Werbung

Nachricht vom 10.03.2024    

Buchtipp: "Seuchen im Mittelrheingebiet" von Helmut Priewer und Beate Busch-Schirm

Von Helmi Tischler-Venter

Die Westerwälder Autoren beschränken sich bei ihrer Untersuchung auf Seuchen des Mittelrheingebiets unter besonderer Berücksichtigung der Neuwieder Region und des angrenzenden Westerwalds im 17. bis 20. Jahrhundert. Epidemien sind so alt wie die Menschheit. Sie graben sich durch teilweise verheerend viele Todesopfer und soziale Verwerfungen ins allgemeine Gedächtnis ein.

Buchtitel. Foto: Wolfgang Tischler

Anhausen. Belegbar sind diese erst, seit schriftliche Aufzeichnungen existieren. Kirchenbücher und Personenstandsregister der Standesämter, die häufig auch die Todesursachen verzeichneten sowie Medizinalbücher für die Rheinprovinz sind die Hauptquellen der Autoren.

Heilmittel waren zunächst Pflanzen, die die Menschen heil machten, in der Antike übten sie Einfluss auf die Kardinalsäfte Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle aus. Im Mittelalter trafen Säftelehre und Heilzauber oder Hexerei aufeinander, bis Hildegard von Bingen Pflanzen und Drogen der germanisch-keltischen Volksheilkunde in den klösterlichen Arzneischatz aufnahm, von Arnika über Pestessig bis Zimt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts verzeichnet die moderne Arzneimittelforschung große Fortschritte. Durch Impfungen konnten einige infektiöse Krankheiten eradiert werden.

Priewer und Busch-Schirm untersuchen infektiöse Erkrankungen in der heimischen Region, zunächst die durch virale Erreger verursachten: Grippe, Masern, Pocken, Poliomyelitis, Tetanus und Tollwut. Oftmals traten Epidemien in Wellen auf, wie die Spanische Grippe. Manchmal waren die Todesfälle alters- oder geschlechtsabhängig geringer oder höher, wie bei den Pocken oder einzelne Orte wichen vom Durchschnitt ab.

Krankheiten, die auf bakterielle Erreger zurückzuführen sind, wie Cholera, Typhus und Lepra, korrelieren häufig mit der gesundheitsrelevanten Infrastruktur. Bei Diphtherieausbrüchen starben im kalten Winterhalbjahr deutlich mehr männliche als weibliche Kranke, meist waren es Kinder. Dagegen starben deutlich mehr weibliche als männliche Kinder an Keuchhusten. Das durch Kleiderläuse übertragene Fleckfieber trat immer als Kriegsfolge auf.



Ein umfangreiches Kapitel ist der Pest gewidmet, weil der Schwarze Tod im Mittelalter ein grauenvolles Massensterben in Europa verursachte. Im Rheinland fielen in drei Pestausbrüchen überwiegend Kinder zum Opfer, die noch keine Immunität erworben hatten. Scharlach war in der Neuwieder Region im 9. Jahrhundert endemisch und steigerte die Todesrate von Kindern.

Syphilis und Tuberkulose waren weit verbreitete Krankheiten. Milzbrand war überwiegend für Nutztiere, aber selten für Menschen letal. Meningitis trat gehäuft in Notzeiten auf. Puerperalfieber entriss bis weit ins 19. Jahrhundert viele Gebärende ihren Familien. Fliegenplagen sorgten in heißen Sommern für die Übertragung der Ruhr. Parasitäre Erreger waren ursächlich für Krätze, Malaria und Wurmerkrankungen. Sie konnten durch allgemeine Hygienemaßnahmen weitgehend ausgemerzt werden.

Ernährungsbedingte Krankheiten, die zum Tod führen konnten, waren Bleichsucht, Ergotismus (Mutterkornvergiftung), Abzehrung und Krämpfe.

