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Nachricht vom 03.02.2024    

Leserbrief zum DRK Krankenhaus Altenkirchen: "Wie geht es weiter?"

LESERMEINUNG | Wie geht es weiter mit dem Krankanhaus Altenkirchen? Diese Frage treibt derzeit nicht nur die Belegschaft, sondern auch Bürger und Kommunalpolitik um. Corinna Simmerkuß hat
für die Bürgerinitiative "Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland" per Leserbrief Fragen zusammengefasst, die sich vor allem an Gesundheitsminister Clemens Hoch richten.

LESERBRIEF. "Nachdem sich die Kreistagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen, FWG, FDP und Linke in Interviews zur Krankenhaus-Situation geäußert haben, stellen wir fest, dass keine der Parteien wirklich Stellung beziehen will. Und das, obwohl es im November 2023 noch hieß, man könne sich auch vorstellen, Überbrückungsgelder zur Verfügung zu stellen. Einigkeit scheint hingegen bei den Parteien dahingehend zu bestehen, dass Altenkirchen zu einem "Leuchtturmprojekt Level-1i-mit-Sternchen-Krankenhaus" umgebaut werden müsse. Wobei "umgebaut" unserer Meinung nach nichtzutreffend ist - abgebaut wäre das richtige Wort, denn ein Großteil der bisher vorgehaltenen Leistungen würde dann entfallen. Unter anderem die Notaufnahme, der Schockraum, das Traumazentrum und die Intensivstation.

Stattdessen wird "für die Zukunft" von einer Notfallanlaufstelle gesprochen und von einem Bereitschaftsdienst in Zusammenarbeit mit dem Träger. Warum wird nicht einfach die Notaufnahme beibehalten und modifiziert? Vielleicht einfach deshalb, weil es zu teuer ist?

Notaufnahmen sind teuer
Dazu muss man wissen, das Betreiben einer Notaufnahme entsprechend den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (das ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, das festlegt, welche Leistungen die gesetzliche Krankenversicherung erbringen muss), ist mit ziemlichen Kosten verbunden. Schließlich müssen verschiedene Dinge vorgehalten werden: Chirurgen, Internisten und Anästhesisten rund um die Uhr, aus- und weitergebildetes Pflegepersonal für die Notaufnahme, eine Intensivstation und ein Computertomograph. Und diese Kosten will ganz offensichtlich weder der Träger noch der Kreis, das Land oder der Bund übernehmen.

Vor dem Hintergrund, dass auch die Bereitschaftsdienstzentrale der Kassenärztlichen Vereinigung in Altenkirchen zum 31.12.2023 geschlossen wurde, sei die Frage erlaubt, ob nicht gerade in diesem Bereich eine Hybridisierung, wie sie für ein Level-1i-Krankenhaus beziehungsweise auch für ein Level-1n-Krankenhaus vorgesehen ist, viel sinnvoller wäre. Die Kosten und die Organisation vor Ort könnten sich Träger und KV (gegebenenfalls plus Land) teilen. Dies würde dann einem Level-1n-Krankenhaus entsprechen, was wir als absolut notwendig erachten! Auch die Menschen in der Region Altenkirchen haben das Recht auf eine gute Versorgung im Notfall!

Dr. Josef Rosenbauer, seines Zeichens Geschäftsführer der Diakonie in Südwestfalen und damit sicherlich im Thema, hat in seinem Interview übrigens noch einmal auf einen wichtigen Punkt hingewiesen: die Planungshoheit und -entscheidung für Krankenhäuser hat das Land! Dies ist im Krankenhausfinanzierungsgesetz festgeschrieben, da die Investitionskosten für die Krankenhäuser von den Ländern übernommen werden. Somit entscheiden die Länder, wo ein Krankenhaus gebaut, erweitert oder geschlossen wird.

Auswirkungen auf den Landeskrankenhausplan?
Insofern kann Gesundheitsminister Hoch die Verantwortung nicht einfach so auf den Kreis Altenkirchen abwälzen oder sich auf das Insolvenzverfahren der Träger-GmbH berufen. Denn die Altenkirchen wegfallenden Betten verändern auch den Landeskrankenhausplan. Ein Wegfall der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) in Altenkirchen würde den Landeskrankenhausplan sogar deutlich betreffen, denn eigentlich sollen im Bereich der KJP bis zum 31.12.2025 zusätzliche 19 Betten im stationären Bereich und 50 Tagesklinikplätzen in Rheinland-Pfalz entstehen.

Eine Schließung dieser Fachrichtung in Altenkirchen würde also zu deutlichen Verwerfungen führen, die nicht einfach am Gesundheitsminister vorbei erfolgen können. Zudem ist im Landeskrankenhausplan explizit festgehalten, dass gerade im Bereich der KJP eine wohnortnahe Versorgung sehr wichtig ist. Insofern ist Herr Minister Hoch sehr wohl mit in der Verantwortung.

