Naturkatastrophen: Vorbereitungen im Kreis für den Ernstfall auf vielen Ebenen
Die Zahl der Naturkatastrophen nimmt weltweit rapide zu. Vielfach wird der Klimawandel als Grund angeführt. Bislang musste der Kreis Altenkirchen noch nicht in den Fokus von Rettungskräften nach einem Unheil gleich welcher Art auch immer gerückt werden. Wie aber ist es um den Katastrophenschutz im AK-Land bestellt?
Altenkirchen. Das Überschwemmungsdesaster im Ahrtal, Waldbrände in Ostdeutschland, Sturmfluten an der Nordseeküste: Deutschland bleibt von Naturkatastrophen nicht verschont. Ein kompletter Schutz ist nicht möglich, aber vorbeugende Maßnahmen können helfen, Mensch und Tier, Hab und Gut im Vorfeld besser aufzustellen, um die Folgen letztendlich abzumildern. Wie ist es um den Katastrophenschutz im AK-Land überhaupt bestellt? Die CDU-Fraktion im Altenkirchener Kreistag ließ sich per Anfrage an Landrat Dr. Peter Enders unter der Überschrift „Stärkung der Resilienz des Kreises Altenkirchen gegenüber Naturkatastrophen“ auf den aktuellen Stand bringen. Die Fragen und die Antworten:
Wie ist der Katastrophenschutz organisiert?
Der Brand- und Katastrophenschutz ist Aufgabe der Verbandsgemeinden und des Landkreises und obliegt den jeweiligen Bürgermeistern, dem Landrat bzw. deren Beauftragten. Die Aufgaben werden durch den Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI), seinen Stellvertreter sowie die Wehrleiter, Stellvertreter etc. zielführend wahrgenommen. Diese werden durch die Experten des Gefahrstoffzuges des Landkreises sowie von diversen Fachberatern, unter anderem Fachberater Chemie, einem Meteorologen sowie von einem Ingenieurbüro aus der Wasserwirtschaft unterstützt. Eine darüber hinausgehende Expertenrunde, die alle denkbaren Katastrophenlagen im Blick haben soll, halten wir für nicht zielführend. Für den Bereich Hochwasser/Starkregen bestehen mit den Hochwasserpartnerschaften Mittlere Sieg und Wied-Holzbach kreis- und länderübergreifende Expertengremien mit Vertretern der Behörden (Obere Wasserbehörde, Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge RLP, Untere Wasserbehörde, Verbandsgemeinden), Fachberatern, Unternehmen sowie Vertretern diverser Interessenverbände. Der Erfahrungsaustausch findet grundsätzlich jeweils halbjährlich für beide Partnerschaften statt, zuletzt im Oktober in Neustadt/Wied für die Hochwasserpartnerschaft Wied-Holzbach und für die Hochwasserpartnerschaft Mittlere Sieg in Eitorf.
Hat es in den zurückliegenden Monaten einen Austausch unter den Verantwortlichen gegeben?
Am 30. November 2022 fand – auch angesichts der damals unüberschaubaren Energie-Versorgung – ein Gedankenaustausch von Vertretern der Versorger (Gas, Wasser), VG-Bürgermeistern, der Polizei und unserem BKI statt. Die Kontakte zur Polizei waren und werden weiterhin regelmäßig vom BKI und der zuständigen Abteilungsleitung gepflegt. Weitere anlassbezogene Expertengespräche finden in regelmäßigen Abständen mit dem BKI, seinem Stellvertreter und der Fachabteilung statt. Katastrophenlagen sind komplex und in ihrer Entstehung, Ausbreitung und Wirkung vielschichtig. Zurzeit führt das Fraunhofer Institut Freiburg unter Mitwirkung des Brand- und Katastrophenschutzes des Kreises Altenkirchen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kreisen wie unter anderem Westerwald, Neuwied oder Breisgau-Hochschwarzwald), Städten wie Freiburg oder Gera und dem Ministerium des Innern und für Sport mit dem Projekt „Resilienzbewertung mittels Datenraumfunktionalitäten“ eine datengetriebene kreisspezifische Resilienzbewertung der Krisenfestigkeit von Kommunen im Bereich Pandemien und Hochwasser/Starkregen durch.
Inwieweit wird die Öffentlichkeit in den Informationsfluss einbezogen?
