Trump, Putin, Gollum und Geldhahn in der Westerwald Bank in Höhr-Grenzhausen
Von Helmi Tischler-Venter
Am 16. und 17. Mai stellt die Filiale der Westerwald Bank in den Westerwald-Arkaden in Höhr-Grenzhausen Kunstobjekte und Karikaturen des Künstlers Jörg Baltes aus. Den Kunstwerken sieht man an, dass Baltes vom Handwerk kommt und dieses meisterhaft und fantasievoll anwendet, sei es mit Radierungen auf Röntgenfilm, großformatigen Buntstiftzeichnungen oder Porträts auf Toastbrot.
Höhr-Grenzhausen. Jörg Baltes ist ein sehr lebhafter Mensch, der nach eigenem Bekunden "stundenlang erzählen" kann, weil er so viel Interessantes mit und durch seine künstlerische Tätigkeit erlebt hat. Stolz ist der gebürtige Saarländer, dass er ohne höhere Schulbildung an der Kunsthochschule Mainz bei Professor Hermann von Saalfeld studieren durfte. Diesen überzeugte die Mappe mit "freien Arbeiten", die er im Gegensatz zu Baltes‘ Gebrauchsgrafik genial fand. Es entstand eine Freundschaft, durch die die beiden Künstler sich gegenseitig mit witzigen Arbeiten übertrafen.
Inzwischen wurde der vielseitige und umtriebige Künstler vielfach ausgezeichnet und international ausgestellt. Mit seinen berühmt gewordenen Toastinstallationen gelang ihm der Clou, den jeder Künstler braucht, um Anerkennung zu erfahren: "Du kannst ein halbes Leben lang vernünftig zeichnen, ohne dass einer draufguckt. Du musst einen Coup landen!" Die Idee sei ihm gekommen, als eine Frau das Antlitz der Mutter Gottes in einem Käse-Toast gesehen haben wollte. Für eine Ausstellung in Trier druckte er das Porträt der Helena, Kaiser Konstantins Mutter und Mutter aller Reliquien, "als Joke" auf einen Toast. Die Toast-Art fand durch die Landesschau und Live-Vorführungen Verbreitung. In Höhr-Grenzhausen sieht man Gutenberg auf Toast. Das Abklatsch-Bild wurde mit Heißluftpistole gebräunt und mit verdünntem Holzleim konserviert.
Inspiriert durch die poröse Struktur des Toasts suchte der experimentierfreudige Künstler nach ähnlichem Material, das langlebiger ist. Er stieß auf Schwamm, der sich jedoch nicht mit dem Tintenstrahldrucker bearbeiten ließ. So wurde haushaltsüblicher Kunstschwamm mit einer Zuckerlösung isoliert. Auf diese getrocknete Schicht ließ sich ein Selbstporträt per Abklatsch aufbringen. Tischtennisbällchen als Augen bilden das Tüpfelchen auf dem I.
Die Einladung zur Ausstellung kam von dem kunstinteressierten Prokuristen der Westerwald Bank, Helmut Boller. Die Bank will ihren Mitgliedern Themen präsentieren, die etwas abseits des Geldgeschäfts liegen. Nach dem aktuellen Thema Kunst wird es um Balkonkraftwerke und energetische Sanierung gehen. Die Ausstellung steht jedermann offen, man kann verweilen und bei einer Tasse Kaffee mit dem Künstler reden.
Der hat ein repräsentatives Spektrum aus seiner gesamten Arbeit mitgebracht. Direkt am Eingang stellt ein "goldiges" Objekt die Beziehung zur Bank her: Ein großer Geldhahn mit Goldtröpfchen soll auf Mikroplastik im Grundwasser hinweisen, die das Trinkwasser verunreinigt.
Ins Auge springen großformatige Buntstift-Karikaturen von "schrecklichen Großkopferten der Welt": Putin, Gollum und Trump, den Baltes für "begnadet dumm" hält. Mappenweise "Kokolores" oder "Telefonzeichnungen" belegen seine unbändige Schaffenskraft. Eine Ideen-Blockade habe er nie, meinte Baltes, denn er könne "jederzeit irgendeinen Quatsch kritzeln" ohne sich Gedanken dazu zu machen. Aufgrund seiner zeichnerischen Routine wird immer etwas Sehenswertes daraus.
Am Vormittag ließ der Rheinhesse, der mit seiner Familie in Sprendlingen wohnt, Höhr-Grenzhäuser Leistungskurs-Schüler Zeichnungen in Scraperboard-Technik erstellen. Dazu hat er eine elektrische Zahnbürste zum Strichelwerkzeug umfunktioniert. Er zeigte den Schülern den Weg von der ersten Idee bis zur fertigen Ausführung derselben. Baltes vermittelte den jungen Menschen auch die Erkenntnis, dass es nicht darum gehe, etwas herzustellen, um damit Geld zu machen, es gehe vielmehr darum, dass etwas aus dem Menschen heraus wolle. "Für freie Kunst musst du brennen!" htv
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