Neues Bundesdatenschutzgesetz – unter Umständen negativ für Verbraucher
RATGEBER | Anfang des Jahres legten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Steffi Lemke, die Ministerin für Verbraucherschutz, den Entwurf für das überarbeitete Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vor. Dieser Entwurf sieht auch eine Neuregelung des sogenannten Scorings vor. Scoring-Systeme, wie sie von Auskunfteien wie der Schufa verwendet werden, dienen dazu, die Kreditwürdigkeit von Kunden zu bewerten. Es gibt Bedenken, dass einige der vorgeschlagenen Änderungen möglicherweise negative Auswirkungen für die Verbraucher haben könnten.
Wo die Bonitätsauskunft eine Rolle spielt
Deutschlands führende Wirtschaftsauskunftei stellt ihre Bonitätsbewertungen vielen großen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zur Verfügung. Diese nutzen die Informationen, um zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen sie Vertragsbeziehungen mit Kunden eingehen. Unter diesen Unternehmen befinden sich auch Stromanbieter, die diese Dienste regelmäßig in Anspruch nehmen. Es geht für die Unternehmen darum, sich vor Vertragsabschlüssen über potenzielle Kunden genauer zu informieren. Wer das nicht möchte und Stromanbieter ohne Schufa-Auskunft sucht, kommt mittlerweile nur mit einem entsprechenden Vergleichsportal weiter.
Die Schufa ist besonders wichtig bei der Wohnungssuche, da Vermieter und Immobilienverwalter fast immer eine Schufa-Auskunft verlangen, zusammen mit zahlreichen anderen Dokumenten. Ebenso zeigen Telefon- und Internetanbieter oft Interesse an der Zahlungsmoral ihrer potenziellen Kunden.
Diese Änderung könnte die Machtstellung der Schufa stärken
In Zukunft sollen bei der Ermittlung der Bonitätsbewertungen bestimmte, seit Längerem kontrovers diskutierte Datenarten nicht mehr berücksichtigt werden. Dazu zählen Informationen aus sozialen Netzwerken, Transaktionsdaten von Bankkonten sowie Adressinformationen. Verbraucherschützer unterstützen diesen Schritt ausdrücklich, da die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einer Person aufgrund ihrer Wohnadresse als diskriminierend und ungerecht gilt. So erhalten etwa Personen aus einem Villenviertel oft bessere Bewertungen als diejenigen, die in einem Gebiet mit vielen Hochhäusern leben. Während die besten Stromanbieter grundsätzlich für jeden zugänglich sind, ist bei Krediten eine stärkere Beurteilung der Wohngegend zu beobachten.
Allerdings könnte das Verbot der Nutzung von Adressdaten unvorhergesehene Konsequenzen haben, die möglicherweise von der Bundesregierung nicht vollständig antizipiert wurden. Für Wettbewerber der Schufa sind die Adressdaten von zentraler Bedeutung, was auch auf ihren Webseiten ersichtlich ist, wo sie ihre Berechnungsmethoden für Scores darlegen.
Im Gegensatz dazu gibt die Schufa auf ihrer Webseite an, Adressdaten nur in seltenen Ausnahmefällen zu verwenden. Sie verfügt über eine Vielzahl aussagekräftiger Informationen, die sie exklusiv von Banken und Sparkassen erhält, da diese die Eigentümer der Schufa sind. Durch das geplante Verbot könnte die Schufa ihre Marktdominanz weiter stärken, eine Entwicklung, die nun auch bei Verbraucherschützern und politischen Kreisen Besorgnis erregt.
Kritische Stimmen werden lauter
Das bevorstehende Gesetz führt nach Meinung von Carmen Wegge, Datenschutzexpertin der SPD und Mitglied des Innenausschusses des Bundestages, zu einem Dilemma. Wegge betont, dass sie gegen die Monopolstellung der Schufa in Deutschland ist. Sie ist jedoch ebenfalls dagegen, dass andere Auskunfteien mit diskriminierenden Bewertungen das wirtschaftliche Leben der Menschen negativ beeinflussen.
Indra Spiecker, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Frankfurt, sieht auch aus marktwirtschaftlicher Perspektive Probleme, sollte die Schufa an Macht gewinnen. Sie erklärt, dass ein dominanter Anbieter oft die Marktbedingungen bestimmt, was zu nachteiligen Wettbewerbsbedingungen für die Verbraucher führen kann. Spiecker betont die Notwendigkeit, das Bewertungssystem für Verbraucher transparenter zu gestalten und die Qualität der Scores zu verbessern.
Weitere Anpassungen bis zur Verabschiedung wahrscheinlich
Im Bundestag wird aktuell über zusätzliche Maßnahmen diskutiert, die über den bestehenden Gesetzentwurf hinausgehen und die Datenqualität verbessern sollen, erklärt die SPD-Abgeordnete Wegge. Eine Möglichkeit sei die Einführung unabhängiger Zertifizierungen für Verbraucherbewertungen.
Bisher konnten Unternehmen wie die Schufa eigene Gutachter engagieren, um die Wissenschaftlichkeit ihrer Bewertungssysteme zu bestätigen. Diese Gutachten wurden lediglich den zuständigen Landesdatenschutzbehörden vorgelegt, während Verbraucher unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse keinen Zugang zu diesen Informationen hatten.
Das neue Bundesdatenschutzgesetz, das im Sommer verabschiedet werden soll, wird voraussichtlich weiterhin ein zentrales Thema für Politik und Verbraucherschutz sein. Die Schufa geht davon aus, dass auch in Zukunft der Wettbewerb um die beste und preiswerteste Lösung anhalten wird. Die drei größten Konkurrenten der Schufa haben sich zu den Vorschlägen bislang nicht konkret geäußert. (prm)