Beim Azubi-Speeddating in Betzdorf lernten sich Schüler und Ausbilder kennen
Kurz, kompakt und vor allem im persönlichen Gespräch haben Ausbilder, und diejenigen, die einen Ausbildungsplatz suchen, sich beim Azubi-Speeddating kennengelernt. Die Erfahrungen zeigen, dass dies zu einem Ausbildungsvertrag führen kann. Allein die 55 angemeldeten Schüler ergaben 130 Einzelgespräche.
Betzdorf. "Es hat sich für uns gelohnt“, sagte Jens Orten, technischer Leiter von Maschinenbau Böhmer in Steinebach/Sieg. Er und Alexander Schmidt, Leiter der Finanzbuchhaltung, hatten ihren Stand in der Aula der IGS Betzdorf/Kirchen aufgebaut. Auf die Frage, ob vorangegangene Azubi-Speeddatings für das Unternehmen erfolgreich waren, antwortet Orthen: "Ja, wir haben tatsächlich einen Azubi gewinnen können.“ Und darauf hofften Orthen und Schmidt auch an diesem Dienstagnachmittag (7. Februar), und zwar beim diesjährigen Azubi-Speeddating. Die IHK-Regionalgeschäftsstelle Altenkirchen, die Wirtschaftsjunioren Westerwald-Sieg und die Bundesagentur für Arbeit in Betzdorf hatten zum sechsten Mal zu dieser besonderen Aktion eingeladen. Und wie Böhmer-Mitarbeiter warteten an insgesamt 24 Ständen die Vertreter von Ausbildungsbetrieben und -institution auf die Jugendlichen.
Azubi-Speeddating diesmal nur an einem zentralen Ort
Bei der fünften Veranstaltung, die nach Corona 2022 wieder in Präsenz stattfand, hatten sich die Organisatoren drei Standorte ausgesucht, unter anderem die IGS Betzdorf/Kirchen. Die Schule war diesmal der alleinige Veranstaltungsort. Das war bestimmt auch eine gute Entscheidung, denn mancher Jugendliche nutzte die Gelegenheit, um sich bei einem Ausbilder zu informieren, bei dem er sich im Vorfeld gar nicht angemeldet hatte. "Das ist eine tolle Aktion, dafür stellen wir gerne unsere Aula zur Verfügung“, so der kommissarische stellvertretende Schulleiter Michael Wertebach. Er begrüßte die "Face-To-Face"-Aktion. Die Berufsvorbereitung beginne in der IGS bereits ab der sechsten Jahrgangsstufe, zum Beispiel mit verschiedenen Praktika bei Firmen. "Die Verzahnung von Schule mit Wirtschaft und Wissenschaft – zum Beispiel mit der Uni Siegen - ist uns ein wichtiges Anliegen“, sagte Wertebach. Schließlich bilde man die Schüler hier aus, und dann wäre es auch schön, wenn die qualifizierten Menschen später hier in der Region blieben und arbeiteten.
Schule – ein Vermittler zwischen Schülern und Wirtschaft
Ähnlich äußerte sich auch Schulleiter Dr. Uwe Mattusch bei der kurzen und knackigen Eröffnung: "Wir als Schule verstehen uns als Mittler zwischen den Schülern und der Wirtschaft.“ Das bezog er sowohl auf eine akademische Ausbildung wie auch auf eine Berufsorientierung, die angesichts der großen Mittelstufe der IGS eine wichtige Rolle einnehme. An der IGS könne auch das Abitur abgelegt werden, aber Mattusch betonte auch, dass nach der Klasse 10 ein anderer Weg eingeschlagen werden könne. Als ein Stichwort nannte er den Fachkräftemangel und unterstrich: "Die Wirtschaft ruft danach". Für Unternehmen sei es wichtig, Leute ins Haus zu bekommen. IGS sei hier engagiert, zum Beispiel mit dem Praxisjahr. Schüler, die die Berufsreife erlangen möchten, seien einen Tag in der Woche in einem Betrieb. Das biete gute Chancen, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Der versäumte Stoff werde nachmittags nachgeholt. "Wir haben das äußerst positiv erlebt, und das bestärkt uns in unserem Handeln“, sagte der Schulleiter.
"Eine sehr schöne, interessante und neue Art, um auf junge Menschen zuzugehen.“
"Es ist gut, Schule und Wirtschaft zusammenzubringen“, sagte IHK-Regionalgeschäftsführerin Kristina Kutting, und der Betzdorfer Verbandsgemeinde Beigeordneter Christian Greb sprach von einer "sehr schönen, interessanten und neuen Art, um auf junge Menschen zuzugehen“. Es gebe hier viele Informationen auf engem Raum. Das griff auch Thomas Neumann, Berufsberater bei der Bundesagentur für Arbeit in Betzdorf, auf: "Berufsberatung muss man heute anders denken". Aus seiner Sicht gehört eben auch dazu, dass man Schüler und Ausbilder auf eine andere Art zusammenbringt. Ein Stichwort heißt Azubi-Speeddating. Es war ein breiter Querschnitt am Ausbildungsberufen, über die sich die Jugendlichen informieren konnten. Da war es der Pflegeberuf, dort war es der Berufskraftfahrer an einer anderen Stelle der Zerspanungstechniker. Und der Beruf des Bankkaufmanns war ebenso im Angebot.
