Klinikreform: Für Altenkirchener Mitarbeiter wird Transfergesellschaft gegründet
Für die Mitarbeiter des DRK-Krankenhauses Altenkirchen wird die Lage vor dem Hintergrund der geplanten Umstrukturierung immer prekärer. Sie hörten aus berufenem Mund, dass Kündigungen womöglich Mitte des kommenden Monats ausgesprochen werden. Das berichtete der Betriebsrat.
Altenkirchen. Es war ein ernüchterndes Treffen des Betriebsrates des Altenkirchener DRK-Krankenhauses mit Vertretern der Arbeitgeberseite und der Beraterfirma WMC Healthcare am Dienstag (21. November). Der Geschäftsführer der DRK-Trägergesellschaft Süd-West, Dr. Ottmar Schmidt, habe – auch im Beisein des Sachwalters des Insolvenzverfahrens, des Mainzer Rechtsanwalts Dr. Rainer Eckert, betont, dass das WMC-Konzept so stehe und nicht mehr zu diskutieren sei. Darüber hinaus habe Schmidt mitgeteilt, dass zum 1. Januar 2024 eine Transfergesellschaft ins Leben gerufen werde. Solche verfolgen den Zweck, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern eines Betriebes im Rahmen einer maximal zwölfmonatigen Beschäftigung ausschließlich neue Beschäftigungsverhältnisse so schnell wie möglich zu vermitteln. Der Wechsel in eine Transfergesellschaft ist für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten freiwillig. Transfergesellschaften werden über ein gesetzlich definiertes Verfahren in enger Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit installiert. Weiter berichtete der Betriebsrat, dass ein Sozialplan bislang nicht aufgestellt und ein Interessenausgleich noch nicht verhandelt worden sei. Dass diese Neuigkeiten unter den Mitarbeitern zu „Trauer und Bestürzung“ führten, war nur logisch.
Erster Termin am 1. Februar
Nach einem von WMC entwickelten Konzept soll die Klinik in Altenkirchen, ein 1,1-Millionen-Euro-Defizit vor sich herschiebend, zu einem ambulant-stationären Gesundheitszentrum umgestaltet werden mit: ambulantem Operieren (Bündelung des OP-Geschehens aus dem Westerwald und Teilen aus Neuwied), Medizinischem Versorgungszentrum, Notfall-Ambulanz mit einer 24/7-Anlaufstelle, Schmerz-Tagesklinik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die nicht mehr angebotenen Disziplinen sollen jeweils in der DRK-Klinik Hachenburg praktiziert werden. Ausgelöst hatte die Umstrukturierung letztendlich die Insolvenz der DRK gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH mit den Hospitälern in Altenkirchen, Hachenburg, Kirchen Neuwied und Alzey und unter der übergeordneten DRK-Trägergesellschaft Süd-West rangierend. Das Verfahren wird in Eigenverantwortung durchgeführt. Ein erster Termin, eine Gläubigerversammlung, ist für den 1. Februar des kommenden Jahres vor dem Insolvenzgericht in Mainz terminiert.
