Heupelzen: Neuer Aussichtsturm als „Ankerattraktion“ des Westerwaldes
Der nächste Schritt, auf dem Beulskopf einen neuen Aussichtsturm zu bauen, ist vollzogen. Das geforderte touristische Konzept liegt vor, nachdem bereits ein Bodengutachten bescheinigte, dass das avisierte Areal für eine „Wiedergeburt“ als tauglich eingestuft wird.
Heupelzen. Die Spatzen pfeifen es schon seit längerem vom Dach über der Aussichtsplattform: Der hölzerne Raiffeisenturm auf dem Beulskopf ist in die Jahre gekommen. Eingeweiht im Juni 1990, wird er von Jahr zu Jahr reparaturanfälliger, musste sogar schon einmal über mehrere Wochen hinweg wegen des Ausbesserns größerer Schäden gesperrt werden. Ein Neubau auf dem sogenannten „Hinterkopf“, rund 50 Meter vom aktuellen Standort entfernt, ist seit dem Votum des Heupelzer Gemeinderates (die Ortsgemeinde ist Besitzerin eines der touristischen Highlights in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld) vor Weihnachten 2020 mehrheitlich beschlossen unter der Maßgabe, dass sich der Kostenanteil, der bei der Ortsgemeinde verbleibt, finanziell darstellen lässt. Geknüpft an zwei Ausarbeitungen, bescheinigte zunächst ein Bodengutachten der geplanten Ausweichfläche, die im Besitz der Waldinteressenten ist, die uneingeschränkte Bebauungsmöglichkeit. Ein nun vorgelegtes Konzept, das ebenfalls verlangt worden war, beleuchtet das Vorhaben aus touristischem Blickwinkel, wie der Ortsgemeinderat in der jüngsten Sitzung erfuhr. Erfreulich sei, so Ortsbürgermeister Rainer Düngen, dass ein Turmneubau in Verbindung mit einer geplanten „Wäller Tour“ zum Thema Raiffeisen der Verbandsgemeinde Hamm zur Tourismusstrategie des Landes Rheinland-Pfalz und der Reiseregion Westerwald passe. Der Raiffeisenturm gelte hierbei als eine der „Ankerattraktionen“ des Westerwaldes. Ziel sei es auch, das Turmumfeld für Besucher zu optimieren. Mehr als zwei Millionen Menschen können laut IFT Freizeit und Tourismusberatung GmbH (Köln), die das Exposé vorlegte, den Raiffeisenturm innerhalb einer Stunde erreichen. „Im Konzept wird auch ausführlich auf die Chance des Wander- und Radtourismus in den Mittelgebirgen eingegangen“, fügte Düngen an, „besonders wird darauf hingewiesen, dass aus Gründen der Nachhaltigkeit ein Turmneubau Sinn macht, da der alte Turm seine technische Lebensdauer erreicht hat und mit hohen Reparaturkosten gerechnet werden muss. Hier könnte dann auch über die Installation von Fotovoltaik-Modulen nachgedacht werden.“ „Wäller Touren“ beinhalten Rundwanderwege und bilden Tageswanderungen im Westerwald ab. Es sind zertifizierten Routen mit einer Länge zwischen 9 und 22 Kilometern.
Entwurf eines Referenzturms liegt vor
Wie schon vom damaligen Turmbauverein geplant, soll ein 24 Meter hoher Neubau (Plattform) auf dem höchsten Punkt des Beulskopf (388,2 Meter über NN, der jetzige liegt acht Meter tiefer, deswegen die geplante geringere Höhe) entstehen. Das Architekturbüro Blecke und Maas Ingenieure (Werl) entwickelte bereits den Entwurf eines Referenzturmes, der bei einem Workshop große Aufmerksamkeit erhielt und Gefallen fand. Die Stahlrohrvariante soll insgesamt 27,5 Meter (ohne Antennen) hoch werden. Ein großzügiges Dach verhindert den direkten Blick auf die Funkkomponenten (auf dem alten Turm sind sieben montiert) und dient dem Schutz der Besucher. Die Infrastruktur der Mobilfunkbetreiber über dem Ausguck ist wichtig für die Gemeindekasse, denn die mit den Betreibern geschlossenen Verträge garantieren pro Jahr rund 16.000 Euro an Einnahmen. Zurück zum Entwurf: Eine Turmbespannung erhält eine Fassadenbegrünung, die sich der Natur anpasst. Befestigungen fürs Klettern und Abseilen sollen angebracht werden. Diese können für Übungen von THW und Feuerwehr sowie bei Veranstaltungen genutzt werden. Nach dem Rückbau des alten Turms könnte dessen Fundament für eine Waldbühne oder Boulderwand eine Grundlage bilden. Weitere Angebote sollen entwickelt und vernetzt werden. Durch die „Wäller Tour Raiffeisen“ und den Neubau des Raiffeisenturms mit interessantem Umfeld werden für die Region zudem auch wirtschaftliche Effekte erwartet. Die Kalkulation der Gesamtmaßnahmen liegt bei 1,20 Millionen Euro, die Turmbaukosten machen 1,15 Millionen Euro einschließlich Bauneben- und Abrisskosten sowie Gestaltung der Außenanlagen aus. Die Fachleute aus der Wallfahrtsstadt im Kreis Soest zeigen sich, wenn es um die Realisierung von Turmbauten geht, in Sachen Gestaltung sehr innovativ. Beispiele sind der Lörmecketurm bei Warstein oder der Aussichtsturm auf dem Dürsberg (Gemeinde Sonsbeck/Kreis Wesel).