"Auszubildende als Fachlageristen werden dringend gesucht.“
Vom Mediengestalter über Kaufleute im Groß- und Außenhandelsmanagement, bis hin zu Fachinformatiker Systemintegration hatten Elke Bleeser, Ausbilderin bei Schäfer Shop, sowie Julia Rebeschies an ihrem Stand Ausbildungsberufe im Angebot. Auch sie wissen, dass sich aus dieser Form der persönlichen Vorstellung ein Praktikum und auch ein Ausbildungsplatz ergeben kann. Es sei eine spannende Sache, innerhalb von nur zehn Minuten - länger dauerte das einzelne Gespräch nicht - gegenseitig alles herauszufinden. Mit 20 Jugendlichen in der Liste waren die Beiden gut belegt. An ihrem Stand war auch Sabrina Klappert von Schäfer-Shop-Logistik mit von der Partie, die im Gespräch mit dem AK-Kurier berichtete: "Auszubildende als Fachlageristen werden dringend gesucht". Erstmals war das Unternehmen Remondis, das unter anderem einen Standort in Altenkirchen hat, beim Azubi-Speeddating vertreten. Früher habe man genügend Auszubildende gefunden, aber inzwischen habe man auch mehr Ausbildungsplätze, sodass man mehr für das Unternehmen werben möchte, so Ausbildungsbeauftragte Anne Max. Sowohl im kaufmännischen wie im technischen Bereich suche man jeweils einen Auszubildenden für den Standort Altenkirchen und zum Stichwort Berufskraftfahrer meinte Max: "Je mehr, desto besser".
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Pflegeschule: Zehn Ausbildungsplätze für einen Pflegeberuf
Die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, zum Beispiel zum Stichtag 1. August 2023, aber auch im nächsten Jahr, sind offensichtlich gut. Auch bei der Pflegeschule in Kirchen. "Wir suchen noch zehn Auszubildende im Bereich von Pflegeberufen für Sommer 2023“, sagte Dagmar Leiendecker, Lehrerin für Pflegeberufe. Ausgebildet werden Pflegefachkräfte. Mit dieser Veranstaltung mache man sich bekannt, sagte Leiendecker. Aus ihrer Sicht ist das Azubi-Speeddating mit einer von den guten Wegen, die man beim Thema Ausbildung geht. Zu den guten Wegen zählt sie unter andere die Ausbildungs- und Berufsorientierungsmesse, an der sich die Pflegeschule im Herbst im Kulturwerk Wissen beteiligte, sowie Berufsorientierungstage, die Schulen anbieten: "Es macht die Mischung und die Vielfalt“, sagte Leiendecker, die mit der angehenden Lehrkraft Larissa Debus am Stand der Pflegeschule informierte.
"Dazugehörer gesucht"
"Dazugehörer gesucht“ war an einem Stand zu lesen, an einem anderen: "Starte deine Karriere hier bei uns“. Unternehmen und Institutionen - Polizei und Bundeswehr waren auch vertreten - suchen Jugendliche für die Ausbildung. IHK-Regionalbetreuer Frederik Fein zog einen Vergleich, was sich in der vergangenen Dekade gewandelt hat: "Unternehmen bemühen sich heute, junge Menschen für einen Ausbildungsplatz zu gewinnen". Marcel Stitz von den Wirtschaftsjunioren stellte heraus, dass Fachpersonal eben genauso fehle, wie es immer prognostiziert worden sei. Aus seiner Sicht sei es wichtig, wieder mehr für Berufe im Handwerk und in der Industrie zu begeistern.
Angemeldete Besuche, aber auch Spontanbesuche
55 Schüler und Jugendliche hatten sich im Vorfeld für einen Termin angemeldet, und allein daraus ergaben sich 130 Gespräche, berichtete IHK-Mitarbeiter Lars Lettau. Neben den angemeldeten Schülern gab es aber auch diejenigen, die ad-hoc vorbeischauten. Und darüber hinaus gab es weitere Jugendliche, die sich zwar für bestimmte Betriebe in eine Terminliste eingetragen hatten, aber die Gelegenheit auch beim Schopf packten und sich mit anderen Ausbildungsbetrieben auch noch einen kurzfristigen Termin organisierten, berichtete Berufsberater Neumann.
Natürlich wurden am Dienstag beim Azubi-Speeddating noch keine Ausbildungsverträge unterzeichnet - aber: Die Schüler haben ihre Visitenkarte abgegeben, haben Fragen zu ihrem (Wunsch-)Ausbildungsberuf beantwortet bekommen und auch die Ausbilder auf der anderen Seite des Tisches haben sich ein Bild von den potenziellen Bewerbern machen können. Und sicher wurden auch schon erste Tür für ein Praktikum aufgestoßen - denn: "Ein Praktikum ist vor einer Lehre immer anzustreben“, sagte Orthen von Maschinenbau Böhmer. (tt)
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