräte 0,00 (0,00); PPK 0,00 (0,00); Altreifen 298,00 (298,00).
Bereich Sonderleistungen - Sperrabfall Express bis 2 Kubikmeter 199,00 Euro (185,00 Euro); Sperrabfall Express, je weitere 2 Kubikmeter Sperrabfall 42,00 (38,00); Hofentleerungsservice je Hof, Abfallart und Monat 35,00 (33,00). (vh)