Pressemitteilung vom 09.11.2023
Medizintechnik "made in Altenkirchen"
Wer von der Wirtschaft im Kreis Altenkirchen spricht, hat immer die beiden großen "M" im Blick: Metall und Maschinenbau. Das Erbe des Strukturwandels nach dem Bergbau und Hüttenwesen ist nach wie vor dominant. Doch gibt es da noch ein drittes "M", zwar etwas versteckt, gleichwohl innovativ und zukunftsträchtig. Gemeint ist die Medizintechnik.
Kreis Altenkirchen/Obererbach. Für die Medizinbranche steht im Kreis der Name SEM-Plastomed GmbH. Die Firma befindet sich nicht in einem der großen Gewerbegebiete entlang der Hauptverkehrsadern, sondern mitten im eher beschaulichen Dorf Obererbach nahe Altenkirchen. Selbst Landrat Dr. Peter Enders hatte das Familienunternehmen so nicht "auf dem Schirm" - was sich nun nach einem Besuch vor Ort nachhaltig geändert hat. Begleitet wurde er von Lars Kober, Leiter Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen, VG-Bürgermeister Fred Jüngerich und Ortsbürgermeister Stefan Löhr. Rede und Antwort standen den Gästen Geschäftsführer Holger Schmid, die kaufmännische Leiterin Claudia Schmid und Holger Gerhards als Leiter des Qualitätsmanagements.
Die Firma SEM-Plastomed fügt sich trotz der Größe in das gewachsene Ortsbild ein, berichtet die Wirtschaftsförderung des Kreises. Was insofern kein Wunder sei, als dass hier einst die alte Schule ansässig war. Für Bürgermeister Jüngerich sei dies das perfekte Beispiel, dass es nicht immer der Standort auf der grünen Wiese sein muss. Zumal es keinerlei Probleme mit den Nachbarn gebe.
Gegründet wurde das Unternehmen (SEM) in erster Generation 1971 von Herbert Schmid in Altenkirchen. Damals lag der Fokus noch auf Elektromontagen. 1978 erfolgte der Umzug nach Obererbach. Wiederum sieben Jahre später begann man unter dem Namen Plastomed mit der Kunststoffverarbeitung. 1997 wurden beide Firmen zu SEM-Plastomed vereint. Die Obererbacher hätten sich seitdem bei Kunden in Deutschland und dem europäischen Ausland einen hervorragenden Ruf mit Kunststoffprodukten und Systemen speziell für die Medizintechnik erworben, würden sich darüber hinaus aber auch als Lohnfertiger im Kunststoffbereich für diverse Industriezweige anbieten.
Drei Buchstaben haben in der gesamten Medizinbranche und auch bei Holger Schmid vor einigen Jahren für viel Ärger gesorgt, berichtet die Wirtschaftsförderung weiter: MDR, die Abkürzung für "Medical Device Regulation", eine 2017 von der EU auf den Weg gebrachte Verordnung. Diese verpflichte die Hersteller zu extrem aufwändigen Zertifizierungen und Dokumentationen. Der Geschäftsführer stellte klar, dass diese Anforderungen für sein Unternehmen in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen. "Die gesamte Medizinbranche nimmt seitdem Produkte vom Markt. Das Gegenteil von Patientensicherheit ist damit erreicht worden. Der Patient ist der Leittragende", so der Geschäftsführer. Zustimmung kam von Landrat Enders: "Es gibt eine gigantische Überregulierung im Gesundheitswesen. Die Dokumentation ist inzwischen mit wesentlich mehr Aufwand verbunden als die eigentliche Arbeit am Patienten".
Diese Entwicklung bedeute aber nicht, dass bei SEM-Plastomed GmbH Stillstand herrsche. Dank des breiten Portfolios sei die Belegschaft auf mehr als 60 Köpfe gewachsen, weitere Einstellungen seien geplant, sodass es mittlerweile eng werde in den bestehenden Räumlichkeiten.
Bei einem so energieintensiven Betrieb sei auch über weiteres Einsparpotenzial diskutiert worden. Viele kleinere Maßnahmen für eine bessere Energieeffizienz wären vor Ort schon umgesetzt worden. Gerne aber würde Holger Schmid auch eine großflächige Photovoltaik-Anlage installieren, vermisse dabei aber für den Mittelstand die entsprechende Förderung aus Berlin. Einmal mehr werde hier seiner Auffassung nach zu sehr der Fokus auf die Großkonzerne gelegt. Auch in diesem Fall seien Bürokratie und Auflagen (im Verhältnis zur Investitionssumme) der Hemmschuh für kleinere Betriebe. Wirtschaftsförderer Lars Kober empfahl in diesem Zusammenhang, sich von einem auf Unternehmen spezialisierten Energieberater ein Gesamtkonzept erstellen zu lassen.
Landrat Enders hat sich am Ende des Besuchs tief beeindruckt gezeigt: "Wenn ein Unternehmen so erfolgreich auf einem zukunftsträchtigen Markt agiert und gleichzeitig so viele Arbeitsplätze bietet, kann man mit Fug und Recht von einem Leuchtturm in unserer heimischen Wirtschaftslandschaft sprechen". (PM)
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