Ostrocker begeisterten ihre Fans in Altenkirchen
Von Wolfgang Rabsch
Es war wie eine Reise in eine längst vergessene Zeit: Die "Ostrocker" brachten ehemaliges DDR-Feeling in den "KulturSalon" nach Altenkirchen. Die Sehnsucht nach Freiheit, versteckte Botschaften und eine unglaubliche Ausdauer rissen das Publikum vom Hocker.
Altenkirchen. Das Konzert der "Ostrocker" begann im "KulturSalon" in Altenkirchen mit dem legendären Einspieler von Walter Ulbricht, dem ehemaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR, der wörtlich sagte: "Genossen, müssen wir denn allen Dreck aus dem Westen übernehmen? Mit der Monotonie des Westens und dem Yeah, Yeah, Yeah, oder wie das heißt, sollte man Schluss machen". Von dieser Vorgabe ließ sich die Band jedoch in keiner Weise beeindrucken und legte ein fast dreieinhalbstündiges Konzert hin - ohne Unterbrechung. Hit an Hit aus glorreichen DDR-Zeiten: es war wie eine Orgie in Ostalgie.
Da alle Bandmitglieder tatsächlich auch heute noch in den neuen Bundesländern leben und Kinder der Republik waren, haben sie eventuell etwas andere Gene in sich. Sie wollten ihrem Publikum etwas bieten und waren dabei bis an ihre eigenen Grenzen gegangen, denn dreieinhalb Stunden Vollgas auf der Bühne zu geben, ohne jede Unterbrechung, ist man von vielen heimischen Bands nicht gewohnt.
Auch in der DDR begeisterte Rock die Jugend
Die "Ostrocker" fetzten vom ersten Song an los und bewiesen, dass die Rockszene in der damaligen DDR viele Fans hatte. Gegenüber dem westlichen Rock hatten die Musiker in der DDR einen schweren Stand, da sie wie eingangs von Walter Ulbricht erwähnt, praktisch als langhaarige "Revoluzzer" gebrandmarkt wurden, die dem Sozialismus Schaden zufügen.
Trotzdem hatten Bands wie Karat, Silly, Puhdys, City, Pankow und Elektra eine große Fangemeinde. Eine wahre Wohltat, die Texte der Hits zu verinnerlichen, ohne Anglizismen und Gendern, die sehr vorsichtig versuchten, die Sehnsucht der Jugend der DDR nach Freiheit auszudrücken. Trotzdem wurden in fast jedem Lied, wenn man genau hinhörte, Botschaften versteckt, die genau dieses Gefühl ausdrücken wollten. In der damaligen DDR wurden die Texte von den Staatsorganen genauestens unter die Lupe genommen, wer zur Republikflucht oder Aufstand aufrief, der stand mit einem Bein in Bautzen (berüchtigtes Gefängnis).
Ein Abend voller (N)Ostalgie
Nun aber endlich zur Musik: Der wohl bekannteste Hit, der aus dem Osten kam, nämlich "Über sieben Brücken musst du gehen", wurde nicht wie von Vielen irrtümlich angenommen, von Peter Maffay geschrieben, sondern wird für ewig mit Herbert Dreilich, dem inzwischen verstorbenen Leadsänger von Karat, in Verbindung gebracht. "König der Welt" und vor allen Dingen "Der blaue Planet", sowie "Albatros", "Schwanenkönig" und "Blumen aus Eis" wurden von der Band absolut authentisch und voller Empathie interpretiert. Vor allem bei dem letztgenannten Song ließen sie es richtig krachen, DDR-Rock vom Allerfeinsten, jeder beanspruchte sein Instrument bis zur Grenze der Belastbarkeit.
Alle Hits und alle Gruppen können hier nicht beschrieben werden, dennoch blieben die Hits von Silly und City haften, bei denen sich Heike Tresp als wahre "Teufelsgeigerin" erwies, insbesondere bei dem Klassiker "Am Fenster" von City.
„Die "Ostrocker" hatten im Laufe des Konzerts wohl die Zeit vergessen, denn ein dreieinhalbstündiges Konzert ist man hier nicht gewohnt. Alle Protagonisten auf der Bühne schonten sich nicht, aber auch ihr Publikum kam nicht zur Ruhe. Der Platz vor der Bühne verwandelte sich im Laufe des Konzerts zu einer großen Tanzfläche voller glücklicher Menschen.
Erbarmungslos forderten die begeisterten Besucher Zugaben, die von der Band nicht ausgeschlagen werden konnten. Als endlich die Lichter auf der Bühne ausgingen, konnten alle Beteiligten auf einen außergewöhnlichen Abend zurückblicken.
Die "Ostrocker" traten in folgender Besetzung auf:
Heike Tresp (Vocals, Keys, Geige, Violine), Enrico Sperling (Drums), Burkhard Bagende (Bass), Olli Herzfeldt (Gitarre, Vocals) und Bandleader Christian Lieck (Vocals, Gitarre).
Ein Standort für Kultur in Altenkirchen
Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für die Durchführung von Veranstaltungen, erreichten es die Verantwortlichen vom "Haus Felsenkeller", die Tennishalle der Glockenspitze aufwendig in den "KulturSalon" umgestalten zu dürfen. Durch viel Liebe zum Detail konnte praktisch die "Spiegelzeltatmosphäre" wieder hergestellt werden. Doch die Nutzung der Tennishalle ist zeitlich begrenzt, denn im September wird die Freiluftsaison der Tennisspieler beendet sein, danach wird wieder in der Tennishalle ihre ursprüngliche Nutzung betrieben.
In seiner kurzen Begrüßungsrede ging Helmut Nöllgen, der Geschäftsführer vom Haus Felsenkeller, auf diese Thematik ein. Er bedankte sich ausdrücklich beim AK-Kurier, der ausgiebig davon berichtet hatte, dass die Möglichkeit besteht, das Gebäude "Zur guten Quelle" in der Wilhelmstraße 40 in Altenkirchen in ein Kultur -und Begegnungszentrum umgestaltet werden kann. Seitens der Kommunalpolitik wären dazu positive Signale zu hören gewesen. (Wolfgang Rabsch)
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