Ausgeglichener Haushalt in Selbach: Gibt es ein systemisches Problem?
Von Katharina Behner
Die Ortsgemeinde Selbach hat zur jüngsten Ortsgemeinderatssitzung eine ausgeglichene Haushaltplanung 2024 einstimmig verabschiedet. Die Planungen sehen eine Steigerung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A vor. Bei drückenden Umlagen sieht der Ortsbürgermeister ein "systemisches Problem" und fragt: "Woher kommen die Schulden?"
Selbach. Wenn auch ausgeglichen, geht der Haushalt 2024 in Selbach nicht ohne
Einsparungen einher. Unter anderem fielen rund 24.000 Euro dem Rotstift zum Opfer, die für Sanierungsmaßnahmen der Straßen im Baugebiet "Rottfeld" vorgesehen waren. "Wir müssen das verschieben", erläuterte Ortsbürgermeister Matthias Grohs. Sonst hätte sich der Haushalt nicht ausgeglichen gezeigt.
Gleichzeitig tat der Ortschef seinen Unmut kund: "Ich musste einmal Dampf ablassen." Dabei fragt er sich, woher sich wohl in den letzten Jahrzehnten insgesamt Schulden von rund 800.000 Euro in der kleinen Ortsgemeinde ansammelten.
Keine Großprojekte oder riesige Investitionen
"Die jüngsten Investitionen im Rahmen der Dorferneuerung fallen nicht wesentlich ins Gewicht", erläutert Grohs. Der Eigenanteil sei unverzüglich zu konsolidieren gewesen und die Ortsgemeinde habe von Fördergeldern profitiert. Auch habe sich Selbach in den letzten Jahrzehnten nicht mit Großprojekten hervorgetan. Weder habe man einen Bahnhof noch ein Wasserkraftwerk gebaut, lässt er fast schon sarkastisch verlauten. Vielmehr habe man große Investitionen aus guten Gründen gescheut. Leider auch die in bestehende Infrastruktur, was der Ortsgemeinde heute als "Investitionsstau auf die Füße" falle.
Das lässt sich auch im Haushalt 2024 wiederfinden. Die Investitionen, die mit rund 353.000 Euro veranschlagt sind, fließen zum größten Teil eben in die Infrastruktur der Straßen, so etwa der Schulstraße mit Stauraumkanal und in kleineren Teilen in die Tannenstraße. Mit der Einführung der Wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge in Selbach, deren Satzung ebenfalls in der Sitzung verabschiedet wurde, wird die Bürgerschaft einen Anteil von 75 Prozent und die Gemeinde 25 Prozent der Ausbaukosten für Gemeindestraßen stemmen müssen, so Grohs weiter. Da Selbach über kein Gewerbegebiet verfüge, das auch realistischerweise allein aufgrund der topografischen Lage kaum jemals ausgewiesen werden könne, fehlten wichtige Gewerbesteuereinnahmen.
Grundsteuer A und Gewerbesteuer steigen
Die Bürger mit einer weiteren Steuererhöhung (Grundsteuer B) zu belasten, hält der Ortsbürgermeister für "derzeit inakzeptabel". Vertretbar hingegen sieht das Gremium die Erhöhung der Hebesätze Grundsteuer A (von 390 auf 540 von Hundert) sowie der Gewerbesteuer (von 440 auf 470 von Hundert). Für den Gemeindehaushalt bedeutet dies allerdings lediglich rund 5.500 Euro Mehreinnahmen.
Zurück zur Frage, woher die Schulden kommen, meint Grohs: "Sicherlich hätte man in der Vergangenheit auch die Hebesätze in kürzeren Intervallen und in größeren Umfängen erhöhen können. Das allerdings hätte den Braten auch nicht fett gemacht." Daher kommt Grohs zu der Schlussfolgerung: "Ein "Systemisches Problem muss im allgemeinen Konstrukt der Kommunalfinanzen vorliegen. Unsere Umlagen von ebenfalls 800.000 Euro (VG-, Kreis-, Gewerbesteuer- und Sonderumlagen) verdeutlichen meine Sichtweise."
Seine Forderung richtet er daher an das Land, das insbesondere Ortsgemeinden wie Selbach nachhaltig finanziell unterstützen müsse, einhergehend mit einer erforderlichen Anpassung des Länderfinanzausgleiches.
Nicht außer Acht ließ Grohs zwar, die Übernahme eines Teils der Schulden (Entschuldungsfonds des Landes) als erfreulich zu bezeichnen. Einen nachhaltigen Ansatz stelle das jedoch nicht dar, sofern sich die Rahmenbedingungen, etwa die hohen Umlagen für vom Land "oktroyierte Aufgaben", nicht veränderten. "Wer bestellt, der zahlt. Und wenn das Land bestellt, muss es die Kommunen entsprechend finanziell unterstützen, was bisher nicht geschieht."
Weitere Informationen aus der Sitzung
Der Abweichung im Bebauungsplan statt eines Ziergartens Stellplätze bei einem entstehenden Dreifamilienhaus (am Standort einer bestehenden Gebäuderuine) anlegen zu können, stimmte der Rat einstimmig zu.
Ebenso stimmte der Rat der Annahme einer Geldspende von 620 Euro der Sparkasse Westerwald Sieg zu. Die Spende ist für die Anschaffung eines massiven Holztisches für das Spielplatzgelände vorgesehen. Hierfür wie auch für die Geldspende von 200 Euro seitens der Firma Brendebach Ingenieure (Verwendung für die Nikolausfeier der Ortsgemeinde) dankte das Gremium. (KathaBe)
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