Klinikreform: Altenkirchens Kommunalpolitik möchte mit Gesundheitsminister Hoch sprechen
Das Sanierungskonzept für das DRK-Krankenhaus Altenkirchen wird in einer gemeinsamen Stellungnahme der fünf im Altenkirchener Stadtrat vertretenen Fraktionen und des Stadtbürgermeisters der Kreisstadt thematisiert. Parallel bittet das Sextett um einen Gesprächstermin mit dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch.
Altenkirchen. Seit dem 19. Oktober liegt das Sanierungskonzept unter anderem für das DRK-Krankenhaus in Altenkirchen auf dem Tisch. Es hat in der Bevölkerung und bei den politischen Vertretern der Stadt Altenkirchen tiefe Betroffenheit und Entsetzen verursacht und soll ohne weitere Diskussionen oder Änderungen zügig umgesetzt werden - auch wenn es mittlerweile andere Aussagen gibt. Die Situation für die Beschäftigten und die Bevölkerung bleibt undurchsichtig und verwirrend. Vor diesem Hintergrund haben die fünf im Altenkirchener Stadtrat vertreten Fraktionen und Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz den Sachstand thematisiert. Sie bitten zudem in einem Schreiben an den rheinland-pfälzischen Minister für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch, um einen zeitnahen Termin für ein Gespräch, in dem neben Lindenpütz Dr. Kristianna Becker (CDU), Daniela Hillmer-Spahr (SPD), Jürgen Kugelmeier (FWG), Peter Müller (Bündnisgrüne) und Thomas Roos (FDP) als jeweilige Fraktionsvorsitzende geklärt haben möchten, wie das Land Rheinland-Pfalz zukünftig die medizinische Versorgung im nördlichen Westerwald gewährleisten will. Zudem wird an eine Mail Hochs an Lindenpütz erinnert, in der „Sie geschrieben haben, dass Sie unserer Reaktion auf das vorgelegte Sanierungskonzept besondere Bedeutung zumessen“. Dieses Sanierungskonzept sollte auch Überlegungen zur künftigen Krankenhausreform berücksichtigen, „was es aus unserer Sicht derzeit nicht leistet: Das vorgesehene Sanierungskonzept gefährdet die medizinische Versorgung in der gesamten Region“.
Hachenburg seit Jahren bevorzugt
Auszüge aus dem Schreiben: „Setzt man sich im Detail mit diesem Konzept auseinander, wird deutlich, dass hier scheinbar nicht nur nachvollziehbare und fundierte wirtschaftliche Kriterien bei der Planung zugrunde gelegt worden sind. Politische und personelle Gründe sowie fehlerhaftes Management durch das DRK dürften zu der aktuellen Situation mit beigetragen haben. Fakt ist, dass der Standort Hachenburg seit Jahren zu Lasten des Standortes Altenkirchen bevorzugt behandelt wird. Es bleibt zu vermuten, dass dies auch politisch motiviert ist. Bei dem vorliegenden Sanierungskonzept ist zu befürchten, dass erhebliche Investitionen auch aus Steuergeldern am Standort Hachenburg notwendig werden, obwohl entsprechende Strukturen am Standort Altenkirchen bereits vorhanden sind. Die Patientenzimmer in Altenkirchen wurden beispielsweise in den letzten Jahren modernisiert und auf den neuesten Stand gebracht, für Hachenburg stehen diese Investitionen noch aus.“
Einige Fakten unverständlich
„Betrachtet man das Sanierungskonzept im Detail, sind uns folgende Fakten unverständlich“, heißt es weiter, „Verlust der kompletten Notfallversorgung: Geplant ist die Schließung von Traumazentrum, Schockraum, berufsgenossenschaftlicher Versorgung und interdisziplinärer Intensivstation. Ein Ersatz in adäquater Form ist wohl nicht vorgesehen und durch die benachbarten Krankenhäuser nicht zu leisten. Damit verlängern sich zukünftig die Transportwege für Unfallverletzte deutlich, da die nächsten Traumazentren mindestens 30 Minuten entfernt sind. Dies hat unserer Meinung nach dramatische Folgen für die gesundheitlich Versorgung von Patienten im nördlichen Westerwald. Weder die Trägergesellschaft DRK Süd-West noch WB/IC Healthcare konnten hier bisher für uns überzeugende Lösungen präsentieren, es wurden lediglich mögliche Planungskonzepte diskutiert. Angedacht wurde z.B. ein Konzept mit einer Sicherstellung der Notfallversorgung durch die kassenärztliche Vereinigung. Wurde dies im Vorfeld mit der KV abgestimmt? Diese hat in der Kalenderwoche 46 angekündigt, die bereitschaftsdienstärztliche Zentrale in Altenkirchen zu schließen. Es ist daher anzunehmen, dass auch die Sicherstellung der Notfallversorgung nicht durch die KV übernommen wird.“
