Sieg-Region verwandelt in Klima-Paradies: Zehntausende Besucher bei "Siegtal pur"
Von Jennifer Patt
Einmal im Jahr verwandelt sich das Siegtal auf rund 100 Kilometer in ein Paradies für Radfahrer, Jogger, Skater oder Wanderer. Am ersten Sonntag im Juli wird die Strecke jedes Jahr zwischen Netphen und Siegburg für Autos gesperrt. Das Mega-Event lockte auch an diesem Sonntag Zehntausende auf die Straßen. Ein Einblick aus Betzdorf.
Betzdorf. Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., hielt das Auto für eine vorübergehende Erscheinung und setzte auf das Pferd. Der verstorbene Bundestagsabgeordnete Hans-Christian-Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) nutzte einen "Drahtesel" als Dienstwagen und setzte auf sein Fahrrad. Vor allem auf dem Land ist es mittlerweile undenkbar, auf das Automobil zu verzichten. Die technische Errungenschaft hat das Leben vereinfacht und bereichert. In der schnelllebigen Welt von heute werden Debatten über Klima und Abgase immer lauter. Politik und Wissenschaft suchen nach Lösungen, um Alternativen zu schaffen. Der vergangene Sonntag (2. Juli) war allerdings frei von politischen Debatten. Zehntausende Menschen zog es auf Fahrrad, Skateboard, Inlineskates oder zu Fuß auf die Straßen, um den autofreien Sonntag zu genießen.
Diverse Stationen luden zur Rast ein
Das Wetter zeigte sich gnädig, die Sonne bescherte den Besuchern ein zusätzliches Geschenk und rundete das Event ab. In Betzdorf füllten sich Biergärten und Eisdielen mit Gästen und luden zum Verweilen ein. An der für Radfahrer und Fußgänger reservierten Strecke boten diverse Stationen Zeit für eine Rast an. In der hiesigen Kultkneipe "Zur Linde" fand Live-Musik statt. Mit "Frikadellezwofuffzich" und "itzend" wurde den Gästen ein kostenloses musikalisches Event geboten und bedingt durch "Siegtal-Pur" konnte das Konzert im Freien durchgeführt werden.
Ohne Ehrenamtliche wäre das Event nicht möglich gewesen
Der Aufwand für "Siegtal pur" war groß: Mehr als 100 Ehrenamtliche von THW, Feuerwehr und Rotem Kreuz sowie Mitarbeitende von Polizei und Verwaltungen waren im Einsatz, um die Sperrstellen abzusichern. Ohne dieses Engagement sei "Siegtal pur" nicht möglich, heißt es von den beteiligten Landkreisen Altenkirchen, Rhein-Sieg und Siegen-Wittgenstein. Ein organisatorischer Aufwand für alle drei Kreise, der sich jedoch gelohnt hat.
Die Idee hinter dem autofreien Sonntag
In den 1950er- und 1970er-Jahren wurden autofreie Tage von den Behörden verfügt, wenn ein Engpass der Versorgung mit Erdöl drohte. Der Gedanke, einen Tag pro Jahr generell auf den Gebrauch des Autos zu verzichten, wird bereits von fast allen Staaten der Europäischen Union und darüber hinaus von den meisten Kommunen und Städten unterstützt.
Seit dem Ende der 1980er-Jahre gibt es in Deutschland, Österreich, der Schweiz und weltweit zunehmend auch in vielen anderen Ländern autofreie Straßen an einem Sonntag im Jahr. Dabei werden die Verkehrswege unterschiedlicher Länge tagsüber komplett für den motorisierten Verkehr gesperrt und Besuchern zu Fuß, auf Fahrrädern oder Rollschuhen zur Verfügung gestellt.
Es hat sich eingebürgert, dass am Straßenrand von Anwohnern Getränke, Kuchen und andere Speisen angeboten werden. Nicht wenige Kommunen legen den autofreien Tag auf einen Sonntag. So kommt es nicht zu einer befürchteten Blockade des Wirtschaftsverkehrs, sondern zu einem umsatzsteigernden Event. (JP)
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