Virtuoses Eröffnungskonzert im Kunsthaus Wäldchen in Forst
Von Helmi Tischler-Venter
Die lichtdurchflutete Lounge des idyllisch gelegenen Kunsthauses Wäldchen bot am Mittwochabend, 8. Mai das adäquate Ambiente für das qualitativ herausragende Eröffnungskonzert von "open arts". Die gut besuchte Veranstaltung war Start des Kultur- und Genusssommers der Verbandsgemeinde Hamm/Sieg.
Forst. Musikpädagogin Dorothé R. Marzinzik begründete in ihrer Begrüßungsrede den Titel "Über die Zeit" mit der sehr herausfordernden und erschreckenden Zeit, in der wir leben. Es stellten sich Fragen, zum Beispiel: Was ist das für eine Zeit? Wie können wir Lüge von Wahrheit unterscheiden? Wie können wir eine Stellung finden? Auf der anderen Seite wünsche sie sich den gemeinsamen Versuch, eine Brücke über die aktuelle Zeit hinaus zu gestalten. Die Erinnerung an das Ende des 2. Weltkriegs am 8. Mai 1945 sei der Anker für weitere Brücken mit Mut für morgen.
Marzinziks Kollege Daniel Diestelkamp stellte die Musizierenden vor: Jonas Gerigk am Kontrabass, Salome Amend am Marimbaphon und das Diaphonische Vokalensemble (Paola Gronau, Dorothé R. Marzinzik, Lothar Berger, Michael Hohenkamp und Daniel Diestelkamp).
Stockhausen hatte die Idee eines Weltparlaments ohne Rede, nur mit Musik und Franz Kafka meinte gar, die Lüge werde zur Weltordnung gemacht. Um gestehen zu können, lüge man. "Erst im Chor mag eine gewisse Wahrheit liegen."
Konsequenter Weise sang das Vokalensemble ohne Text, oft nur mit Lauten oder in einer erfundenen Sprache. Klangimprovisationen und Obertongesang erinnerten an mongolischen Kehlkopfgesang mit Pferdekopfgeigen. In den ersten beiden Stücken "Des Vagues - Wellen" und "Quintessenz" begegneten sich Stimmen und Instrumente, wobei auch die brummenden, rauschenden, wispernden, an- und abschwellenden Stimmen instrumental wurden. "Alles live, ohne Elektronik", betonte Diestelkamp stolz nach dem letzten, fast endlos schwebenden Ton.
Vor der Motto-gebenden Komposition "Über die Zeit" zitierte der Musiker die in der Ukraine jung verstorbene Schriftstellerin Victoria Amelina: "Das, was du sagtest, bleibt. Die Worte bleiben, die du schriebst. Wenn ich sie höre, lese, schreibe, kommst du in mein Haus. In das Haus, das überall wachsen, wärmen, leuchten kann. In unser Haus - über die Zeit."
Das letzte Stück "perdu - verloren" wurde durch einen Fantasyroman des kurdischen Schriftstellers Bachtyar Ali angeregt: "Stadt der weißen Musiker", indem ein Arzt ein unterirdisches Archiv für die Kultur seines sehr belasteten Volkes gründet.
Das gebetsartige Mantra "Je voulais te dire - Ich möchte dir noch sagen" brachte die Stimmvolumina und begleitenden Instrumentalklänge von Kontrabass und Marimba eindrucksvoll zu Gehör. Die von Diestelkamp versprochene Überraschung am Ende des Programms kam in Form einer zwölfköpfigen Kindergruppe auf Socken hinzu: Der KuBiLand-Projektchor der Grundschule Mosaik Borod demonstrierte souverän seine Sangeskunst. Anni, Elin, Emily, Joleené, Lisa, Mathilda, Merle, Mia, Moritz, Noah, Paul und Friedegard Diestelkamp erhielten zum Dank kleine Topfpflanzen, die die Zeit überleben.
Das vielfältige Programm von "open arts" im Kunsthaus Wäldchen wird bis Ende September weitergeführt werden, zum Teil auf der naturnahen Freiluftbühne. Veranstaltungshinweise entnehmen Sie bitte der Homepage. (htv)
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