Für die verschiedenen Katastrophenlagen wurden in letzter Zeit, insbesondere nach der Ahrtal-Katastrophe 2021, diverse Handlungsempfehlungen und Informationen für den Bereich Hochwasser- und Starkregen erarbeitet, unter anderem durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das Informations- und Beratungszentrum Hochwasser Rheinland-Pfalz und das Landesamt für Umwelt. Zudem werden derzeit in allen Verbandsgemeinden des Kreises örtliche Hochwasservorsorgekonzepte unter Beteiligung der Bevölkerung erstellt. Die Verbandsgemeinden Daaden-Herdorf und Wissen haben zudem Flyer zu Hochwasser- und Starkregen herausgegeben. Medial wurde mehrfach auf die Eigenverantwortung zum Selbstschutz für Fälle von Hochwasser, Starkregen und einem Blackout hingewiesen. Die Verbandsgemeinden haben zusätzlich in den Mitteilungsblättern auf ihre Hilfsanlaufstellen im Bedarfsfall hingewiesen. Aktuell werden die ersten Sirenen im Landkreis montiert. Im Zuge des weiteren Ausbaus werden wir auf die verschiedenen Warnsignale hinweisen. Der Kreisfeuerwehrverband plant zudem, einen Flyer zum allgemeinen Katastrophenschutz herauszugeben.
Für welche Ortsgemeinden im Bereich der Verbandsgemeinden (VG) des Kreises Altenkirchen bestehen bereits Hochwasservorsorgekonzepte?
Die VGs im einzelnen - Die VG Altenkirchen-Flammersfeld: Für drei Viertel der VG (grün) liegt ein solches Konzept bereits vor. Der fehlende Bereich (gelb) ist aktuell in Bearbeitung; VG Betzdorf-Gebhardshain: Aktuell läuft die zweite Bürgerbeteiligung. Mit der Fertigstellung des Konzeptes, nach Prüfung und Freigabe durch die SGD, ist voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 zu rechnen; VG Daaden-Herdorf: Der Auftrag für den Gesamtbereich der VG Daaden-Herdorf wurde im September 2023 erteilt, geplanter Ausführungszeitraum ist Oktober 2023 bis September 2025; VG Hamm: Für die Ortsgemeinde Fürthen besteht ein Konzept seit 2021, für die übrigen elf Ortsgemeinden ist derzeit ein solches Konzept in Arbeit; VG Kirchen: Bereits fertiggestellt und von der SGD freigegeben worden. Zurzeit tritt die VG in die Umsetzungsphase ein. Das bedeutet, dass in allen Ortsgemeinden, der Stadt und der Verbandsgemeinde in den politischen Gremien die Ergebnisse im Detail vorgestellt werden und im Einzelnen beraten wird, mit welchen Maßnahmen die Umsetzungsphase gestartet werden soll; VG Wissen: Die Grundlagenermittlung ist abgeschlossen. Ende November starteten die Ortsbegehungen in der Stadt Wissen und anschließend in den fünf Ortsgemeinden.
In welchen Verbandsgemeinden besteht die Zuständigkeit für den Hochwasserschutz noch bei den Ortsgemeinden? In welchen hat die Verbandsgemeinde die Zuständigkeit übernommen hat („Hochzonung“)?
Alle sechs Verbandsgemeinden haben jeweils die Federführung für den Hochwasserschutz ihrer Gebiete übernommen.
Gibt es weitere Überlegungen zu Vorsorgekonzepten in den Verbandsgemeinden, beispielsweise auch zum Thema Waldbrandvorsorge?
Der Landkreis verfügt über einen Alarm- und Einsatzplan (AEP) „Löschwasserversorgung“ zur Regelung der Löschwasserversorgung über eine größere Distanz oder wo mit Hilfe von Tanklöschfahrzeugen ein Pendelverkehr zum Löschwassertransport eingerichtet werden muss. Des Weiteren wurde ein vorgeplanter Löschzug Waldbrand für die Unterstützung ab der Alarmstufe 3 zusammengestellt. Er besteht aus festgelegten Fahrzeugen aus verschiedenen Verbandsgemeinden. Zudem plant der Landkreis die Förderung von Quads der Verbandsgemeinden zur Erkundung von Waldbränden und anderen Gefahrenlagen in schwierigem Gelände. Für die Verbandsgemeinden Betzdorf-Gebhardshain und Kirchen liegen aktuelle Alarm- und Einsatzpläne bzw. ein Waldbrandkonzept vor. Der AEP der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld wird derzeit erarbeitet. Weitere Konzepte zum Thema Waldbrandvorsorge sind uns aktuell nicht bekannt. Die Verbandsgemeinde Kirchen erarbeitet ein Konzept zur Klimafolgenanpassung. (vh)
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