Kinder aus Tschernobyl erholen sich im Oberkreis prächtig
Auch in diesem Jahr erleben Kinder aus der Gegend von Tschernobyl wieder eine erlebnisreiche Freizeit im Oberkreis. Die Kinder sind bei Gasteltern untergebracht und absolvieren ein abwechslungsreiches Programm. Einer der Höhepunkte war die Fahrt im Konvoi mit Zugmaschinen der Spedition Hermann.
Oberkreis. Vor mehr als 25 Jahren schockierte die Detonation eines Atomreaktors in Tschernobyl (Weißrussland) die Welt. Ein großes Gebiet um den Unglücksreaktor wurde für immer unbewohnbar. Die atomare Strahlung war und ist sogar heute noch in Deutschland in bestimmten Gebieten messbar. Eine positive Folge des Unglücks war die, dass Menschen aus ganz Europa bereit waren, den Kindern aus der Umgebung von Tschernobyl aktiv zu helfen, sie zur Erholung einzuladen und in ihre Familien aufzunehmen. Anja Schneider-Schuhen von der Caritas in Betzdorf, die in diesem Jahr das Projekt betreut, berichtete, dass man im vergangenen Jahr Schwierigkeiten gehabt habe, genug Familien für die Kinder zu finden. Viele Leute hätten gemeint: "Wie? Macht ihr das immer noch, das ist doch schon so lange her". Aber Fakt ist nun mal, das atomare Strahlung über eine unvorstellbar lange Zeit anhält.
Erst das Erdbeben von Japan und die dortige Reaktorkatastrophe haben die Menschen wieder für das Thema sensibilisiert. So meldeten sich in diesem Jahr fünf neue Familien, die bereit waren, Kinder aus Tschernobyl aufzunehmen. Von der belarussischen, gemeinnützigen Stiftung "Den Kindern von Tschernobyl" wurden 22 Kinder im Alter von acht bis 16 Jahren für den Oberkreis ausgesucht und mit drei Betreuern herüber geschickt. Zeitgleich kam auch wieder eine Jugendgruppe hier an, die aber mittlerweile schon wieder abgereist ist. Angekommen sind die Kinder und Jugendlichen am 1. August und verbrachten ihre ersten Tage in Fensdorf. Während der Zeit werden die Gesundheitspässe der Kinder mit den Betreuern ausgewertet, um die Gastfamilien auf eventuelle Probleme, wie zum Beispiel Allergien hinzuweisen. Außerdem findet in der Zeit auch immer der Basar für die Tschernobyl-Kinder statt, da diese meist mit sehr wenig Gepäck ankommen. Monika Hornickel und Anneliese Andrich sammeln schon seit 20 Jahren unentwegt für diesen Basar Kleidung ein, die dann an die Kinder verteilt wird.
Nach fünf Tagen in Fensdorf kam der große Tag, an dem die Kinder den Gastfamilien zugeteilt wurden, einige Familien sind schon viele Jahre als Gastgeber tätig. So nimmt eine Familie aus Herdorf ein Mädchen schon seit 14 Jahren in ihre Obhut und mittlerweile ist aus dem Kind eine junge Frau geworden. Ein anderes Ehepaar, dessen eigene Kinder längst aus dem Haus sind, hat sich entschlossen, in diesem Jahr gleich vier Jungs auf einmal in ihr Haus zu nehmen. Dies sei jedoch nicht ganz so einfach wie mit vier Mädchen, wie die Gastmutter berichtete, denn auch das hat das Ehepaar schon mal durchgezogen. Im Verlauf der Zeit haben einige Familien sogar etwas russisch gelernt und können sich holprig mit den jungen Gästen verständigen. Unter den Gastfamilien sind aber auch einige Aussiedlerfamilien und die fungieren auch schon mal als Übersetzer. Zudem sind die Begleitpersonen meist Lehrer, die der deutschen Sprache mächtig sind.
Im jährlichen Besuchsprogramm stehen auch immer Besuche von Schulen für die Gäste an. So haben sie schon das Gymnasium in Betzdorf besucht und die Förderschule in Scheuerfeld, auch die Realschule Plus in Gebhardshain soll Montag 22. August, noch besucht werden. Für Donnerstag, 25. August, hat der Skiclub Scheuerfeld zu einem Kinderfest an seine Skihütte eingeladen. Letztes Wochenende bescherten Wolfgang Herrmann und seine Frau von der gleichnamigen Spedition in Kirchen den Kindern wieder einen erlebnisreichen Tag. Auch die Herrmanns pflegen dieses soziale Engagement schon seit 20 Jahren und ihre Mitarbeiter stellen sich dann ebenfalls in den Dienst der guten Sache. Mit 19 Zugmaschinen ging es im Konvoi vom Speditionsgelände aus auf Tour. Zuerst zur Stippvisite zum Bürgermeister Wolfgang Müller, von dort über Herkersdorf und Herdorf nach Daaden. Dort wurde die Gesellschaft in der Mittelstraße mit Musik und Gesang empfangen und mit allerlei Köstlichkeiten verpflegt. Weiter ging es später nach Betzdorf zum Eis essen. Während der Fahrt wird von den Fahrern immer kräftig auf die Hupe gedrückt und richtig Rabatz gemacht. Dann wissen alle Leute, dass die Tschernobyl-Kinder vorbei kommen und viele winken ihnen vom Straßenrand zu. In Oberfischbach wurde der Tross von der Feuerwehr erwartet, hier durften die Wagemutigen mit der Drehleiter hoch hinaus. Wasserspiele und eine Rollenrutsche sorgten zudem für Unterhaltung und wieder gab es Essen und Trinken satt für alle. Abends nahmen die Gasteltern die Kinder auf dem Gelände der Spedition Herrmann wieder in Empfang. (anna)
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