Neuer Altenkirchener Kulturspielort: „Zur guten Quelle“ mitten in der City
Innenstädte nicht aussterben lassen, sondern wieder mit mehr Leben erfüllen: In vielen Kommunen sind Ideen begehrt, reifen Überlegungen. Das Kultur-/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller in Altenkirchen tritt mit einem famosen Plan in die Öffentlichkeit.
Altenkirchen. Menschen sitzen entspannt und plaudernd auf der von einem heimischen Kunstschmied stilvoll gestalteten Außenterrasse des alten Gebäudes. Aus dem Innern verbreitet sich sanfter Barjazz in die laue Sommernacht und umspült Gäste als auch die Ranken von Blauregen und Trompetenwinde, die sich an den Fallrohren die Hausfassade emporgearbeitet haben und dem Gesamtensemble eine warme Atmosphäre vermitteln. Menschen in der Fußgängerzone bleiben erstaunt stehen und lauschen den Klängen, wollen durch die geöffneten, großen und mit bunten Sprossenscheiben versehenen Fensterelemente einen Blick über die gut gefüllte Terrasse des Hauses erlangen. Die Augen bleiben inmitten der Fassade wie gebannt haften. Ein harmonischer Natursteinbrunnen teilt die Mitte des Hauses mit jeweils einer Eingangstür in den Gastraum und einer in den Veranstaltungsraum. Klares Wasser fließt glitzernd aus einem alten goldenen Wasserhahn in ein Steinbecken, sanft und stetig. Mauerreste des historischen Stadttores aus längst vergangenen Zeiten sind fachlich kompetent und kunstvoll rekonstruiert. Nein, es handelt sich nicht um einen Abstecher in die Toskana. Vielmehr beschreibt Helmut Nöllgen als Chef des Altenkirchener Kultur-/Jugendkulturbüros Haus Felsenkeller seine Vorstellungen, die sich zeitnah im unteren Teil der Fußgängerzone ergeben könnten: nämlich gegenüber des altehrwürdigen Gebäudes der Privilegierten Apotheke Malmedie, genauer gesagt rechts neben Peter „Schmidt Wohnen“ und auf den Punkt getroffen in der Wilhelmstraße 40.
Fast schadlos Bombenangriffe überstanden
Unter der Adresse firmierte einst die Gaststätte „Zur guten Quelle“, die bis in die Jahre des Zweiten Weltkriegs hinein vom Inhaber Albert Erdnüss betrieben wurde. Das im Erdgeschoss noch zweigeteilte Haus überstand die Bombenangriffe der Aliiierten vor allem im März 1945 weitestgehend unbeschadet. Nach Schließung des Gastronomiebetriebes zogen Geschäfte vieler Fachrichtungen ein und auch wieder aus. Nach und nach entflammte bei Nöllgen, der mit dem Kulturbüro seit über 30 Jahren in Sichtweite zum Haus Erdnüss gegenüber in der Marktstraße beheimatet ist und in dem Büro an den Kulturprojekten für Stadt und Verbandsgemeinde arbeitet, die Liebe zum Gebäude „Zur guten Quelle“, erst recht zum zurückliegenden Jahreswechsel, als einer der Mieter des Hauses seinen Auszug ankündigte, so dass Nöllgen sich inzwischen um einen Kauf bemüht.
Umfangreiches Raumkonzept entwickelt
Seitdem verbringt Nöllgen viel Zeit mit Zollstock und Bauplänen in der „Nachbarschaft“, entwickelt ein äußerst umfangreiches Raumkonzept für die drei Stockwerke und ist fest entschlossen, das Anwesen unter anderem auch mangels nachhaltiger Veranstaltungsräume auf Jahre hinaus zu bespielen, den Leerstand dauerhaft zu beenden und es in ein Haus der Begegnung und Kultur umzubauen. Die Pläne stehen bis ins Detail, das Konzept ist fertig und verspricht eine große Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten. Und diese beinhalten Räume zum Treffen heimischer Gruppen und Vereine, für abendliche Skatrunden und Romeegesellschaften, für an Tango Milongas Interessierte und für Tanzcafés für Senioren. Möglich sind Infoabende und Seminare. Über allem steht das Kerngeschäft der Felsenkeller-Kultur, die Kleinkunstbühne, um endlich terminungebunden deutlich vielfältigere Kulturveranstaltungen anzubieten. Ein Hauptblickpunkt ist vor allen Dingen der Bereich Kinder und Jugend und viele neue Kulturformate. „Alles wird klein und fein“, wie Nöllgen betont und „ist als attraktiver Veranstaltungsraum in der Stadt, für die Stadt und die Altenkirchener Region gedacht.“ Zudem formuliert er ein hohes Ziel: „Ich will im Sommer 2024 eröffnen.“
Name wird beibehalten
„Zur guten Quelle“ wird als Namen beibehalten. Das Haus bedarf einer Kernsanierung, die von Nöllgen gewollt ist. Das Faszinierende für den leidenschaftlichen Handwerker und gelernten Tischler, Lehmbauer und langjährigen Altbausanierer ist gleichfalls die Tatsache, im Haus gleich zwei Wände der historischen Stadtmauer vorzufinden, die er sichtbar und für die Gäste erlebbar machen möchte. Die vielen Schichten billiger Makulatur und Verunstaltungen auf Wänden und Decken will er rückgängig machen und der Sache förmlich auf den Grund gehen, das Leben und Handeln der vielen Generationen der Vorbesitzer zu Tage bringen und in das vielfältige Nutzungskonzept einbringen, „Bau- und Stadtgeschichte zum Anfassen sichtbar zu machen.“ Auch das gehört zu Nöllgens Ambitionen.