Blick auf verschiedene Disziplinen
Im Blickpunkt stehen weitere Disziplinen: „Die Chirurgie soll komplett an den Standort Hachenburg verlegt werden. Fakt ist, dass Altenkirchen über vier modernisierte OP-Säle, Hachenburg aber nur über zwei OP-Säle älterer Ausstattung verfügt: Wie wie soll durch Verringerung der Kapazitäten die chirurgische Versorgung gewährleistet werden? Am Standort Hachenburg müssen mit Steuergeldern zusätzliche räumliche Kapazitäten geschaffen werden, welche am Standort Altenkirchen schon jetzt in vor kurzem modernisierter Form zur Verfügung stehen! Die Begründung der Wahl des Standortes Hachenburg aufgrund der dort höheren Fallzahlen erscheint uns zweifelhaft. Seit einigen Jahren werden aus Altenkirchen OP-Kapazitäten in Form von Personal und Material nach Hachenburg abgezogen, damit dort elektive Eingriffe stattfinden können. Ein Betreiben von mehr als zwei OP-Sälen in Altenkirchen wurde anscheinend nicht gestattet. Somit sind die Zahlen aus Altenkirchen und Hachenburg nicht vergleichbar. Es wurde nie überlegt (zumindest ist dies nicht vorgestellt worden), die Chirurgie an den Standort Altenkirchen und die Innere an den Standort Hachenburg zu verlegen. Finanziell ist das durchaus eine überlegenswerte Option. Die Verlegung ist mit den beiden in Altenkirchen tätigen Urologen im Vorfeld nicht abgestimmt worden. Deren Aussage nach werden sie einen Umzug nach Hachenburg nicht mittragen, damit entfallen zukünftig bestimmte urologische Leistungen.“
Abstimmung mit Chefarzt versäumt
„Die Kapazitäten der Kinder- und Jugendpsychiatrie sollen ausgebaut werden. Hier wurde ebenfalls die Abstimmung im Vorfeld mit dem zuständigen Chefarzt versäumt. Für die stationäre Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist eine somatische Versorgung erforderlich. Diese konnte bisher durch die somatische stationäre Versorgung im DRK-Krankenhaus Altenkirchen gewährleistet werden. Wird hier die somatische Versorgung nach Hachenburg verlagert, muss diese anderweitig für die Kinder- und Jugendpsychiatrie sichergestellt werden. War WMC Healthcare diese Problematik bekannt? Hier könnte es notwendig werden, zusätzlich ärztliches Personal einzustellen, was einen weiteren, nicht unerheblichen Kostenfaktor darstellen würde. Angedacht ist der Aufbau eines ambulanten OP Zentrums. Auf mehrfache Nachfragen wurden keine Antworten gegeben, wer denn zukünftig außer den bereits in Altenkirchen ansässigen Akteuren dort tätig sein soll. Da viele Haus- und Fachärzte ambulante Eingriffe in Einrichtungen in ihren eigenen Praxen durchführen ist nicht davon auszugehen, dass diese Eingriffe zukünftig an den Standort Altenkirchen verlegt werden.“
Belegschaft in Altenkirchen wird massiv reduziert
Auch der Verlust von Arbeitsplätzen wird thematisiert: „Fakt ist, dass die Belegschaft am Standort Altenkirchen massiv reduziert wird. Wo sollen diese Personen zukünftig arbeiten? Seit 23. November werden Gespräche mit der Belegschaft über alternative Beschäftigungen geführt, ab 1. Januar 2024 wird eine Transfergesellschaft eingerichtet. Damit wird das unschöne Wort ,Kündigungen' vermieden. Qualifiziertes Fachpersonal orientiert sich jetzt schon teilweise anderweitig und geht damit verloren. Dieses Personal steht dann für den Aufbau wie auch immer geplanter neuer Strukturen nicht mehr zur Verfügung. Das ist in Zeiten von Fachkräftemangel gerade in unserer ländlichen Struktur fatal. Neben der Reduzierung der Krankenhausleistungen fällt auch die Bereitschaftsdienstzentrale der kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in Altenkirchen ab Januar 2024 weg. Täglich sprechen uns besorgte und verunsicherte Bürgerinnen und Bürger auf die zusammenbrechende medizinische Versorgung in Altenkirchen an. Bitte nehmen auch Sie sich dieser Ängste an!“ (vh)
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