Neue Stelle schon offeriert
Nach Aussage der Mitglieder des Betriebsrates sei ihnen auch klar gemacht worden, dass die Chance, das Ruder noch herumzureißen, sich auf wenige Tage beschränke. In denen müssten die 1,1 Millionen Euro zusammengetragen werden. Wäre dies der Fall, könnte das eine oder andere noch abgemildert werden. „Vielleicht kommen ja wirklich Spenden – auch größere – rein“, lautete der wohl eher zaghaft formulierte Appell an die lokale Politik und die Bevölkerung, um, wie es Eckert dargestellt habe, Zeit zu überbrücken, ehe die Lauterbachsche Krankenhausreform greife. Die Arbeitnehmervertreter wussten inzwischen von einem Gespräch mit einem Mitarbeiter, dem eine neue Stelle in Kirchen angeboten worden sei. Die Kenntnis hätten sie nicht auf offiziellem Weg, sondern über einen persönlichen „Draht“ quer durch eine Abteilung hindurch erhalten. „Es ist keine klare Regelung zu erkennen“, lautete der Tenor, ehe die Zusammenkunft noch einmal auf den Ernst der Lage und die daraus resultierenden Folgen hinwies: Kollegen und die Bevölkerung würden nicht alle realisieren, „dass es hier um die letzte Rille geht. Wir haben jetzt Ende November, und vom 1. Januar an wird es keinen geregelten Betrieb mehr geben“. Es sei 12 Uhr, um 12.05 Uhr sei nichts mehr rumzureißen. Der Betriebsrat stellte noch einmal heraus, dass er das Haus habe zukunftsfähig aufstellen, die Vor-Ort-Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten, die Arbeitsplätze sichern wollen: „Seit Jahr und Tag haben wir das getan und sind immer auf taube Ohren gestoßen.“
Enger Austausch mit Verantwortlichen
„Die DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz befindet sich an einem Punkt im Insolvenzverfahren, an dem zahlreiche interne Entscheidungen getroffen werden müssen. Wir als Ministerium stehen in einem engen Austausch mit den Verantwortlichen, sind aber bei der Entscheidungsfindung nicht eingebunden gewesen“, nahm Clemens Hoch als rheinland-pfälzischer Minister für Wissenschaft und Gesundheit auf Anfrage des AK-Kuriers allgemein Stellung. In gemeinsamen Gesprächen mit dem DRK und den kommunalen Entscheidungsträgerinnen und -trägern habe er mehrfach deutlich gemacht, dass die stationäre medizinische Versorgung in der Region, und dazu gehöre auch die Geburtshilfe, in Zukunft weiterhin gesichert sein müsse. Es sei ihm dabei ein besonderes Anliegen, dass beispielsweise auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Altenkirchen ein besonderes Augenmerk gerichtet werde und sie weiterhin leistungsfähig aus den Sanierungsmaßnahmen des DRK hervorgehe.
Trägerentscheidung auch hinterfragen
„Zudem müssen die Leitlinien der anstehenden bundesweiten Krankenhausreform bei den Sanierungsplänen bedacht werden. Wir hätten uns gewünscht, dass dies mehr Berücksichtigung findet. Das Ministerium wird deshalb in den kommenden Wochen im Hinblick auf die Krankenhausreform des Bundes die ein oder andere aktuelle Trägerentscheidungen auch hinterfragen“, ergänzte Hoch, „wir haben dem Träger und der kommunalen Familie angeboten, ein Modellprojekt „Level1i-Klinik“ zu machen, das eine intersektorale Versorgung bietet. Jetzt ist der Träger am Zug. Für zwei voll ausgestattete Krankenhäuser ist der Kreis Altenkirchen zu klein und die Verflechtung mit anderen Kliniken zu stark.“ Daher sei die Analyse des Trägers richtig, sich auf einen Standort zu konzentrieren. Sie hätten sich jetzt gegen Altenkirchen und für Kirchen entschieden. Da die medizinische Versorgung gesichert sei und die Grundzüge der Landeskrankenhausplanung nicht berührt würden, sei diese Entscheidung im Moment eine alleinige Trägerentscheidung. „Die Situation ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Ziel muss sein, die ambulante und stationäre Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten und die Arbeitsplätze in der Region Westerwald zu sichern. Das hat für mich weiterhin oberste Priorität“, erklärte Hoch.
Kein Abschied eines Hachenburger Chefarztes
Wie vielfach in komplexen Sachverhalten üblich, machen Gerüchte rund um das Thema fix die Runde. So soll sich der Chefarzt der Hachenburger Orthopädie, Dr. med. Patrick Löhr, mit Abwanderungsgedanken tragen bzw. getragen haben. „Wir freuen uns, gemeinsam mit Herrn Dr. Löhr mitteilen zu können, dass er auch in der Umstrukturierung an seinem Bekenntnis zum DRK-Krankenhaus Altenkirchen-Hachenburg festhält. Erst kürzlich hat die aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK gezeigt, dass unser DRK-Krankenhaus Altenkirchen-Hachenburg zu den besten Standorten Deutschlands bei Knie-TEP-Operationen zählt. Hierfür danken wir maßgeblich auch der herausragenden Arbeit Dr. Löhrs und seines Teams. Sein Bekenntnis zu unserem DRK-Krankenhaus Altenkirchen-Hachenburg ist daher ein wichtiges Signal im laufenden Umstrukturierungsprozess und stellt einen zentralen Baustein in unserer Planung dar, an unserem Standort in Hachenburg die kardiologischen und orthopädischen Schwerpunkte zu stärken“, ließ ein Sprecher der DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz verlauten. (vh)
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