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Kernsanierung unabdingbar
60 Jahre nachdem bei Albert Erdnüss die Zapfhähne versiegten, sollen diese nun wieder sprudeln. Und dass es Nöllgen an sprudelnden Ideen nicht fehlt, hat er schon immer mit vielen Kulturprojekten seit 1986 von Open-Air-Festivals über Kultur an ungewöhnlichen Orten bis hin zum Spiegelzelt unter Beweis gestellt. Die geplante Kernsanierung ergibt in Parterre zwei Räume mit Gastraum und gleichzeitigem Foyer für die Besucher der Kulturveranstaltungen und den Veranstaltungsraum selbst mit herausgenommener Zwischendecke und somit einer entstehenden imposanten und optimalen Raumhöhe auch für Varietéabende mit Vertikalseil. Im ersten Stock wird eine Zuschauerempore eingezogen, und es entsteht ein attraktiver über fünf Meter hoher Veranstaltungsraum für 100 Zuschauer. „Nun ist die Gelegenheit, eine solche Räumlichkeit mit Stil, Niveau und Anspruch und vor allem dauerhaft, also tatsächlich nachhaltig, zu initiieren“, lautet Nöllgens Parole. Dass nicht nur die beiden im Parterre angesiedelten Räume genutzt werden können, vielmehr weitere Bonbons wie ein „Hinterzimmer“ mit Küche für kleine Gruppen und Gesellschaften, unmittelbar an der dann restaurierten Stadtmauer gelegen, zu einem kleinen intimen Gruppenbereich werden können, begeistert Nöllgen schon jetzt. Der erste Stock bietet neben der Zuschauergalerie mit zwei weiteren Räumen Platz für kleine Gruppen, Seminare und Treffen. Der zweite Stock wird zu einem attraktiven Dachkammeratelier ausgebaut und könnte an spielfreien Tagen auch touristisch für Gäste der Stadt und Region angeboten werden. Derzeit plant Nöllgen, dass er sein Büro schräg gegenüber in der Marktstraße an Ort und Stelle belassen muss.
Zurück zum ursprünglichen Baustoff: Lehm
Alle Räume will Nöllgen nach Möglichkeit mit dem ursprünglichen Baustoff der Vergangenheit, nämlich Lehm, versehen. Die Gesamtgestaltung soll nach seinen Ideen eine Mischung aus 1920er-Jahre mit sinnvollen modernen Elementen werden. Die Theke will Nöllgen, wie auch schon im Spiegelzelt, wieder selbst bauen. Ein Schmuckstück soll sie werden, sichtbar von der Fußgängerzone aus mit direktem Bezug zur Außenterrasse. Im rückwärtigen Teil soll das weit und breit einzige „Hinterhoftheater“ entstehen. An lauen Frühlings- und Sommerabenden inmitten verwinkelter Gemäuer und Treppen ist Platz für bis zu 100 Gäste. „Theater und Musik im geschützten Innenhof zu erleben, ein Traum“, beschreibt Nöllgen und kommt zum Highlight, einem kleinen historischen Gewölbekeller unter dem Foyerraum, der bisher nur einmal im Rahmen des Straßentheater-Festivals „Zeitreise“ 2011 für die Öffentlichkeit einen Tag geöffnet wurde und wo damals die Bombenangriffe der Engländer auf Altenkirchen äußerst beeindruckend nachempfunden werden konnten. Nun soll dieser, wenn möglich, in die gesamte Nutzung eingebunden werden.
Stiftung ist mit im Boot
Was dem gesamten Vorhaben Flügel verliehen hat, waren viele Gespräche im Vorfeld und die bis jetzt sehr positiv verlaufenen Kontakte mit einer Stiftung aus dem Westerwald, die sich genau solche Inhalte - auch vom Erhalt alter heimischer Bausubstanz in Verbindung mit Nachhaltigkeit - vor allem für Kinder und Jugendliche auf die Fahne geschrieben und dem gemeinnützigen Verein Kulturbüro eine Mitarbeit signalisiert hat. Nöllgen erhofft sich auch Hilfe und Unterstützung von Menschen vor Ort, die die Felsenkeller-Kulturarbeit schätzen und in dem neuen Domizil eine sinnvolle Erweiterung der Angebote in der Kreisstadt sehen. Inzwischen reagierten auch lokale Politiker bei einer Päsentation des Vorhabens bei einem extra anberaumten Treffen sehr positiv auf dieses Projekt in der Innenstadt. So ist sich Nöllgen ganz sicher: „,Zur guten Quelle’ ist ein sehr nachhaltiges Kulturprojekt für die Stadt Altenkirchen.“ Er freut sich darauf und ist dankbar für Rückmeldungen per Mail an buero@kultur-felsenkeller.de Gerne sucht er auch das Gespräch bei einer guten Tasse Kaffee. (vh)
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