Da der Träger auch nach zwölf Wochen entweder keine spruchreifen Pläne entwickelt hat oder sich schlichtweg hartnäckig weigert, diese zu veröffentlichen, wäre es nun an Minister Hoch, einige der dringlichsten Fragen, die den Mitarbeitern und der Bevölkerung am Herzen liegen, zu beantworten:



Finden Sie es gerechtfertigt, dass kranke und verletzte Menschen künftig deutlich weitere Wege und längere Transportzeiten hinnehmen müssen, weil das nächste Traumazentrum über 40 km entfernt ist? Und wenn ja, womit rechtfertigen Sie das?
Werden dann zusätzliche Rettungswagen und zusätzliches Personal bereitgestellt, um die längeren Einsatzzeiten entsprechend zu kompensieren?
Warum soll die maximale stationäre Überwachungszeit nur 48 Stunden betragen? Damit sind einige urologische Operationen, auf die man in Altenkirchen spezialisiert ist und die auch sonst in keiner Klinik um Umkreis von etwa 50 km angeboten werden, so nicht mehr möglich.
Was bedeutet eigentlich "Erweitertes Medizinisches Versorgungszentrum"? Bedeutet das, dass neben der Hand- und Unfallchirurgie sowie der ambulanten Viszeralchirurgie weitere, neue Fachrichtungen hinzukommen, die die zunehmend schlechter werdende ambulante fachärztliche Versorgung dann verbessern werden? Falls ja, wäre die Bevölkerung in Altenkirchen und Umgebung sehr froh über Kinderheilkunde, Kardiologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Lungenheilkunde, Orthopädie und Gefäßchirurgie. Einige dieser Fachrichtungen könnten ja dann auch gleich die OP-Säle mit nutzen, zum Beispiel die Gefäßchirurgie oder auch die HNO.
Wie wird eigentlich sichergestellt, dass das Erweiterte MVZ nicht binnen zwei oder drei Jahren insolvent ist und dann geschlossen wird? Wäre ja nicht das erste MVZ in Rheinland-Pfalz. Und die beiden MVZ, die das DRK in Altenkirchen bereits früher betrieben hat, wurden vor nicht allzu langer Zeit geschlossen (Kinderheilkunde, HNO).
Es soll ein ambulantes Operationszentrum aufgebaut, aber dann nur in zwei von vier vorhandenen OP-Sälen operiert werden? Es sollen doch Einnahmen generiert werden, warum verzichtet man dann auf die Hälfte der Einnahmen?
Was passiert bei medizinischen Notfällen, die während einer ambulanten OP auftreten, wenn es keine Intensivstation mehr gibt? Auch da kann es zu Narkosezwischenfällen oder starken Blutungen kommen.
Wie soll die ärztliche Versorgung der Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bei Notfällen erfolgen? Da wird immer mal ein Chirurg oder Internist benötigt und das nicht nur montags bis freitags in der Zeit von 07:00 Uhr bis 17:00 Uhr!
Laut dem Eckpunktepapier zwischen Bund und Ländern vom 10.07.2023 sollen Level 1i-Krankenhäuser Bestandteil in der ärztlichen und pflegerischen Aus- und Weiterbildung sein. Das ist wichtig, um das Modell für Pflegekräfte und Ärzte in der Ausbildung attraktiv zu machen. Nun ist dieses Eckpunktepapier ja schon wieder hinfällig, das Ausbildungsproblem bleibt aber bestehen, denn auch in Zukunft - und auch in einem in ferner Zukunft vielleicht entstehenden Level-II-Krankenhaus - werden Pflegefachkräfte und Ärzte benötigt. Wie stellen Sie sich das vor? Die Ausbildung vor Ort ist auch wichtig, um den Nachwuchs vor Ort zu halten und um Ärzte für die ambulante Versorgung vor Ort zu gewinnen. Durch den Wegfall des Krankenhauses wird die Region Altenkirchen für junge Ärzte noch unattraktiver und durch eine wegfallende medizinische Versorgung auch für junge Familien. Das führt zu einem "Ausbluten" der Region.
Was geschieht mit den vielen leerstehenden Zimmern? Leerstand ist für eine Gebäudesubstanz nicht gut. Und wir reden hier ja von mindestens 20 Patientenzimmern in der (vermutlich) 2. Etage.
Und was passiert eigentlich, wenn der Träger sich auf den Vorschlag eines Level-1i*-Krankenhauses nicht einlässt oder der Bund das Leuchtturmprojekt doch nicht finanziell unterstützt und das Krankenhaus dann doch "geschlossen" wird? Erhält der Träger dann noch Fördermittel zur Abwicklung und/oder Umstellung auf andere, insbesondere soziale Aufgaben gem. §18 Landeskrankenhausgesetz?

Gerne geben wir diese Fragen weiter an Herrn Minister Hoch. Wir sind auf die Antworten sehr gespannt!"

Corinna Simmerkuß,
für die Bürgerinitiative "Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland"



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Mehr dazu:   Lesermeinung   Insolvenz DRK Trägergesellschaft  
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