Abstimmungsgespräche folgen
Im nächsten Schritt sollen Abstimmungsgespräche mit den Fachabteilungen der Verbandsgemeindeverwaltung erfolgen. Danach muss der Ortsgemeinderat das weitere Vorgehen beschließen. In dessen nächster Sitzung im Mai sollen zudem grundlegende Standards festgezurrt werden. Düngen machte in der Zusammenkunft vor wenigen Tagen auch deutlich: „Wir und die Verbandsgemeinde Hamm haben für die Region vorgelegt. Jetzt müssen die Region und das Land zeigen, dass der Turmneubau und andere touristische Maßnahmen gewollt sind.“ Die Bewertung von Grund und Boden des avisierten Bereichs erbrachte eine Schicht Oberboden, eine circa 40 Zentimeter dicke Lehmauflage und darunter befindliches Felsgestein. Rund 500 Quadratmeter würden als Bauplatz ausreichen, der per Fußweg von der alten Zone erschlossen werde, hatte Düngen dargestellt. Bis nun wirklich der neue Raiffeisenturm Gestalt annehmen wird, müssen diverse Vorarbeiten - auch bürokratischer Natur - erledigt werden. „In zwei bis drei Jahren könnte der Bau beginnen“, schätzte Düngen damals, der vorrangig den erforderlichen Pachtvertrag mit den Waldinteressenten in trockene Tücher bringen muss, ehe er Termine mit Behörden anpeilt, um sich allerhand Fragen (ob beispielsweise ein Bebauungsplan vonnöten ist) beantworten zu lassen. Ganz oben auf seiner Liste steht ebenfalls ein Dialog mit den Betreibern der Antennen, in dem er abchecken will, ob alle den Weg des Umzugs auch beschreiten. Die beiden Ausarbeitungen kosteten zusammen rund 25.000 Euro und wurden mit jeweils 75 Prozent aus Leader-Töpfen gefördert, für die Ortsgemeinde blieben rund 6000 Euro „übrig“.
270.000 Mark kostete Holzkonstruktion
Wer die Aussicht aus luftiger Höhe genießen möchte, muss noch 177 Stufen vom Erdboden bis zur Plattform in einer Höhe von 30,50 Meter (und wieder zurück) in Angriff nehmen. Der Bau des Turms, dessen drei Seiten alle gleich lang sind, begann mit den Erdarbeiten im Oktober 1989. Die Grundsteinlegung war im April 1990. An drei Tagen im Juni 1990 folgte bereits die Einweihung. Die Ortsgemeinde wurde damals verpflichtet, die Unterhaltung sicherzustellen. Rund 270.000 Mark wurden für die Errichtung ausgegeben. Das Land steuerte allein 105.000, der Kreis 60.000 Mark bei. Viele Spenden komplettierten den Etat. Das „Gerüst" wiegt rund 35 Tonnen, in die Bodenplatte flossen rund 165 Kubikmeter Beton. Legendär sind zahlreiche Feste am Fuße der Struktur und die wettbewerbsmäßigen Läufe bis unters Dach. Die Bestzeit wird laut Wikipedia mit 27,16 Sekunden gehalten. Erste Überlegungen eines Turmbaus reichen laut Birkenbeuler Schulchronik bis ins Jahr 1922 zurück. Letztendlich war es das sagenhafte Kohlenmeilerfest mit rund 25.000 Besuchern über drei Wochen im August 1986, das den finalen Push für die Errichtung der erhöhten Aussicht gab. (vh)
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