Dr. Helmut Priewer resümiert, dass unser irdisches Leben im Vergleich zu dem unserer Vorfahren bedeutend länger geworden ist, während das jenseitige mangels Gottesfurcht fast gänzlich verschwunden ist. Daher versuchen wir unser irdisches Leben verzweifelt auszukosten oder zu verlängern.

Das 282-seitige wissenschaftlich fundierte Buch ist im Eigenverlag erschienen (ISBN 978-3-9819156-7-9) und im Roentgen-Museum in Neuwied zu erwerben. (htv)



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Altenkirchen mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Mehr dazu:   Buchtipps  

Jetzt Fan der NR-Kurier.de Lokalausgabe Rengsdorf auf Facebook werden!


Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Kultur


Himmlische Weihnacht in Altenkirchen: Late-Night-Shopping mit Musik und Kulinarik

Altenkirchen. Am Donnerstag, dem 5. und Freitag, den 6. Dezember 2024, lädt der Aktionskreis Altenkirchen ab 16 Uhr zur "Himmlischen ...

Abwechslungsreiches Abschiedskonzert für Dirigent Michael Weib

Daaden. Das Konzert im Advent ist zugleich das Abschiedskonzert von Dirigent Michael Weib, der nach acht erfolgreichen Jahren ...

Mitsingkonzert für Jung und Alt am Vorabend zu Nikolaus im Kulturwerk

Wissen. Der Abend verspricht nicht nur festliche Musik, sondern auch ein gemeinsames Singen der schönsten Advents- und Weihnachtslieder ...

Buchtipp: "Von Aschenputtel bis Zwerg Nase - Märchen in politischen Karikaturen" von Horst Haitzinger

Dierdorf/Oppenheim. Der 1939 geborene Österreicher Horst Haitzinger denkt nach eigenem Bekunden in Bildern und der übliche ...

BAP in Koblenz – ein Konzert, nicht nur für Fans des Kölschrocks

Koblenz. BAP endlich wieder in Koblenz, kein Wunder, dass innerhalb kürzester Zeit alle zur Verfügung stehenden Tickets verkauft ...

Band und Orchester zelebrieren 45 Jahre "The Wall"

Wissen. Das Konzeptalbum thematisiert universelle Themen wie Entfremdung, Isolation und den Kampf mit inneren Dämonen. Die ...

Weitere Artikel


Insolvente DRK-Kliniken: Wenn ein Patient zu viel zahlt und nun auf Kulanz hofft

Altenkirchen/Hachenburg. Beginnen wir von vorne: Der stationäre Aufenthalt mit einer Operation an der Hüfte ist gut verlaufen, ...

Deutscher Wetterdienst warnt: Dauerregen mit Überflutungsgefahr für den Kreis Altenkirchen erwartet

Region. Nach Prognosen des deutschen Wetterdienstes soll der Regen in der Nacht auf Montag, 11. März, einsetzen. Es sei mit ...

Zoff nach Überholmanöver in Gebhardshain: Mann ohrfeigt und bespuckt Autofahrerin

Gebhardshain. Laut der Polizeidirektion Neuwied/Rhein war die Frau gegen 21.30 Uhr mit ihrem Fahrzeug auf der L278 von Wissen ...

Sparkasse Westerwald-Sieg blickt auf ein erfolgreiches 2023 zurück

Bad Marienberg. Der Umstand, dass es wieder Zinsen auf Einlagen gibt, hat das Ergebnis der Sparkasse des Jahres 2023 positiv ...

Unterricht praxisnah: Verlosung von 30 Mini-Solaranlagen an weiterführende Schulen

Region. Mangelnde Fachkräfte in der Planung und Installation von Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen verlangsamen den Fortschritt ...

Richtigstellung: Todesfall in Weißenbrüchen - Polizei stellt Falschmeldung klar

Weißenbrüchen. Zuallererst möchten wir uns als Redaktion für die falsche Berichterstattung bezüglich des Todesfalls in Weißenbrüchen ...

Werbung